Beate Zschäpe muss vor Gericht. Das Verfahren gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin könnte im April beginnen. Außerdem in der Presseschau: die Prozesskostenhilfe soll eingeschränkt werden, Lehrern wird Sex mit Schülern verboten, der EuGH stärkt mal wieder Fluggastrechte und der Steuerzahler überlegt sich, welchen Porsche er heute aus der Garage fährt.
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Zschäpe muss vor Gericht: Das Oberlandesgericht München hat das Hauptverfahren gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer der rechtsextremen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" eröffnet. Die SZ (Hans Leyendecker) und spiegel.de (Birger Menke/Sven Röbel) berichten. Demnach wurde die Anklage der Bundesanwaltschaft in vollem Umfang zugelassen. Zschäpe werde unter anderem die Mittäterschaft an zehn Morden, zwei Sprengstoffanschlägen und fünfzehn bewaffneten Raubüberfällen vorgeworfen. Der Beginn des Prozesses wird im April erwartet.
Laut SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) hat das Gericht den Beschluss vorab an die Verteidiger gefaxt – dennoch seien "mal wieder" Einzelheiten an die Medien gelangt. Zuvor hatten vor allem die Anwälte Zschäpes kritisiert, dass sie zuerst aus der Presse von der Anklage erfahren hatten.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Sorgerecht: Der Bundestag hat am Donnerstag die Neuregelung des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern beschlossen. Damit werden vor allem die Rechte unverheirateter Väter gestärkt. Hintergrund der Reform waren Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts. Die FAZ (Peter Carstens) fasst die Änderungen zusammen.
Parvin Sadigh (zeit.de) hält das Gesetz für einen Kompromiss mit Schwächen auf beiden Seiten – aus Vätersicht fehle es weiterhin an einem automatischen Sorgerecht, für die Mutter sei es nun schwieriger, rechtzeitig zu widersprechen. Jasper von Altenbockum (FAZ) bezweifelt, dass es den Familiengerichten in der Praxis möglich sein wird, entsprechend dem Kindeswohl zu entscheiden.
Prozesskostenhilfe: Die umstrittene Neuregelung der Prozesskostenhilfe wurde am Donnerstag im Bundestag beraten. Nach einem Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen die Prozesskostenhilfe und die Beratungshilfe deutlich eingeschränkt werden. Die SZ (Heribert Prantl) erläutert die geplanten Änderungen und ihre Folgen. Heinrich Wefing (zeit.de) kommentiert, es sei zwar richtig, Missbrauch zu verhindern, doch die Gewährung einer grundrechtlich gesicherten Position dürfe nicht "zu einem bürokratischen Hindernislauf" werden.
Sex zwischen Lehrern und Schülern verboten: Als erstes Bundesland verbietet Rheinland-Pfalz grundsätzlich sexuelle Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern. Eine entsprechende Änderung des Schulgesetzes hat der Landtag am Donnerstag beschlossen. Hintergrund ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz, das 2011 einen Lehrer freigesprochen hatte, der eine sexuelle Beziehung zu einer 14-jährigen Schülerin unterhielt. Das Gericht sah darin keinen sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener, weil der Lehrer in der Klasse des Mädchens lediglich Vertretungsstunden gegeben hatte. spiegel.de berichtet.
Abmahnungen: Auch Udo Vetter (lawblog.de) kritisiert den Gesetzentwurf, mit dem Anwaltskosten bei Abmahnungen gedeckelt werden sollen. Er wiederhole die Fehler des bisherigen Abmahnrechts.
Juristen zum Rundfunkbeitrag: spiegel.de (Christoph Twickel) spricht mit den Medienrechtlern Ermano Geuer, Bernd Holznagel und Wolfgang Schulz über die Verfassungsmäßigkeit der neuen Rundfunkbeiträge.
Weitere Themen - Justiz
EuGH zu Fluggastrechten: Der Europäische Gerichtshof hat erneut die Rechte von Fluggästen gestärkt. Demnach müssen Flugunternehmen auch bei "außergewöhnlichen Umständen" - wie Naturkatastrophen - für Unterbringung, Verpflegung, Kommunikationsmöglichkeiten und Transport der Passagiere sorgen. In dem konkreten Fall ging es um eine Frau, die 2010 wegen des Ausbruchs des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull eine Woche lang am Flughafen festsaß. Das meldet die FR.
