Der BGH hat entschieden, dass auch ein Lottogewinn vom Zugewinnausgleich erfasst ist. Außerdem in der Presseschau: BGH zu Nacherfüllungspflicht, LG Kassel zu Heimunterricht, BAG zu Streikaufrufen, Nawalny erhält Bewährung, kein Wahlrecht in britischen Knästen und teurer Spaß auf fremder Autohaube.
Thema des Tages
BGH zu Lotto-Zugewinn: Der Bundesgerichtshof hat der Ex-Frau eines Lottogewinners Recht gegeben: Obwohl das damalige Ehepaar zum Gewinnzeitpunkt bereits acht Jahre getrennt gelebt habe, müsse der Zugewinn ausgeglichen werden. Für die Anwendung der engen Ausnahmevorschrift des Güterrechts reiche das bloße Getrenntleben nicht aus. Den Scheidungsantrag hatte der Mann erst zwei Monate nach dem Gewinn gestellt. Es berichten die SZ (Wolfgang Janisch) und die FAZ (Friedrich Schmidt). Die Welt (Simone Meyer) lässt in ihrem Bericht die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltsvereins ausführlich zu Wort kommen.
Rechtspolitik
Parteispenden: Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Großspende der Familie Quandt an die CDU werden Rufe nach einer Reform des Parteiengesetzes laut. Wie die FR (Markus Decker/Peter Riesbeck) berichtet, fordern Politiker von SPD und Grünen eine Deckelung von Spenden bei 100.000 Euro. Auch Transparency International fordere Konsequenzen.
Mangelnder Gewaltschutz: Im "München"-Teil der SZ kritisiert Edeltraud Rattenhuber vor dem Hintergrund des Mordes an einer zuvor immer wieder von ihrem Mann bedrohten Frau den mangelnden Schutz von Frauen vor Gewalt. Die Polizei dürfe nicht effektiv einschreiten und sei ein "zahnloser Tiger".
Kirchenfinanzierung: Daniel Deckers (FAZ) hält es für "recht und billig", vor dem Hintergrund des Limburger Finanzskandals "viele Elemente des Staat-Kirche-Verhältnisses nicht mehr auf ihre Legalität, sondern auf ihre Legitimität hin" zu hinterfragen. Er warnt jedoch davor, dass der "Furor ob des Missbrauches" auch "viel Sinnvolles" unter sich begraben könne.
Justiz
BGH zu Nacherfüllungspflicht: Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann sich ein Verkäufer auch dann auf die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung berufen, wenn er das Vorliegen eines Mangels noch im Prozess bestritten hatte. lto.de fasst das Urteil zusammen.
BGH zu Kauf bricht nicht Miete: Der Bundesgerichtshof hat nach einer Meldung von lto.de klargestellt, dass in einem Mietvertrag vereinbarte besondere Kündigungsklauseln auch bei mehrfachem Verkauf des Wohnhauses gegenüber den neuen Eigentümern weitergelten.
LG Kassel zu Heimunterricht: Auch im Berufungsprozess vor dem Landgericht Kassel ist ein strenggläubiges Paar aus Nordhessen, das seine neun Kinder aus dem staatlichen Schulsystem heraushalten und zu Hause unterrichten wollte, gescheitert. Das Gericht erhielt eine Verurteilung der Eltern nach dem hessischen Schulgesetz zu einer Geldstrafe aufrecht, berichtet die Welt. Damit habe es aber auch die Berufung der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen, die eine Freiheitsstrafe gefordert hatte.
BAG zu Streikaufrufen: Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitnehmer weder das Unternehmens-Intranet noch eine dienstliche E-Mail-Adresse zum Streikaufruf nutzen dürfen. Der Arbeitsrechtler Michael Fuhlrott stellt den Beschluss auf lto.de vor und meint, dass das Gericht damit von einer bisher arbeitnehmerfreundlicheren Rechtsprechung abrücke, die die Nutzung der betrieblichen Infrastruktur für die Zusendung von Gewerkschaftswerbung zugelassen hatte. Auch die FR (Stefan Sauer) berichtet von der Entscheidung.
