Muss Russland die inhaftierten Greenpeace-Aktivisten freilassen? Darüber verhandelte der Seegerichtshof in Hamburg. Außerdem in der Presseschau: BGH zu Malerpflichten beim Auszug aus einer Mietwohnung, BVerwG zur Autobahn A 20, Rechtsfragen rund um die Schwabinger Raubkunstsammlung und warum Tantra-Massagen rechtlich vielleicht kein Vergnügen sind.
Thema des Tages
Seegerichtshof - Greenpeace: Der Internationale Seegerichtshof in Hamburg hat am Mittwoch über einen Eilantrag der Niederlande verhandelt. Beantragt wurde eine sofortige Freilassung von 30 Greenpeace-Aktivisten, die nach Protesten an einer arktischen Bohrinsel seit sieben Wochen in russischer Haft sitzen. Russland verweigert sich einem Schiedsverfahren zur Frage, ob das Greenpeace-Schiff von Russland überhaupt betreten werden durfte. Auch an der mündlichen Verhandlung über den Eilantrag nahmen keine russischen Vertreter teil. Es berichten u.a. die SZ (Kristina Läsker), die Badische Zeitung (Christian Rath) und zeit.de (Martina Powell).
Reinhard Veser (FAZ) kommentiert, dass Russland seine stete Forderung nach Achtung des internationalen Rechts offensichtlich wenig ernst nehme, wenn es nicht einmal versuche, vor dem Seegerichtshof Argumente für seine Rechtsposition vorzubringen.
Rechtspolitik
Polizeiliche Nutzung von Mautdaten: spiegel.de (Jörg Diehl u.a.) berichtete am Mittwoch morgen aus einem 30-seitigen Papier des Bundesinnenministeriums, dass dort eine Nutzung der LKW-Mautdaten für polizeiliche Zwecke vorgeschlagen werde. Bisher ist eine solche Zweckänderung gesetzlich ausgeschlossen. CSU-Chef Seehofer pfiff Innenminister Friedrich (CSU) aber schnell zurück, um die gewünschte Einführung einer PKW-Maut nicht zu gefährden, meldete spiegel.de (Björn Hengst) später. Auch die SZ (Stefan Braun) berichtet ausführlich.
Prostitution: zeit.de (Annelie Kaufmann) gibt einen Überblick über die aktuellen Diskussionen zur stärkeren Reglementierung der Prostitution.
Justiz
BGH zu weißen Wänden: Auch wenn es keine (wirksame) vertragliche Regelung gibt, muss ein Mieter bei seinem Auszug die Wohnung mit weißen oder ähnlich neutral gestrichenen Wänden hinterlassen. Das entschied der Bundesgerichtshof laut SZ (Wolfgang Janisch) und lto.de.
BGH zu leichenschänderischem Nachtatverhalten: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung eines Berliners zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten wegen Körperverletzung mit Todesfolge aufgehoben und einen neuen Prozess angeordnet, berichtet spiegel.de. Der Mann hatte bei sadomasochistischen Sexspielen den Tod seines Sexpartners verursacht. Der BGH bemängelte, dass ein leichenschänderisches Nachtatverhalten - unter anderem wurde der Kopf des Opfers gekocht - nicht berücksichtigt wurde. Im neuen Verfahren geht es um die Frage, ob der Täter überhaupt schuldfähig war.
BVerwG zur A 20: Auf Klage von Umweltschützern hat das Bundesverwaltungsgericht den Bau der norddeutschen Autobahn A 20 bei Bad Segeberg gestoppt. Es sei nicht genügend geprüft worden, welche Auswirkungen die Autobahn auf die Flugrouten von Fledermäusen hat, berichtet NDR.de.
LG Berlin zu Ku-Klux-Klan: Das Landgericht Berlin bestätigte die Verurteilung eines 60-Jährigen wegen Volksverhetzung, der als Chef einer Berliner Gruppe des Ku-Klux-Klan deren rassistische Webseite verantwortete. Die SZ (Tanjev Schultz/Frederic Obermaier) berichtet über den Prozessverlauf an dessen Ende eine Geldstrafe steht.
OLG München - NSU-Prozess: An diesem Verhandlungstag geht es um den Tod der NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach einem Banküberfall in Eisenach. Die Polizei geht davon aus, dass sich diese selbst erschossen haben und sich kein dritter Täter im Wohnmobil befand, der die beiden getötet haben könnte. Es berichten u.a. spiegel.de (Gisela Friedrichsen) und zeit.de (Tom Sundermann).