BVerwG zu Jungengymnasium: Der Rechtsanwalt Thomas Langer erläutert auf lto.de das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach eine Privatschule als reines Jungengymnasium gegründet werden darf. Das Gericht folge damit seiner bisherigen Rechtssprechung, wonach von den freien Schulen " nicht Gleichartigkeit, sondern nur Gleichwertigkeit" verlangt werde – das Jungengymnasium müsse daher Gleichberechtigung als Wert vermitteln, jedoch keine Mädchen zum Schulbesuch zulassen.
BVerwG zu Abschiebung nach Straftaten: Straffällige Flüchtlinge können abgeschoben werden, wenn sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wurden – das gilt jedoch nicht, wenn die Gesamtstrafe aus mehreren kürzeren Einzelstrafen gebildet wurde. Das klärte nun das Bundesverwaltungsgericht im Falle eines syrisch-orthodoxen Christen, der demnach rechtswidrig in die Türkei abgeschoben worden war. Die taz berichtet.
OVG Lüneburg zu Zahlungspflicht bei Abschiebung: Muss ein Flüchtling, der als Minderjähriger abgeschoben wurde, die Kosten der Abschiebung übernehmen, wenn er als Erwachsener wieder nach Deutschland einreist? Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg sieht hier in einem Beschluss zur Prozesskostenhilfe ungeklärte Rechtsfragen, insbesondere im Verhältnis von Ausländerrecht und Minderjährigenschutz nach dem BGB. Wie die taz (Kai von Appen) berichtet, wird der Fall eines Mannes, der 2011 aus Montenegro nach Deutschland zurückkehrte, nun vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig verhandelt.
Prozesse der Deutschen Bank: Die FAZ (Joachim Jahn) gibt einen Überblick über die zahlreichen Straf- und Zivilprozesse, welche die Deutsche Bank im vergangenen Jahr rund 1,8 Milliarden Euro kosteten. Zu den größten Posten gehörten demnach die Verfahren um einen Steuerbetrug mit Emissionszertifikaten, den die Betrüger über die Deutsche Bank abwickelten und die Schadensersatzklagen von Erben des Medienunternehmers Kirch.
Ermittlungen gegen VW: Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft gehe ungewöhnlich milde gegen die mutmaßlichen Korruptionsfälle beim Autokonzern VW und dem Fußballverein Vfl Wolfsburg vor, heißt es in einem Bericht im Sportteil der SZ (Klaus Ott). Insbesondere der VW-Vorstand und Vfl-Aufsichtsratschef, Francisco Javier Garcia Sanz, sei nicht gründlich befragt worden, obwohl er ein wichtiger Zeuge sei.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Indien – Gericht kassiert Freisprüche nach Vergewaltigung: Der Oberste Gerichtshof Indiens hat 17 Jahre nach einer mutmaßlichen Massenvergewaltigung die Freisprüche für 35 Männer aufgehoben. Sie sollen im Jahr 1992 eine damals 16-jährige Frau vergewaltigt haben. Nun soll innerhalb eines halben Jahres ein neues Urteil vorliegen, so spiegel.de.
China – Todesstrafe nach Notwehr: In China ist eine Frau zum Tode verurteilt worden, die ihren Ehemann offenbar in Notwehr erschlagen hatte. Den Fall schildert spiegel.de (Annette Langer).
Sonstiges
"Mobile Sicherungsverwahrung": Claudia Kornmeier (lto.de) befasst sich mit dem Fall eines ehemaligen Sicherungsverwahrten, der seit zweieinhalb Jahren rund um die Uhr von der Polizei bewacht wird. Experten bezweifeln, dass diese Form der Dauerobservation mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vereinbar ist.
Das Letzte zum Schluss
Porsche oder Porsche: Normalerweise geht das Finanzamt davon aus, dass ein Dienstwagen auch privat genutzt wird und schlägt das bei der Einkommensteuer drauf – erst recht bei einem Luxuswagen wie dem Porsche 911. Anders sieht das aber aus, wenn man daneben auch noch einen Porsche 928 S 4 und einen Volvo V70 T5 in der Garage stehen hat. Dann lasse sich nämlich glaubhaft versichern, dass man privat lieber diese Wagen fährt, meinte der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom Dezember, das Udo Vetter (lawblog.de) vorstellt.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 1. Februar 2013: Hauptverfahren gegen Zschäpe – Weniger Prozesskostenhilfe – Mehr Fluggastrechte . In: Legal Tribune Online, 01.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8082/ (abgerufen am: 19.05.2024 )
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