Die Umstände des tödlichen Bombardements von Kundus in Afghanistan bleiben auch nach erstmals öffentlich vor Gericht gezeigten Videoaufnahmen strittig. Im Prozess um Schadenersatzklagen gegen die Bundesrepublik Deutschland sahen sich die Klägeranwälte in ihrer Auffassung bestätigt, dass erkennbar viele Zivilisten bei den zwei angegriffenen Tankwagen waren und der Luftschlag deshalb nicht hätte befohlen werden dürfen.
Der Anwalt des Bundesverteidigungsministeriums hingegen sprach von einem "diffusen Bild", das auf den Aufnahmen aus US-Kampfjets zu sehen sei. Es sei keinesfalls erkennbar, dass die Zivilbevölkerung "involviert" gewesen sei.
Das Bonner Landgericht (LG), das die Infrarot-Aufnahmen über das Geschehen bei den Tankwagen vor dem Bombenabwurf sichtete, will am 11. Dezember eine Entscheidung über das weitere Vorgehen in diesem ersten Prozess um Schadenersatzklagen verkünden. Hinterbliebene ziviler Todesopfer wollen von der Bundesrepublik höhere Entschädigungszahlungen, da der damals zuständige Bundeswehr-Kommandeur Georg Klein falsch gehandelt habe.
Das Gericht will weiter prüfen, ob ein schuldhafter Verstoß Kleins gegen Amtsverpflichtungen zum Schutz der Zivilbevölkerung vorgelegen hat. Wenn es Anhaltspunkte für eine hinreichende Verantwortung Kleins gebe, sei eine Haftung durch die Bundesrepublik möglich, sagte Richter Heinz Sonnenberger. Dann werde die Beweisaufnahme mit Zeugen fortgeführt. Die andere Möglichkeit sei eine Abweisung der Entschädigungsklage.
Der Anwalt des Verteidigungsministeriums lehnte erneut eine außergerichtliche Einigung mit der Einwilligung auf eine höhere Entschädigungszahlung ab. Es gehe um eine rechtliche Klärung, ob ein Bundeswehr-Oberst bei einem Nato-Einsatz haftbar sein könne. Klägeranwalt Karim Popal hat eine Gesamtentschädigung von 3,3 Millionen Euro gefordert.
dpa/age/LTO-Redaktion
LG Bonn sichtet erstmals öffentlich Videos: . In: Legal Tribune Online, 31.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9943 (abgerufen am: 12.12.2024 )
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