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LG München I zum Influencer-Marketing: Keine per­sön­li­chen Tipps von Cathy Hum­mels

von Maximilian Amos

29.04.2019

Cathy Hummels bei der Verhandlung vor dem LG München im Februar

(c) picture alliance/Tobias Hase/dpa

Influencerin Cathy Hummels muss unbezahlte Verlinkungen auf ihrem Instagram-Account nicht als Werbung kenntlich machen, so das LG München I. Dass die Posts gewerblich seien, sei für jeden offensichtlich.

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Wer sich im Internet - und dort speziell in den sozialen Medien - bewegt, kennt sie, die Produktverlinkungen. Mehr oder minder bekannte Personen posten Bilder von ihren liebsten Kleidungsstücken, Autos, Uhren, Smoothies oder sonstigen lifestyle-fähigen Dingen und merken oft auch noch an, wo man diese Dinge kaufen kann. Persönlichkeiten, die so etwas regelmäßig - oft auch gewerblich - tun und damit eine gewisse Marktmacht erreicht haben, fallen unter den Begriff der "Influencer".

Die Gerichte treibt seit jeher die Frage um, ob so ein Vorgehen Werbung ist und falls ja, ob es auch als solche gekennzeichnet werden muss. Im Fall von Cathy Hummels entschied das Landgericht (LG) München I nun: Wenn jemand mit seinem Account erkennbar gewerbliche Zwecke verfolgt, so muss er nicht jedes präsentierte Produkt als Werbung kennzeichnen - jedenfalls, sofern er dafür keine Bezahlung erhält (Urt. v. 29.04.2019, Az. 4 HK O 14312/18).

Hummels dürfte einer größeren Öffentlichkeit als Ehefrau des Fußballspielers Mats Hummels bekannt sein. Sie selbst ist beruflich aber ebenfalls sehr erfolgreich: Mit rund 485.000 Abonnenten auf der Online-Plattform Instagram hat sie sich eine beachtliche Fanbasis aufgebaut. Auf ihrem Account postet sie Bilder - wie in dem Netzwerk üblich zumeist von sich selbst - und kurze Texte, oft zu Themen wie Reisen, Yoga, das Leben mit ihrem kleinen Kind und ähnliches. Oft markiert sie dabei auch die Hersteller von auf den Bildern zu sehenden Produkten ("taggen").

Diese Tags waren auch Stein des Anstoßes im Prozess vor dem LG München I, wo der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. (VSW) Klage gegen Hummels eingereicht hatte. Der Verband geht u. a. gegen irreführende und verdeckt werbliche Posts im Internet vor. Er war der Meinung, dass die Posts der Influencerin als Werbung kenntlich gemacht werden müssten. In der Regel muss dies über einen gut sichtbaren Vermerk über oder unter dem Bild geschehen. Hummels tut dies auch - allerdings nur bei Posts, für die sie nach eigenen Angaben eine Gegenleistung bekommt, etwa ein kostenloses Produkt oder eine Bezahlung. Solche Beiträge enthalten dann den Hinweis: "Bezahlte Partnerschaft mit ...".

Instagram-Account wie ein Modemagazin?

In den streitgegenständlichen Fällen ging es aber um Kleidungsstücke, deren Hersteller in vier Posts verlinkt worden waren, sowie einen Plüschelefanten der Marke "Steiff", wofür Hummels nach eigenen Angaben keine Gegenleistung erhalten und die Posts demzufolge auch nicht als Werbung markiert hatte. Der klagende Verband bestritt zwar, dass die Post unentgeltlich erfolgt waren, konnte dies aber nicht beweisen. Darauf, fand man, komme es aber auch gar nicht an: Es handele sich bei den nicht gekennzeichneten Einträgen so oder so um kommerzielle Veröffentlichungen und einen Unterfall der getarnten Werbung im Sinne von § 5 a Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Hummels habe nicht plausibel machen können, warum sie für manche Produkte Tags verwende, die die Nutzer direkt auf die Seite der Hersteller weiterleiteten, anstatt bspw. nur kurz im Text zu erläutern, woher die Produkte stammen. Den von Hummels gezogenen Vergleich zu Modemagazinen, die schließlich unbezahlte Produktdarstellung auch nicht kennzeichnen müssten, wollte man nicht geltend lassen. Traditionelle Zeitschriften, die zum Teil auch Mitglieder des VSW sind, müssten schließlich eine strenge Grenze zwischen Werbung und redaktionellem Teil beachten, während im Internet vieles durcheinander gehe, wie der VSW monierte. Zudem sei bei Zeitschriften klar, dass Produktpräsentationen einen gewerblichen Zweck hätten, was bei Instagram-Accounts nicht immer so deutlich werde.

