Die Forderungen von Kurt Beck zur besseren Hilfe für Terroropfer werden begrüßt. Außerdem in der Presseschau: Am LG Frankfurt/M. begann der Prozess gegen einen schwedischen Mord-Angeklagten, "Erklärung der Spielerrechte" wird vorgestellt.
Thema des Tages
Terroropfer: Der Bundesbeauftragte für die Opfer und Hinterbliebenen des Anschlags vom Berliner Breitscheidplatz, Kurt Beck (SPD), hat seinen Abschlussbericht vorgestellt. Über seine Forderungen herrschte weitgehende Einigkeit, schreibt unter anderem die FAZ (Eckart Lohse). So schlug er die Schaffung zentraler Anlaufstellen für Betroffene vor. Union, SPD, FDP und Grüne beschlossen im Bundestag auch sogleich einen gemeinschaftlichen Antrag zur Änderung des Opferentschädigungsgesetzes. In der derzeitigen Fassung schließt das Gesetz Leistungen bei einem tätlichen Angriff mit einem Fahrzeug aus. Diskutiert wird weiterhin die Erhöhung der Entschädigungssummen nach dem Vorbild der französischen Opferfonds, so zeit.de (Annika Joeres).
Gudula Geuther (deutschlandfunk.de) begrüßt die geplanten Reformen gerade vor dem Hintergrund der vielen Verfehlungen nach dem Attentat auf dem Breitscheidplatz. Der Staat sei seiner besonderen Verantwortung gegenüber den Opfern und Hinterbliebenen nicht nachgekommen.
Rechtspolitik
Regierungsbildung: Der geschäftsführende Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wirbt in einem Gastbeitrag der Zeit für "eine gute Portion angelsächsischer Gelassenheit" im Umgang mit der weiterhin offenen Regierungsbildung. Der "Klugheit des Grundgesetzes" sei es zu verdanken, dass der Bundespräsident bei der ihm obliegenden Aufgabe als "Geburtshelfer der Regierungsbildung" ohne Zeitdruck handeln könne, bis dahin sei auch trotz "komplizierten und unübersichtlichen parlamentarischen Verhältnissen" die Handlungs- und Regierungsfähigkeit des Landes gesichert.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Die "digitale Zeitenwende" erfordere es, die rechtlichen Bestimmungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk neu zu fassen, behauptet die rbb-Intendantin Patricia Schlesinger in einem Gastbeitrag für die Zeit. Während Internetkonzerne wie Google oder Amazon die medialen Plattformen der Zukunft besetzten, würden öffentlich-rechtliche Online-Angebote behindert, sobald sie "presseähnlich" aufträten. Dies sei nicht zeitgemäß.
Privacy Shield: netzpolitik.org (Anna Biselli) notiert die Kritik von Vertretern europäischer Datenschutzbehörden am Privacy Shield. So schütze der Nachfolger des Safe-Harbor-Abkommens mit den USA weiterhin nicht vor Massenüberwachung. Die rechtliche Stellung der Ombudsperson, die den Rechtsweg für EU-Bürger gegen Überwachungsmaßnahmen in den USA bilden soll, müsse gestärkt werden. Die Datenschützer drohten der EU-Kommission mit rechtlichen Schritten zum Europäischen Gerichtshof, sollte sie Kritikpunkte nicht ausräumen.
Justiz
LG Frankfurt a.M. – Lasermann: Die FAZ (Sarah Kempf), die SZ (Jan Willmroth, taz (Christoph Schmidt-Lunau) und spiegel.de (Peter Maxwill) berichten ausführlich über den Prozessauftakt gegen den Schweden John Ausonius vor dem Landgericht Frankfurt am Main. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt ihn, die Garderobenfrau eines Frankfurter Kasinos aus Habgier erschossen zu haben. Asonius sitzt bereits seit über 20 Jahren eine Haftstrafe wegen Mordes ab. Anfang der 90er Jahre war er als "Lasermann" bekannt geworden, weil er aus rassistischer Gesinnung auf elf Männer mit einem Gewehr geschossen und ein Opfer tödlich verletzt hatte. Er gilt als mögliches Vorbild für den Rechtsterroristen Anders Breivik und die Attentäter des NSU.
OLG München – NSU: spiegel.de (Julia Jüttner/Thomas Hauzenberger) fasst weitere Plädoyers von Nebenklagevertretern zusammen. Während Alexander Hoffmann, Anwalt zweier Betroffener des Kölner Nagelbombenattentats, in Ralf Wohlleben die treibende Kraft des NSU erkenne, hält die Opferanwältin Angela Wierig eher Beate Zschäpe für den "Mastermind" des NSU.
LG Hamburg – Riester-Rente: Die für Geldanlagen und Altersvorsorge zuständige Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat beim Landgericht Hamburg eine Klage gegen eine Privatbank erhoben, weil diese die mit Riester-Renten geförderten Sparpläne von Kunden einseitig gekündigt hatte, berichten das Hbl (Andrea Cünnen) und die SZ (Harald Freiberger). Kritiker sähen darin ein rabiates Vorgehen gegen unlukrative Langzeitverträge.
