Und dann mal eben den Nürburgring kaufen. Bernie Ecclestone ist auch mit 83 Jahren viel beschäftigt, vor allem mit der Justiz. Außerdem in der Presseschau: Wenigstens in der EU soll "No Spy" gelten, BVerfG verhandelt über Optionskommunen, Mehdorn gegen Mehdorn, Sondertribunal al-Hariri beginnt, US-Gericht lehnt Netzneutralität ab und ein Mafia-Boss gibt Jurakurse.
Thema des Tages
Bernie Ecclestone: Formel-1-Chef Bernie Ecclestone will offenbar den Nürburgring kaufen. Das Handelsblatt erinnert mit einem Bericht (Carsten Herz/Kerstin Leitel/Kai-Hinrich Renner/Thomas Tuma) und einem zweiseitigen Interview mit Ecclestone (Yvonne Esterhazy/Carsten Herz/Thomas Tuma) an dessen laufende Prozesse. Vor dem Landgericht München ist er wegen Bestechung angeklagt, ein Londoner Gericht soll in den nächsten Tagen über 100 Millionen Dollar Schadensersatz für die Formel-1-Anteilsgegnerin Constantin Medien AG entscheiden und die BayernLB will ebenfalls in London Klage einreichen. Ausgangspunkt aller Klagen ist der Verkauf der von der BayernLB gehaltenen Anteile an der Formel-1-Holding vor acht Jahren, bei dem Ecclestone den BayernLB-Banker Gerhard Gribkowsky bestochen haben soll, erklärt ein knapper Überblick (Carsten Henz).
Rechtspolitik
EU - "No-Spy"-Abkommen: Wie die SZ (Hans Leyendecker/Georg Mascolo) berichtet, verhandelt die Bundesregierung mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über Anti-Spionageabkommen, in denen auf gegenseitiges Ausspähen verzichtet werden soll. Großbritannien sperre sich allerdings gegen Zusagen.
Sozialleistungen für EU-Ausländer: Welche Sozialleistungen stehen EU-Einwanderern zu? Die Zeit (E. Niejahr/K. Rudzio) schildert Ansichten verschiedener Experten. Der Sozialrechtsprofessor Eberhard Eichenhofer kommt in einem Gutachten für die Bundesregierung zu dem Schluss, dass Familienleistungen wie das Kindergeld gewährt werden müssen, auch wenn gegen die Schulpflicht verstoßen wird. Der Europarechtler Maximilian Fuchs hält jedenfalls den pauschalen Ausschluss von Hartz-IV-Leistungen für europarechtswidrig. Heinrich Alt, im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, warnt vor Missbrauch, betont aber zugleich, es handele sich um Einzelfälle.
Pkw-Maut: Eine Pkw-Maut für die deutschen Autobahnen, aber keine Mehrkosten für die deutschen Autofahrer - die große Koalition will das möglich machen, mit trickreichen Senkungen der KfZ-Steuer und einem Ökobonus für günstige Fahrzeuge. Das könnte theoretisch auch europarechtskonform sein, praktisch wäre es aber viel zu aufwendig, erklärt der Rechtswissenschaftler Walther Michl auf verfassungsblog.de. Zudem könne der Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes entgegenstehen, weil dann Kraftfahrzeuge bis 3,5 Tonnen und ab 12,5 Tonnen Maut zahlen würden, die Klassen dazwischen jedoch nicht.
Suizidhilfe: Die Juristin Julia Bargenda fordert auf lto.de Möglichkeiten sterbewillige Angehörige bei einem Suizid zu begleiten bzw. eine "Legalisierung der Sterbehilfe". Zwar ist in Deutschland Beihilfe zu Selbsttötung nicht verboten, wer jedoch bei einem Suizid nicht eingreift, kann sich wegen unterlassener Hilfeleistung oder Tötung durch Unterlassen strafbar machen. Bargenda hat ihre Schwiegermutter bei einem Suizid in der Schweiz begleitet. Die Welt (Matthias Kamann) schildert ebenfalls "persönliche Argumente für Sterbehilfe" des FDP-Politikers Wolfgang Kubicki, nach dem qualvollen Tod seines Bruders.
"Lex Gurlitt": Thomas Schmid (Die Welt) kommentiert den Entwurf eines "Kulturgut-Rückgewähr-Gesetzes", mit dem der bayerische Justizminister Winfried Bausback den Fall um den Kunstsammler Cornelius Gurlitt lösen will. Es sei aber leicht zu erkennen, dass die geplante Rückgabe von bösgläubig erworbenen Kunstwerken zu nichts führen werde. Entweder müsse man bei geraubtem Kulturgut vollständig auf Verjährungsfristen verzichten oder man belassen es bei einem Appell an alle privaten Besitzer und Museen.