BFH zu Spielervermittlung: Spielervermittler kommen Profifußballklubs teurer als gedacht: Der Bundesfinanzhof hat laut einem Bericht des Handelsblatts (Jan Keuchel) entschieden, dass diese die an Spielervermittler gezahlte Umsatzsteuer nicht steuermindernd gelten machen können. Geklagt hatte Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach. Auch lto.de berichtet knapp.
VG Mainz – Kabelnetzbetreiber gegen ZDF: Nach einem Bericht der Welt (Benedikt Fuest) haben die beiden größten deutschen Kabelnetzbetreiber beim Verwaltungsgericht Mainz Klage gegen das ZDF eingereicht. Sie wollten über die Klage einen Vertragsabschluss erzwingen und damit erreichen, dass das ZDF künftig wieder Einspeiseentgelte bezahlt. Das ZDF beruft sich dagegen wie andere öffentlich-rechtliche Programme auf eine zu ihren Gunsten bestehende Verbreitungspflicht. Auch spiegel.de berichtet und beurteilt die Erfolgsaussichten aufgrund vorangegangener Urteile als gering.
StA München – Asklepios-Ermittlungen: Die Münchner Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Manager der Asklepsios-Klinikkette eingestellt. Sie waren nach der gescheiterten Übernahme der Rhön-Klinikum AG durch den Gesundheitskonzern Fresenius wegen Marktmanipulation und Nötigung angezeigt worden. Wie spiegel.de berichtet, gehen die Ermittler davon aus, dass die Manager nur Aktionärsrechte wahrgenommen hätten.
NSU-Prozess – Anwälte kritisieren Polizei/Wege einer Waffe: Als "völlig inkompetent" hat ein Nebenklagevertreter im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München den Ermittlungsführer der Münchner Sonderkommission zur Aufklärung des Mordes an Theodoros Boulgarides bezeichnet. Wie die SZ (Annette Ramelsberger) berichtet, seien die Versäumnisse bei den Ermittlungen "auffallend", Bezüge zu Rechtsextremen seien "geradezu ausgeblendet" worden.
Die FAZ (Karin Truscheit) konzentriert sich in ihrer Prozessberichterstattung dagegen auf die Zeugenvernehmung eines schweizerischen Waffenhändlers, von dem die Schusswaffe stammte, mit der neun der dem NSU angelasteten Morde begangen wurden. Auch der SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) berichtet von der "bislang kurzweiligsten Zeugenbefragung im NSU-Prozess".
LSG NRW zu Hartz IV für EU-Ausländer: Auf lto.de befasst sich der Sozialrechtler Reimund Schmidt-De Caluwe mit dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zu Hartz-IV-Ansprüchen von EU-Ausländern aus der vergangenen Woche. Er betont, dass das Gericht "letztlich nur auf einer Linie mit europa- und völkerrechtlichen Verpflichtungen" liege und erwartet, dass das Bundessozialgericht den pauschalen Ausschluss von EU-Ausländern von Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch endgültig kippt.
Deutsch-italienische Mafia-Ermittlungen: Im "tazzwei"-Teil der taz beschäftigt sich Ambros Waibel mit den unterschiedlichen Ermittlungskulturen der italienischen und deutschen Staatsanwaltschaften, wenn es um die Mafia geht. Während sich deutsche Staatsanwälte mit öffentlichen Äußerungen meist zurückhielten, hätten ihre italienischen Kollegen ein "starkes Mandat" und könnten "offen sprechen" – und zum Beispiel Mafia-Bosse öffentlich dazu auffordern, ihre Verbindungen zur Politik zu kappen.
Recht in der Welt
Russland – Nawalny-Prozess: Ein russisches Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil gegen den Putin-Gegner Alexej Nawalny in eine Bewährungsstrafe umgewandelt. Als Vorbestraftem sei ihm aber gleichwohl für mindestens fünf Jahre die Ausübung politischer Tätigkeiten untersagt, berichten SZ (Julian Hans) und FAZ (Michael Ludwig). Die Verurteilung des Oppositionspolitikers und "Anti-Korruptions-Aktivisten" war als politisch motivierter Prozess kritisiert worden. Nach dem Bericht der taz (Barbara Oertel) könnte Nawalny ein Urteil des Verfassungsgerichts zugute kommen, das erst letzte Woche entschieden hatte, dass Straftäter nicht dauerhaft von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden dürfen. Auch die Welt (Julia Smirnova) berichtet.
