Druckversion
Donnerstag, 28.09.2023, 02:25 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bverwg-az6b9418-religionsunterricht-nrw-zentralrat-muslime-islamrat-religionsgemeinschaften/
Fenster schließen
Artikel drucken
32931

BVerwG rüffelt OVG NRW: Streit um isla­mi­schen Reli­gi­ons­un­ter­richt geht weiter

27.12.2018

Seit 2012 gibt es in Nordrhein-Westfalen islamischen Religionsunterricht - durch eine Übergangslösung. Einigen Islamverbänden reicht das nicht. Sie bekommen jetzt eine neue Chance, ihre Forderungen vor Gericht durchzusetzen.

Anzeige

Der Streit um islamischen Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen geht in eine neue Runde. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster muss erneut prüfen, ob der Zentralrat der Muslime (ZMD) und der Islamrat Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes sind und Anspruch auf Religionsunterricht nach ihren Grundsätzen haben. Bislang hat das OVG dies verneint. Ein entsprechendes Urteil von 2017 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) kurz vor Weihnachten nun aufgehoben und den Fall zurück nach Münster verwiesen (Beschl.v. 20.12.2018, Az. 6 B 94.18).

In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits seit 2012 islamischen Religionsunterricht als reguläres Schulfach. Allerdings nur durch eine Übergangsregelung, die Ende dieses Schuljahres ausläuft. Die Landesregierung arbeite "bereits intensiv an der Zukunft des islamischen Religionsunterrichts", teilte eine Sprecherin des Schulministeriums am Donnerstag mit. Bis zum Ende des Schuljahres solle geklärt werden, "auf welcher Grundlage zukünftig islamischer Religionsunterricht angeboten werden kann", fügte sie hinzu. Für die Landesregierung sei es entscheidend, "den islamischen Religionsunterricht weiter auszubauen".

Islamischer Religionsunterricht wird derzeit an rund 250 Schulen in Nordrhein-Westfalen erteilt. Daran nehmen etwa 20.000 Schüler teil. Das ist aber nur ein kleiner Teil der islamischen Schüler in NRW. Ihre Zahl hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) Anfang des Schuljahres mit etwa 400.000 angegeben. An der Auswahl der Lehrpläne und Lehrbücher sowie an der Erteilung der Lehrerlaubnis an die Lehrer ist ein vom Schulministerium berufener Beirat beteiligt. In ihm sind auch der Zentralrat und der Islamrat vertreten. Diese Regelung läuft am 31. Juli 2019 aus.

Der ZMD und der Islamrat wollen erreichen, dass Islamverbände beim Religionsunterricht die gleichen Rechte erhalten wie etwa die katholische und die evangelische Kirche. In dem Streit vor Gericht geht es unter anderem um die Frage, ob die Dachverbände über Kompetenz und Autorität in Fragen der religiösen Lehre verfügen. Dies hatte das OVG verneint.

Leipziger Richter: OVG hat BVerwG-Vorgaben ignoriert

Das BVerwG hielt den Münsteraner Richtern in seiner Entscheidung vor, "tragende rechtliche Erwägungen" des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts aus einem früheren Urteil (v. 23.02.2005, Az. 6 C 2.04) nicht hinreichend beachtet zu haben. Die Eigenschaft als Religionsgemeinschaft sei nicht von einem verbindlichen Lehramt in religiösen Fragen abhängig, betonte das BVerwG erneut. Das OVG müsse deshalb genauer klären, ob es sich bei Zentralrat und Islamrat um Religionsgemeinschaften handele.

Schulministerin Gebauer hatte im September im Schulausschuss des Landtags gesagt, die Einführung des islamischen Religionsunterrichts sei "ein richtiger und wichtiger Schritt gewesen". Die Schüler könnten sich in dem Unterricht "kritisch mit der Geschichte und der Tradition ihres eigenen Glaubens auseinandersetzen". Der Religionsunterricht könne "Treiber für eine weltoffene Interpretation des Islams sein".