Justiz
BVerfG - Optionskommunen: Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch über die Kompetenzen von Bund, Ländern und Gemeinden bei der Vermittlung von Langzeitarbeitslosen verhandelt. Grundsätzlich müssen Kommunen in den Jobcentern mit der Bundesagentur für Arbeit zusammenarbeiten. Nur 25 Prozent der Kommunen dürfen als sogenannte Optionskommunen organisiert sein, die selbst die Vermittlung übernehmen. Vor dem Bundesverfassungsgericht klagen 16 Kommunen, die die Verteilung der begehrten Plätze für verfassungswidrig halten. Die FAZ (Helene Bubrowski/Corinna Budras) und taz.de (Christian Rath) berichten.
LG Potsdam - Mehdorn vs. Mehdorn: Vor dem Landgericht Potsdam hat ein Zivilprozess um den Flughafen BER begonnen. Über den Fall "Mehdorn gegen Mehdorn" berichten die SZ (Jens Schneider) und zeit.de (Thorsten Metzner). Die Fluggesellschaft Air Berlin verlangt von der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg mindestens 48 Millionen Euro Schadensersatz wegen der Verzögerungen beim Bau - die Klage hatte Hartmut Mehdorn im November 2012 für Air Berlin eingereicht, inzwischen steht er als Chef der Flughafengesellschaft auf der anderen Seite. Das Gericht strebe einen Vergleich an.
ArbG Freiburg zu Heckler & Koch: Die Rüstungsfirma Heckler & Koch hat offenbar Sturmgewehre in Krisenregionen in Mexiko geliefert - und zwei Mitarbeiter geschasst, als der Deal aufflog. Das Arbeitsgericht Freiburg hat nun deren Kündigungsschutzklagen statt gegeben, Heckler & Koch habe von den Vorgängen gewusst. Die SZ (Max Hägler) schildert den Fall. Zudem ermittele nun die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den Waffenhersteller wegen möglicher Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und des Verdachts auf Bestechung von Amtsträgern.
AG Berlin zu Suhrkamp: Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat den Insolvenzplan für den Suhrkamp-Verlag bestätigt, mit dem die Familienstiftung um Ulla Berkéwicz den Verlag von einer Kommanditgesellschaft in eine Aktiengesellschaft umwandeln will. Der Minderheitsgesellschafter Hans Barlach kann dagegen Rechtsmittel einlegen. Andreas Zielcke berichtet im SZ-Feuilleton.
AG Hoyerswerda zu Neonazi-Angriff: Die SZ (Lara Fritzsche) schildert auf der "Seite Drei" in einer eindringlichen Reportage den Prozess gegen acht mutmaßliche Neonazis vor dem Amtsgericht Hoyerswerda. Die Männer hatten im Oktober 2012 zwei Antifaschisten offenbar massiv bedroht. Das Paar musste die Stadt verlassen, die Polizei schritt nur zögerlich ein. Vor Gericht hätten die Angeklagten die beiden Betroffenen erneut mehrfach verhöhnt und beleidigt.
OLG München - NSU-Prozess: Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München ging es am Mittwoch um die Frage, ob die Angeklagte Beate Zschäpe Menschen gefährdet hat, indem sie die Wohnung des NSU-Trios in Zwickau in Brand setzte. spiegel.de (Gisela Friedrichsen) schildert den "beeindruckenden Vortrag" eines Sachverständigen, der die Gefährdung von Menschenleben bejaht. Die taz (Konrad Litschko/Andreas Speit) gibt einen Ausblick auf den Prozesstag am heutigen Donnerstag, an dem es um den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter gehen soll. Nadia Pantel (SZ) beschreibt auf der Seite 1 eine Nebenwirkung des NSU-Prozesses - auf Autokennzeichen in Nürnberg.
Bilanz am SG Berlin: Auch lto.de (Annelie Kaufmann) berichtet von der Jahrespressekonferenz am Sozialgericht Berlin. Die Präsidentin habe sich trotz der Aktenflut von mehr als 40.000 Neueingängen im vergangen Jahr gelassen gezeigt und auf erste Erfolge verwiesen.
Bundesanwaltschaft prüft Drohnenangriff: Nach Informationen der SZ (Hans Leyendecker) prüft die Bundesanwaltschaft seit Herbst vorigen Jahres den Fall des deutschen Islamisten Patrick Klaus N., der im Februar 2012 im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet bei einem US-amerikanischen Drohnenangriff getötet worden ist. Ein Ermittlungsverfahren oder möglicherweise eine Anklage seien aber nicht sehr wahrscheinlich.
Ermittlungen gegen Mappus: Sind die Ermittlungen im EnBW-Skandal um den ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) und den Rechtsanwalt Dirk Notheis politisch motiviert? Die Zeit (Marc Brost) hält es für möglich, dass Mappus und Notheis von rot-grüner Seite etwas "angehängt" werden soll und die Stuttgarter Staatsanwaltschaft entlastende Indizien ignoriert.