OVG Bremen zu Informationsfreiheit und Scheinehe: Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union ist vor dem Oberverwaltungsgericht Bremen mit ihrem Versuch gescheitert, nach dem Bremer Informationsfreiheitsgesetz Einsicht in die 100 Fragen zu erhalten, die die Ausländerbehörden zur Ermittlung von Scheinehen verwendet. Das OVG versagte den Anspruch, da die Bekanntgabe die öffentliche Sicherheit gefährden könne. Rechtsprofessorin Kirsten Wiese erläutert für lto.de die Entscheidung und ihre Kritik an der Argumentation des Gerichts.
VG Schleswig zu Kraftfahrt-Bundesamt: Das Verwaltungsgericht Schleswig hat Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Kraftfahrt-Bundesamt als unzulässig abgewiesen, da die DUH nicht klagebefugt sei. Die Organisation hatte beanstandet, dass das Amt nicht ausreichend gegen den Betrieb unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung in Dieselfahrzeugen vorgegangen sei. Wegen grundsätzlicher Bedeutung des Falles hat das VG aber Berufung und Sprungrevision zugelassen, berichten spiegel.de und die FAZ (Hendrik Wieduwilt).
VG Sigmaringen zu Rückholung eines Flüchtlings: Im vergangenen Sommer ließ das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aufgrund von Missverständnissen trotz eines laufenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Abschiebung eines afghanischen Asylbewerbers nach Bulgarien vollziehen. Von dort war der Mann unter Druck nach Afghanistan zurückgekehrt. Nach einem stattgebenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen im Eilverfahren ist der Mann nun nach Deutschland zurückgeholt worden, um hier sein Asylverfahren betreiben zu können. Der FAZ-Einspruch (Marlene Grunert) interviewt den Anwalt des Asylbewerbers, Markus Niedworok, zu dem "in Deutschland einmaligen Fall".
LSG NRW – Finanzausgleich der Krankenkassen: Nach Informationen des Hbl (Peter Thelen) wollen mehrere Krankenkassen beim zuständigen Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen gegen ihre vom Bundesversicherungsamt ausgestellten Jahresausgleichsbescheide klagen. Die Kassen machten geltend, im Finanzausgleich gegenüber den Ortskrankenkassen benachteiligt zu werden, da diese Ärzte zu ausgleichsrelevanten Falschdiagnosen anregen. Die klagebereiten Kassen wurden zu ihrem Schritt dadurch ermuntert, dass das LSG NRW das Verfahren einer anderen Kasse unter Verweis auf laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hamburg gegen die AOK Rheinland/Hamburg aussetzte.
BAG zu Maskenbildnerin und Befristung: Ein Theater kann die Anstellung einer Maskenbildnerin jährlich beenden, wenn in ihrem Arbeitsvertrag steht, dass sie "überwiegend künstlerisch" tätig ist. Das hat nun das Bundesarbeitsgericht entschieden, berichtet die BadZ (Christian Rath). Die Befristung der Arbeitsverträge des künstlerischen Personals an Theatern sei durch die Kunstfreiheit gerechtfertigt.
BAG – Wichtige Urteile aus 2017: Keylogger, Betriebsratswahlen, Mindestlohn – lto.de (Tanja Podolski) fasst sieben wichtige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2017 zusammen.
EuGH – Pkw-Maut: Die Niederlande schließen sich der am Europäischen Gerichtshof erhobenen Klage Österreichs gegen die deutsche Pkw-Maut an, meldet die FAZ (Michael Stabenow).
Recht in der Welt
MICT – Vojislav Šešelj: Vor dem Residualmechanismus für die Internationalen ad hoc-Strafgerichtshöfe (MICT) hat das Berufungsverfahren gegen Vojislav Šešelj begonnen. Der UN-Jugoslawien-Strafgerichtshof hatte den Serben im Jahr 2016 überraschend vom Vorwurf von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Balkankriege freigesprochen. Šešelj war zur ersten Sitzung am MICT nicht erschienen und droht, sich ebenfalls vor dem Gericht umzubringen, sollte er nach Den Haag gezwungen werden, so focus.de.
USA – Netzneutralität: Am heutigen Donnerstag soll die US-Telekom-Aufsichtsbehörde FCC die Abschaffung der bisheringen Regelungen zur Netzneutraltiät beschließen, berichten ausführlich die taz (Svenja Bergt) und netzpoltik.org (Tomas Rudl). Dabei handelt es sich um den Grundsatz, dass alle Daten im Netz gleich zu behandeln sind. Befürchtet wird unter anderem, dass die Abschaffung der Netzneutralität die Monopolbildung im Netz verstärken wird.