LG Landau - EnBW verklagt Vorstand: Der Energieversorger EnBW hat seinen eigenen Technikvorstand Hans-Josef Zimmer beim Landgericht Landau auf 80 Millionen Schadensersatz verklagt. Nach Darstellung der SZ (Markus Balzer/Uwe Ritzer) geht es dabei vor allem um Geschäfte mit dem Moskauer Lobbyisten Andrej Bykow.
Falscher Vergewaltigungs-Vorwurf: Dieter G. war 1996 wegen Vergewaltigung seiner Tochter zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Inzwischen hat die Tochter die Vorwürfe jedoch als erfunden bezeichnet, G. wurde jüngst vom Landgericht Memmingen freigesprochen. Im Dossier der Zeit (Tanja Stelzer/Elisabeth Raether) schildern Tochter und Vater ihre Sicht der Ereignisse. In einem ergänzenden Interview (Tanja Stelzer) macht der Strafverteidiger Johann Schwenn, der die Wiederaufnahme erreichte, die damaligen Gutachter und das Gericht mitverantwortlich.
Klagen gegen sittenwidrige Löhne: In Brandenburg klagt die Arbeitsagentur immer wieder gegen Unternehmen, die ihren Beschäftigten sittenwidrig niedrige Löhne zahlen, so dass diese ergänzende Sozialleistungen benötigen. lto.de (Claudia Kornmeier) interviewte hierzu einen Sprecher der Arbeitsagentur: "Je lückenloser und konsequenter wir das angehen, desto eher wird das auch eine präventive Wirkung gegenüber den Arbeitgebern haben."
Recht in der Welt
Europa - Haftbedingungen: Das Anti-Folter-Komitee des Europarats hat in seinem Jahresbericht die Haftbedingungen in zahlreichen europäischen Ländern kritisiert. Die FAZ (Helene Bubrowski) stellt die Ergebnisse vor. Für die deutsche Justiz sei dies ein Problem bei Auslieferungen aufgrund eines europäischen Haftbefehls. Reinhard Müller (FAZ) mahnt, der Bericht könne "nicht achselzuckend mit Blick auf die Vielfalt Europas hingenommen werden".
Türkei - Journalistin verurteilt: Die FAZ (Karen Krüger) macht auf das Schicksal der krebskranken Radiojournalistin Füsun Erdogan aufmerksam. Sie wurde am Montag zu lebenslanger Haft verurteilt, weil sie angeblich einer linken Terrororganisation angehöre. Sie werde "nicht die letzte Medienvertreterin sein, der mit hanebüchenen Argumenten der Prozess gemacht wird", schreibt die FAZ.
Sonstiges
Münchener Raubkunstsammlung: Der Anwalt Peter Bert befasst sich auf lto.de mit den Eigentumsverhältnissen der jüngst in Schwabing sichergestellten Bilder. Das Eigentum jüdischer Sammler könnte wegen der Hans-Sachs-Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht untergegangen sein. Die SZ (Wolfgang Janisch) prüft dagegen die strafrechtliche Seite. Der letzte Besitzer der Bilder, Cornelius Gurlitt, könnte diese unterschlagen haben. Die Tat wäre aber verjährt, wenn er die Bilder bereits von seinem Vater in den 50er-Jahren erbte.
Verträge von Smartlaw: spiegel.de (Christian Lauenstein) stellt das neue Unternehmen Smartlaw vor, das juristische Standardverträge im Internet zu günstigen Preisen anbietet. Der Kunde muss nur einige Ja/Nein-Fragen beantworten und bekommt dann einen maschinell erstellten Vertrag, zum Beispiel über ein Mietverhältnis.
Das Letzte zum Schluss
VG Stuttgart - Tantra und Vergnügen: Das Verwaltungsgericht Stuttgart verhandelte laut SZ über die Frage, ob auch Tantra-Massagen unter die Stuttgarter Vergnügungssteuerpflicht fallen. Eine Tantra-Masseurin klagt gegen die Steuerpflicht. Hauptzweck ihrer Tätigkeit sei "nicht das sexuelle Vergnügen, sondern das ganzheitliche Wohlbefinden", so die SZ.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
(Hinweis für Journalisten)
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 7. November 2013: Russland boykottiert Seegerichtshof – BGH sorgt für weiße Wände – Fledermäuse stoppen Autobahn . In: Legal Tribune Online, 07.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9974/ (abgerufen am: 14.05.2024 )
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