Recht in der Welt
Sondertribunal al-Hariri: Vor einem internationalen Sondertribunal in Den Haag beginnt am heutigen Donnerstag der Prozess um den Anschlag auf den früheren libanesischen Premier Rafik al-Hariri im Februar 2005, bei dem al-Hariri und 22 weitere Menschen getötet wurden. Angeklagt sind fünf Mitglieder der schiitisch-islamischen Organisation Hisbollah, sie werden aber nicht vor Gericht erscheinen. Die SZ (Paul-Anton Krüger/Ronen Steinke) und Die Welt (Eva Marie Kogel) berichten.
Kinderrechte: Kinder können sich künftig vor dem UN-Kinderrechtsausschuss Beschwerde wegen der Verletzung ihrer Rechte einlegen. Costa Rica hat als zehnter Staat ein entsprechendes Zusatzprotokoll der UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert, das somit in drei Monaten in Kraft treten wird. Das meldet focus.de.
Kroatien - Josip Perković: Kurz nachdem ein Gericht in Zagreb entschieden hat, dass der ehemalige kroatische Geheimdienstler Josip Perković an die deutschen Behörden ausgeliefert werden kann, berichtet die SZ (Frederik Obermaier) von einer neuen Wendung. Perković wird ein Mord an einem Exilkroaten vorgeworfen, doch der Hauptbelastungszeuge Vinko S. hat nun angeblich seine Aussage zurückgezogen. Unterdessen wird die Entscheidung des kroatischen Berufungsgerichts erwartet.
USA - Daimler: Die FAZ (Roland Lindner) erläutert die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der USA, wonach sich der Autokonzern Daimler nicht wegen Menschenrechtsverletzungen während der argentinischen Militärdiktatur verantworten muss. Der Oberste Gerichtshof habe damit seine Rechtsprechung fortgesetzt, wonach amerikanische Gericht nicht für Verfahren wegen Menschenrechtsverletzungen zuständig sind, wenn weder Kläger noch Beklagte aus den USA kommen. Die taz (Jürgen Vogt) schildert den Verfahrensgang, das Berufungsgericht hatte die Zuständigkeit bejaht.
USA- Netzneutralität: Ein Berufungsgericht des District of Columbia hat in einer Entscheidung gegen die Federal Communications Commission (FCC) die Netzneutralität im Internet in Frage gestellt. Die FCC könne Netzbetreibern nicht auferlegen, Datenpakete gleich zu behandeln, nachdem sie im Jahr 2002 selbst Netzbetreiber als "Informationsdienste" und nicht als gewöhnliche Netzanbieter behandelt habe, beschreibt Johannes Boie (SZ-Feuilleton) den "Schuss ins Knie".
Sonstiges
Grundgesetz: Christian Rath (taz) gratuliert dem Grundgesetz frühzeitig zum 65. Jubiläum und wünscht ein "ordentliches Update". Die geschriebene Verfassung entspreche nicht mehr dem tatsächlichen Verfassungsrecht - an vielen Stellen habe das Bundesverfassungsgericht die Grundrechte wesentlich weiterentwickelt. Die Politik dürfe diese Weiterentwicklung nicht allein den Verfassungsrichtern überlassen, sie müsse wichtige Änderungen im Text des Grundgesetzes sichtbar machen und habe damit zugleich die Gelegenheit, fragwürdige Entscheidungen zu korrigieren.
Beltracchi-Betrug: Die Zeit (Iris Radisch/Adam Soboczynski) führt ein Interview mit dem "Jahrhunderfälscher" Wolfgang Beltracchi und seiner Frau Helene. Beltracchi hatte zahlreiche Gemälde gefälscht und gemeinsam mit seiner Frau in Umlauf gebracht, beide wurden wegen Betrugs verurteilt. In dem Gespräch berichten sie über ihren damaligen Luxus und ihr heutiges schlechtes Gewissen. Dazu gibt es einen Vorabdruck aus dem Buch der Beltracchis, das den Titel "Selbstporträt" trägt und den Betrug schildert.
Das Letzte zum Schluss
Jura beim Mafia-Boss: Anwälten auf Sardinien steht nun ein besonderes Ausbildungsangebot zu Verfügung: Kurse im Gefängnis von Nuoro, beim Mafia-Boss persönlich. Der sitzt eine lebenslange Haftstrafe ab, nutzte die Zeit um ein Jura-Examen abzulegen und hat sich laut seiner Anwältin "komplett gewandelt". Das meldet focus.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 16. Januar 2014: Ecclestone-Prozesse – Mehdorn verklagt Mehdorn – Sondertribunal al-Hariri . In: Legal Tribune Online, 16.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10684/ (abgerufen am: 20.05.2024 )
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