BVerwG zur Privatschulfreiheit: Jungen dürfen ohne Mädchen lernen

von Thomas Langer

31.01.2013

Das BVerwG bestätigte am Mittwoch das Recht von Opus Dei, in Potsdam ein reines Jungengymnasium zu gründen. Das Bildungsministerium, das befürchtet hatte, die Schule widerspreche der Gleichstellung von Mann und Frau, konnte sich nicht durchsetzen. Das Urteil erkennt zu Recht, dass die Auswirkungen koedukativen Unterrichts bisher wissenschaftlich nicht geklärt sind, meint Thomas Langer.

Opus Dei darf in Potsdam ein reines Jungengymnasium gründen. Das Bildungsministerium scheiterte am Mittwoch mit seinem Widerstand gegen die Schule vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) wie auch bereits in den Vorinstanzen.

Die Leipziger Richter entschieden, dass das Staatsziel aus Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz (GG), die Gleichberechtigung von Männern und Frauen zu fördern, der Genehmigung einer monoedukativen Schule nicht entgegensteht. Die Gründung des Gymnasiums sei durch die Privatschulfreiheit gedeckt, solange sichergestellt sei, dass die Gleichberechtigung als Wert vermittelt werde (Urt. v. 30.01.2013, Az. 6 C 6.12).

Monoedukation ist eine bloße Organisationsform

Der 6. Senat führte aus, dass zwar auch freie Schulen an das Lehrziel der Verinnerlichung der Gleichberechtigung von Mann und Frau gebunden sind. Allerdings seien sie hinsichtlich der "Methoden und Organisationsformen des Unterrichts grundsätzlich nach Maßgabe ihrer eigenen pädagogischen Einschätzungen frei". Die Genehmigung könne nur versagt werden, wenn durch einen monoedukativen Unterricht die Gleichberechtigung nicht weitergegeben werden könnte. Dafür biete die Bildungsforschung jedoch keine Anhaltspunkte.

Ein monoedukativer Unterricht lässt den Ersatzschulcharakter der geplanten Schule unberührt, wie das BVerwG zu Recht befindet, fügt sie sich doch als Gymnasium ohne weiteres in die vorhandene Struktur des staatlichen Schulwesens von Brandenburg ein.

Das Verfassungsgebot der Gleichberechtigung der Geschlechter sei ein Erziehungsziel, das auch den Schulen in freier Trägerschaft vorgegeben ist, während die Monoedukation eine schulische Organisationsform und Methode sei.

Welchen Rechtscharakter die Leipziger Richter der Monoedukation beimessen, geht aus der Pressemitteilung nicht hervor. Die Urteilsgründe werden zeigen, ob sie als Einrichtung im Sinne des Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG zu interpretieren oder der freien Selbstbestimmung des Schulträgers zuzuordnen ist.

Auswirkungen des gemeinsamen Lernens bisher ungeklärt

Das BVerwG stellt zutreffend fest, dass die Monoedukation gegenüber dem Staatsziel der Gleichberechtigung nicht zurücksteht, und bestätigt damit seine Rechtsprechung, dass den freien Schulen nicht Gleichartigkeit, sondern nur Gleichwertigkeit abverlangt wird. Das heißt, am Ende des Bildungsgangs müssen im Kern die gleichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden wie an den staatlichen Schulen. Den Weg dorthin können die Privatschulen allerdings frei gestalten.

Bis dato ist in der Bildungsforschung ungeklärt, wie sich die Koedukation zur Gleichberechtigung der Geschlechter verhält. Eher zeichnet sich ab, dass das gemeinsame Lernen ohne fundiertes Wissen über die realen Wirkungszusammenhänge für zahlreiche bildungspolitische, feministische und pädagogische Ziele vereinnahmt wird. Die Annahme des Klägers, dass eine Trennung von Jungen und Mädchen in der Schule gegenüber der Koedukation im Hinblick auf die Verinnerlichung der Gleichberechtigung nicht zurücksteht, kann schlicht nicht widerlegt werden.

Die aktuelle Entscheidung aus Leipzig vermag das in Art. 7 Abs. 4 GG verankerte Verfassungsprinzip der Schulvielfalt mit neuem Leben zu füllen.

Der Autor Dr. Thomas Langer ist Rechtsanwalt und wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Bildungsforschung und Bildungsrecht, An-Institut der Ruhr-Universität Bochum.

Zitiervorschlag

Thomas Langer, BVerwG zur Privatschulfreiheit: Jungen dürfen ohne Mädchen lernen . In: Legal Tribune Online, 31.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8076/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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