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SG Berlin bejaht Vergütungsanspruch des Krankenhauses: Frau mit Tran­s­i­den­tität durfte in Uro­logie ope­riert werden

07.12.2021

OP-Team

santypan - stock.adobe.com

Gynäkologie oder Urologie? Das SG Berlin hat sich mit der Frage befasst, welche Klinik eine Frau mit Transidentität operieren darf. Entscheidend sei die ursprüngliche biologische Einordnung und nicht der rechtliche Status der Patientin. 

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Ein Krankenhaus, das keine Fachabteilung für Frauenheilkunde und damit keinen Auftrag für die Behandlung weiblicher Geschlechtsorgane hat, durfte in seiner Fachabteilung für Urologie die Vagina einer Patientin mit Transidentität nachoperieren. Das Krankenhaus hat deshalb auch einen Anspruch auf Vergütung gegen die gesetzliche Krankenkasse der Patientin, wie das Sozialgericht (SG) Berlin am Dienstag mitteilte (Urt. v. 13.09.2021, Az. S 56 KR 3604/18). 

Hintergrund der Entscheidung ist der Fall einer 1993 geborenen Berlinerin, die im Jahr 2013 aufgrund einer Mann-zu-Frau Transidentität eine geschlechtsangleichende Operation erhalten hatte. Hierfür waren die männlichen Geschlechtsorgane in eine künstliche Vagina umgestaltet worden. 

Im Jahr 2018 musste sie erneut an ihrer Vagina operiert werden. Das klagende Krankenhaus führte die Operation mit einem Team aus Gynäkologen und Urologen durch und rechnete für die Behandlung gegenüber der Krankenkasse eine Vergütung in Höhe von rund 4.200 Euro ab. Die gesetzliche Krankenkasse verweigerte jedoch die Bezahlung. 

Das Fachgebiet der Urologie umfasse die Behandlung des männlichen Urogenitalsystems und der weiblichen Harnorgane, argumentierte die Krankenkasse. Die Behandlung der weiblichen Geschlechtsorgane und damit auch die Korrekturoperation einer neugebildeten Vagina gehöre aber zum Fachgebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Hierfür fehle der Klinik der Versorgungsauftrag, so dass kein Vergütungsanspruch bestehe. 

Kenntnisse der männlichen Anatomie maßgeblich

Das Krankenhaus machte demgegenüber geltend, dass eine geschlechtsangleichende Operation vom Mann zur Frau ein urologischer Eingriff an einem biologischen Mann sei. Daher müssten auch spätere Korrekturoperationen bei dieser Person in den Fachbereich der Urologie fallen. Eine personenstandsrechtliche Änderung vom Mann zur Frau und ebenso eine geschlechtsangleichende Operation änderten nichts daran, dass bei Versicherten mit Mann-zu-Frau-Transidentität weiterhin eine männliche Anatomie vorliege, deren genaue Kenntnis für den Erfolg der Operation maßgeblich sei. 

Dem schloss sich das Berliner SG an und gab der Klage des Krankenhauses statt. Für eine Zuordnung zum männlichen oder weiblichen Genitalsystem sei nicht nur der rechtliche Status der Patientin, sondern auch deren ursprüngliche biologische Einordnung heranzuziehen. Die Ausbildung und Erfahrung der Operateure in der Behandlung der Gefäß- und Nervenbahnen der biologisch männlichen Genitalien seien von besonderer Bedeutung. Auch die Wiederherstellung einer Neovagina erfolge durch Behandlung von Teilen des biologisch ursprünglich männlichen Geschlechtsorgans. Da sich für die Behandlung männlicher Genitalien eine Zuordnung zum Fachgebiet Urologie ergebe, sei die Operation vom Versorgungsauftrag des klagenden Krankenhauses erfasst, entschied das Gericht.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Krankenkasse hat nach Angaben des Gerichts Berufung eingelegt, die nun bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anhängig ist.  

acr/LTO-Redaktion

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SG Berlin bejaht Vergütungsanspruch des Krankenhauses: . In: Legal Tribune Online, 07.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46857 (abgerufen am: 15.11.2025 )

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