EU/Griechenland – Türkei-Deal: Im Rahmen der Schwerpunktwoche Herbsttagung Netzwerk Migrationsrecht 2017 stellen die Anwältin Clara-Anne Bünger und der Rechtsstudent Robert Nestler auf juwiss.de (in englischer Sprache) in Frage, dass es sich bei der Türkei um einen sicheren Drittstaat handelt, in den Griechenland Flüchtlinge abschieben darf. Sie befürchten, dass eine Entscheidung des höchsten griechischen Verwaltungsgerichts vom vergangenen September, in der es die Türkei als sicher anerkennt, die rechtliche Lage für die Flüchtlinge in Griechenland verschlechtere.
In einem weiteren Beitrag moniert die wissenschaftliche Mitarbeiterin Catharina Ziebritzki auf juwiss.de (in englischer Sprache), dass die Hotspots in Griechenland entgegen ihrer eigentlichen Ausrichtung seit dem EU-Türkei-Deal mehrheitlich dazu dienten, die EU-Abschiebungspolitik umzusetzen. Ursprünglich sollten die Hotspots Flüchtlinge registrieren, bevor diese dann auf andere EU-Länder verteilt werden.
Großbritannien – Brexit: Das britische Unterhaus hat mit einem Änderungsantrag zum EU-Austrittsgesetz faktisch ein Vetorecht für die Parlamentarier zum EU-Abkommen beschlossen. Das Brexit-Abkommen mit der EU, das derzeit ausgehandelt wird, muss im Gesetzgebungsverfahren noch vom Parlament abgesegnet werden, wie zeit.de meldet. Die taz (Eric Bonse) führt ein Internview mit der Juristin und Bürgerrechtlerin Jane Golding, die ungeklärte Auswirkungen auf die Freizügigkeit britischer Staatsbürger und den Aufenthaltsstatus von EU-Bürgern im Land kritisiert.
Schweiz – Glockenläuten: Das Schweizer Bundesgericht in Lausanne erlaubt weiterhin das viertelstündige Glockenläuten in der Nacht, auch wenn es im Schlafzimmer mit mehr als 43 Dezibel messbar ist. Geklagt hatte ein Ehepaar aus unmittelbarer Nachbarschaft, das sich auf ein neues Gutachten der Universität ETH Zürich stützte. Dieses gibt als Grenzwert 40 Dezibel an, was in etwa einem ruhigen Gespräch entspricht, berichtet die SZ (Charlotte Theile).
Sonstiges
Sportlerrechte: Am heutigen Donnerstag wird nach einer Meldung der FAZ (Christoph Becker) die "World Players Union", Spielergewerkschaft innerhalb des Gewerkschaftsverbandes Uni Global Union in Washington/USA ihre "Universelle Erklärung der Spielerrechte" vorstellen. In insgesamt 17 Artikeln würden Ansprüche der Sportler auf Mitbestimmung gegenüber den Verbänden geltend gemacht. Ebenfalls im Sport-Teil befragt die FAZ (Michael Reinsch) den ehemaligen Basketballer und World Players Union-Angestellten Johannes Herber zur Notwendigkeit einer gewerkschaftlichen Vertretung, der arbeitsrechtlichen Situation von Sportlern und einer Reformbedürftigkeit der gegenwärtig durch den Court of Arbitration for Sports (CAS) repräsentierten Schiedsgerichtsbarkeit im Sport.
Jugendschutz: Anbieter von Bildträgern, wie DVDs und Blue-Ray Discs, müssen im Gegensatz zu Anbietern von Filmen im Internet und Anbietern von Fernsehsendungen strengere Jugendschutzauflagen erfüllen. So benötigen sie zur Altersfreigabe ihrer Medien einen Verwaltungsakt durch die Oberste Landesjugendbehörde. community.beck.de (Marc Liesching) erläutert, warum dies gegen die Filmfreiheit und das Gleichheitsgebot verstößt.
Antisemitische Taten: Anlässlich der Demonstrationen von Israel-Gegnern erklärt jetzt auch zeit.de (Sasan Abdi-Herrle), dass das Verbrennen der israelischen Fahne – im Gegensatz zur deutschen – in Deutschland nicht strafbar sei. Antisemitische Parolen hingegen könnten den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen.
Das Letzte zum Schluss
Cannabiskonsum ≠ Cannabiskonsum: Die Münchner Polizisten dachten, sie machten alles richtig, als sie einem Mann, der am Isar-Ufer einen Joint rauchte, sein Cannabis wegnahmen und ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleiteten. Auch als der Betroffene sein Rezept vorzeigte, klingelte nichts. Der schwer Kranke hat sich nun erfolgreich gegen die Maßnahme beschwert und bekommt vom Land Bayern die 6,80 Euro für sein legales Medizinhanf ersetzt. lawblog.de (Udo Vetter) erinnert an die neue Rechtslage in Sachen Cannabis.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi/vb/ms
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
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Die juristische Presseschau vom 14. Dezember 2017: Bessere Hilfe für Terroropfer / Prozess gegen "Lasermann" / Auch Sportler haben Rechte . In: Legal Tribune Online, 14.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26015/ (abgerufen am: 30.04.2024 )
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