Genau hier ging das LG München I nun nicht mit der Meinung des VSW d'accord, es konnte keinen wirklichen Unterschied zu Online-Modemagazinen erkennen. Bei jemandem mit fast einer halben Million Abonnenten sei es schließlich abwegig, so die Argumentation des Gerichts, dass Produktempfehlungen quasi als Tipps unter Freunden zu verstehen seien. Hinzu komme auch, dass Hummels' Profil mit einem blauen Haken als verifiziertes Profil einer prominenten Persönlichkeit gelte. "Jedem noch so uninformierten Betrachter", so das LG in seiner Urteilsbegründung, müsse klar sein, dass es sich hierbei nicht um wirkliche Freunde der Beklagten handeln kann und die Beklagte die Postings deshalb nicht nur schaltet, um ihre Freunde über ihre Aktivitäten zu informieren [...], sondern dass da andere, nämlich kommerzielle Zwecke dahinterstünden. Dass es dieser Ansicht ist, hatte das Gericht schon in der mündlichen Verhandlung im Februar erkennen lassen (damals waren es noch rund 20.000 Follower weniger).

Medienrechtler: Gutes Ergebnis, problematische Begründung

Das Gericht bestritt also nicht, dass es Hummels um die Förderung geschäftlicher Zwecke geht. Dies dürfte aber, so seine Folgerung, im Zeitalter des Internets gerade Social-Media-affinen Menschen klar sein. Es müsse davon ausgegangen werden, dass Accounts mit einem blauen Haken von Prominenten i. d. R. zur Imagepflege und deshalb aus kommerziellen Erwägungen betrieben würden. "Kein mündiger Verbraucher kann nach Ansicht des Gerichts ernsthaft glauben, dass man von einer so in der Öffentlichkeit stehenden Person über deren Instagram-Profil persönliche Tipps erhält", erklärt Gerichtssprecherin Dr. Anne-Kristin Fricke im Gespräch mit LTO. Auch wenn man kommerziell handele, müsse dies nicht automatisch als Werbung kenntlich gemacht werden. Anders könnte das hingegen zu beurteilen sein, wenn die Posts nachweislich bezahlt worden seien, stellt Fricke klar.

Auch unterstrich die 4. Handelskammer des LG in ihrem Urteil, dass diese keineswegs für alle Blogger oder Influencer gelten müsse. Es handelt sich dabei um eine ausdrückliche Einzelfallentscheidung. Soweit in anderen, gegenteiligen Entscheidungen, wie u. a. durch das LG Karlsruhe, auf den Schutz junger, teils noch minderjähriger User abgestellt werde, verwies das Gericht darauf, dass sich Hummels eher an junge Mütter und berufstätige Frauen wende, die von ihren Themen am ehesten angezogen würden.

"Vereinfacht gesprochen vergleicht das Gericht den Account von Frau Hummels mit einem geschäftlichen Unternehmensaccount, wo die einzelnen Posts ebenfalls nicht gekennzeichnet werden müssen", sagt Dr. Martin Gerecke, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht am Hamburger Standort der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland gegenüber LTO. Problematisch sei aber, "dass das Gericht damit der Influencerin abspricht, auf Instagram überhaupt noch mit einzelnen Posts privat zu handeln. Das entspricht dem vielzitierten Bild der 'wandelnden Litfaßsäule'".

Aus diesem Grund sieht Gerecke das Urteil kritisch. Im Ergebnis sei es zwar erfreulich, "in der Begründung und der rechtlichen Konsequenz aber nicht". "Instagram-Accounts bekannter Influencer sind, trotz stattlicher Followerzahl und verifiziertem Profil, nicht stets nur werblich." Pauschal ganze Instagram-Profile als kommerziell einzustufen, werde der Tätigkeit der Influencer nicht gerecht. "Vielmehr ist am konkreten Post festzumachen, ob eine geschäftliche, werbliche, Handlung oder eine unabhängige Meinung vorliegt. Das aber hat das Gericht offenbar nicht gemeint, wenn es von einer Einzelfallentscheidung spricht."

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LG München I zum Influencer-Marketing: Keine persönlichen Tipps von Cathy Hummels . In: Legal Tribune Online, 29.04.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35099/ (abgerufen am: 04.12.2023 )

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