Julian Hans (SZ) meint, mit der Bewährungsstrafe habe der Kreml Nawalny genau da, wo er ihn haben wolle: Nicht als Märtyrer "hinter Stacheldraht", aber dank des Kandidaturverbots "kaltgestellt". Auch Clemens Wergin (Welt) sieht in dem Urteil einen "geradezu subtilen" und "klugen Schachzug des Kreml". Ann-Dorit Boy (FAZ) stellt ernüchtert fest, dass es jetzt schon als "freudige Überraschung" gelte, wenn bei einem Prozess Selbstverständliches wie die Haftverschonung eines Unschuldigen herauskomme.
Großbritannien – Kein Wahlrecht im Knast: Der Supreme Court, Großbritanniens höchstes Gericht, hat trotz entgegenstehender Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ein Gesetz aufrechterhalten, nach dem Strafgefangene generell von Wahlen ausgeschlossen sind. Wie die taz (Daniel Zylbersztajn) berichtet, begründete das Gericht seine Entscheidung damit, dass die Regierung eine Kommission zur Änderung des Gesetzes eingesetzt habe. Die EGMR-Rechtsprechung stehe einer auf bestimmte Fälle begrenzten Wahlrechtsentziehung nicht entgegen.
Frankreich – Überlebender von SS-Massaker freigesprochen: Robert Hébras, Überlebender des SS-Massakers in Oradour-sur-Glane, ist vom französischen Kassationsgerichtshof vom Vorwurf der Verleumdung freigesprochen worden. Er war ursprünglich verurteilt worden, weil er daran gezweifelt hatte, dass am Massaker beteiligte elsässische SS-Soldaten unter Zwang gehandelt hätten, berichtet die FAZ (Michaela Wiegel).
Frankreich – Scientology verurteilt: Der französische Kassationsgerichtshof hat ein Urteil gegen zwei Scientology-Einrichtungen in Frankreich wegen "bandenmäßigen Betrugs" bestätigt. Laut SZ sieht Scientology dadurch die Religionsfreiheit verletzt und will vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.
Kambodscha – Rote Khmer-Prozess: Im Prozess gegen die noch lebenden Drahtzieher der Roten Khmer vor dem Sondertribunal in Phnom Penh haben am Mittwoch in einem der verhandelten Fälle die Schlussplädoyers begonnen, berichtet die FAZ (Till Fähnders). Das Gericht treibe den Prozess wegen des hohen Alters der Angeklagten voran; erste Urteile würden wegen des Umfangs der Beweismittel trotzdem erst in der ersten Hälfte des nächsten Jahres erwartet.
U.S. Supreme Court – Daimler: Die FAZ (Roland Lindner) berichtet über das beim U.S. Supreme Court anhängige Verfahren über die Zuständigkeit amerikanischer Gerichte für Menschenrechtsverletzungen im Ausland. Richter sowohl aus dem konservativen wie auch aus dem liberalen Lager hätten sich während der Verhandlung skeptisch gezeigt; mit einer Entscheidung sei womöglich erst im kommenden Juni zu rechnen. Auch spiegel.de berichtet von der Verhandlung.
Sonstiges
Gezielte Tötungen: Wolfgang Kaleck stellt im Kultur-Teil der taz das Buch "Schmutzige Kriege" des US-Investigativjournalisten Jeremy Scahill sowie den gleichnamigen Film vor. Darin gehe es vor allem um die Entwicklung der Strategie der "gezielten Tötung" von Terroristen. Scahill kritisiere vor allem den Abbau von Menschenrechten von Gefangenen im Zuge des Antiterrorkampfs.
Das Letzte zum Schluss
Teurer Spaß: Eine zerkratzte Motorhaube, ein zerbeulter Stoßfänger sowie ein abgerissenes Nummernschild – die Bilanz einer Liebesnacht der etwas anderen Art. Da sich ein bayerisches Pärchen dabei aber auf einem fremden Auto vergnügt hatte, landete die pikante Angelegenheit jetzt vor dem Amtsgericht Weiden und endete mit einem Vergleich – worüber spiegel.de genüsslich berichtet.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/thd
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 17. Oktober 2013: Ehe halbiert Lottogewinn – Heimunterricht keine Schule – Nawalny frei, aber kaltgestellt . In: Legal Tribune Online, 17.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9822/ (abgerufen am: 18.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag