Ein staatliches Monopol für Sportwetten zur Suchtbekämpfung, Werbung für staatliche Lotterien und grassierende Spielsucht außerhalb der Sportwetten lassen sich nicht unter einen Hut bringen, entschied das OVG NRW am Freitag. Das Monopol sei europarechtswidrig, Verbote auf seiner Grundlage rechtswidrig.
Verfügungen der Behörden gegen private Sportwettbüros, die allein mit dem staatlichen Sportwettenmonopol (so genannte Oddset-Wetten) begründet wurden, sind rechtswidrig. Denn das Monopol sei nicht mit Europarecht vereinbar, entschied der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG) und gab damit seine bisher in Eilverfahren vertretene Rechtsauffassung auf (Urt. v. 29.09.2011, Az. 4 A 17/08).
Nach den Maßstäben von EuGH und vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verletze das staatliche Monopol im Bereich der Sportwetten die europarechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Denn andere Glücksspielbereiche mit höherem Suchtpotential überlasse der Staat privaten Anbietern und nehme hin, dass sich der Markt ausweitet.
Seit Neuregelung für gewerbliche Automatenspiele, die im Jahr 2006 erfolgte, seien es vor allem Geldspielautomaten in Spielhallen, die nach einschlägigen Studien erhebliches Wachstum bezüglich Umsatz und Zahl der Spielgeräte verzeichnen. Das Suchtpotential nehme dadurch zu. Gleichzeitig würden Automaten entwickelt, die noch viel mehr die Sucht fördern würden.
Spielsucht nicht beschränkt auf Sportwetten
Spielsucht sei also auch außerhalb der Sportwetten weit verbreitet. Ein staatliches Monopol für Sportwetten, um allgemein Spielsucht zu bekämpfen, sei daher kaum erfolgreich und europarechtlich nicht zu rechtfertigen.
Hinzu komme, dass der deutsche Lottoblock für seine Werbung nach wie vor nicht die strengen Vorgaben des BVerwG beachte. Die Richter gaben vor, dass der Monopolträger nur sachlich informieren dürfe, um "die Spiellust in legale Bahnen zu lenken". Die Werbekampagnen ("Westlotto informiert: Der Lotto-Jackpot wurde bei der letzten Ziehung nicht geknackt. Deshalb heute im Jackpot ... Millionen Euro") bzw. die Image-Werbung ("Lotto hilft ...") seien damit nicht vereinbar.
Es handelt sich um die erste Hauptsachenentscheidung des OVG zu dieser Frage. Beim Senat sind noch zahlreiche gleich gelagerte Fälle aus anderen Städten und Gemeinden des Landes anhängig. Die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen kann die Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das BVerwG entscheidet.
ssc/LTO-Redaktion
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OVG Nordrhein-Westfalen: . In: Legal Tribune Online, 30.09.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4445 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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