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EGMR zum dritten Geschlecht in Frankreich: "Interse­xuell" muss nicht in die Geburt­s­ur­kunde

31.01.2023

Ein Mensch hält die "Progress Pride"-Fahne hoch.

Frankreich sei es selbst überlassen, in welchem Tempo und in welchem Umfang es den Forderungen intersexueller Menschen nachkommen wolle, entschied der EGMR. Foto: nito - stock.adobe.com.

Ein französischer Mensch begehrte, dass statt "männlich" in die Geburtsurkunde "neutral" eingetragen wird. Nachdem Frankreich dies ablehnte, hat nun der EGMR den Streit entschieden. Dieser stellte keinen Verstoß gegen die EMRK fest.

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In einem Urteil von Dienstag entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass die Weigerung einer französischen Behörde, das Wort "intersexuell" oder "neutral" statt "männlich" in die Geburtsurkunde einzutragen, keinen Verstoß gegen die Europäische Konvention für Menschenrechte (EMRK) darstellt (Az. 76888/17).

Geklagt hatte ein 1951 geborener, biologisch intersexueller Mensch, der sich durch die Ablehnung seines Antrages, die Zuschreibung "männlich" in seiner Geburtsurkunde zu ersetzen, in seinen Rechten verletzt sah. Ärztliche Bescheinigungen hätten belegt, dass Intersexualität bereits kurz nach der Geburt festgestellt worden sei und dieser Status sich auch nicht geändert habe, so der EGMR. Eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) durch die unterlassene Eintragung lehnte der EGMR jedoch ab.

Das Gericht stellte fest, dass die Diskrepanz zwischen der der biologischen Identität und der rechtlichen Identität grundsätzlich geeignet ist, Personen Leid und Angst zuzufügen. Auf der anderen Seite sei den Argumenten der nationalen, in diesem Fall französischen Behörden, der Vorzug zu geben. Im Vordergrund stünde der Grundsatz der Unveräußerlichkeit des Personenstandes und die Notwendigkeit eines zuverlässigen Personenstandsregisters.

Anerkennung des dritten Geschlechts als Gesellschaftsfrage

Das französische Recht sei auf der Grundlage von zwei Geschlechtern aufgebaut. Die gerichtliche Anerkennung eines "neutralen" Geschlechts hätte somit weitreichende Folgen für das französische Rechtssystem. Gesetzesänderungen würden erforderlich, die Anerkennung eines dritten Geschlechts könne daher ausschließlich durch den Gesetzgeber und nicht durch die Justiz erfolgen. Das gebiete zumindest der Grundsatz der Gewaltenteilung.

Der EGMR stellte weiter fest, dass Frankreich bei einer möglichen Stattgabe des Antrages auf Eintragung eines neutralen Geschlechts verpflichtet wäre, sein nationales Recht zu ändern, weshalb bei der Entscheidung Zurückhaltung geboten sei. Bei der Anerkennung eines dritten Geschlechts handele es sich insoweit um eine Frage, die die Gesellschaft zu entscheiden habe. Frankreich sei es selbst überlassen, in welchem Tempo und in welchem Umfang es den Forderungen intersexueller Menschen nachkommen wolle.

ku/LTO-Redaktion

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EGMR zum dritten Geschlecht in Frankreich: . In: Legal Tribune Online, 31.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50935 (abgerufen am: 23.05.2025 )

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