ZMD und Islamrat begrüßten die Entscheidung des BVerwG. "Es ist an der Zeit, dass die Politik die Entscheidung für einen verfassungskonformen islamischen Religionsunterricht trifft und diese nicht den Gerichten überlässt", sagte der ZMD-Landesvorsitzende Samir Bouiss in einer Mitteilung. Der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, betonte: "Muslimischen Eltern und ihre Kindern ist es wichtig, dass der Religionsunterricht von islamischen Religionsgemeinschaften verantwortet wird."

hs/dpa/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BVerwG rüffelt OVG NRW: Streit um islamischen Religionsunterricht geht weiter . In: Legal Tribune Online, 27.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32931/ (abgerufen am: 28.09.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Öffentliches Recht
    • Integration
    • Religion
    • Religionsgemeinschaften
    • Schulen
  • Gerichte
    • Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
25.09.2023
Impfpflicht

VG zum Nachweis einer Masernimpfung:

Gesund­heit­samt darf gege­be­nen­falls ein Zwangs­geld androhen

Schulkinder müssen seit 2020 eine Masernimpfung nachweisen. Legen die Eltern keinen Impfnachweis vor, darf das Gesundheitsamt ein Zwangsgeld androhen, so das VG Berlin nun in mehreren Eilverfahren.

Artikel lesen
07.09.2023
Kunstfreiheit

VG zur Kunstfreiheit in der Schule:

AfD-kri­ti­sches Thea­ter­stück ist erlaubt

Darf ein Schultheaterstück politisch sein? Die AfD Niedersachen klagte gegen eine entsprechende Aufführung und verlor nun vor dem VG Hannover. Die Kunstfreiheit der Schüler sei bei einem selbstgeschriebenen Werk entscheidend.

Artikel lesen
27.09.2023
Klimaschutz

EGMR verhandelt Klimaklage junger Portugiesen:

Muss man erst in 32 Staaten klagen?

David gegen Goliath: Sechs portugiesische Jugendliche fordern mehr Klimaschutz von 32 Staaten. Am Mittwoch verhandelte der EGMR. Die Staaten halten die Beschwerde u. a. mangels Erschöpfung des Rechtsweges für unzulässig.

Artikel lesen
27.09.2023
Impfpflicht

Thüringer VerfGH sieht Irreführung:

"Anti-Impf­zwang"-Volks­be­gehren der AfD unzu­lässig

Die Thüringer AfD wollte einem Corona-"Impfzwang" durch ein per Volksbegehren zur Abstimmung gestelltes Gesetz entgegenwirken. Doch nach Ansicht des dortigen Verfassungsgerichtshofs hat sie dabei die Gesetzgebungskompetenzen missachtet.

Artikel lesen
25.09.2023
Staatsexamen

Aktuelle Zahlen zum Zweiten Examen:

In Baden-Würt­tem­berg fallen die wenigsten durch

Mehr Prädikatsexamen, aber auch mehr Durchfaller im Vergleich zum Vorjahr: Die aktuellen Zahlen des Bundesamts für Justiz zum Zweiten Examen sind da. Erneut war die Durchfallquote in Baden-Württemberg am geringsten.

Artikel lesen
25.09.2023
Vaterschaft

Verhandlung vor dem BVerfG:

Stärkt Karls­ruhe die Rechte leib­li­cher Väter?

Ein leiblicher Vater rügt per Verfassungsbeschwerde, dass ihm trotz aller Bemühungen die rechtliche Elternschaft zu seinem kleinen Sohn verwehrt wird. Ob die aktuelle Rechtslage ihn in seinen Grundrechten verletzt, muss das BVerfG klären.

Artikel lesen
TopJOBS
Werk­stu­dent für LTO-News­desk (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

Rich­ter/in auf Pro­be (m/w/d)

Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt , Mag­de­burg

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/d)

SammlerUsinger , Ber­lin

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/d) Öf­f­ent­li­ches Wirt­schafts­recht

Bird & Bird LLP , Düs­sel­dorf

Ju­rist als Pro­dukt­ma­na­ger - öf­f­ent­li­ches Recht (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

Re­fe­ren­da­re (m/w/d) Öf­f­ent­li­ches Wirt­schafts­recht

Bird & Bird LLP , Düs­sel­dorf

Voll­ju­ris­tin­nen und Voll­ju­ris­ten (m/w/d)

Bundesamt für Verfassungsschutz , Ber­lin und 1 wei­te­re

RECHTS­AN­WALT (M/W/D) – RE­GU­LATO­RY, PU­B­LIC LAW & COM­PE­TI­TI­ON

Watson Farley Williams LLP , Frank­furt am Main

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
Fortbildung Verwaltungsrecht im Selbststudium/ online

28.09.2023

Erfassung und Abrechnung nach Honorarvereinbarung leicht gemacht

28.09.2023

Kölner Tage Internationale Verrechnungspreise 2023

28.09.2023, Köln

Essentials – Die moderne Anwaltskanzlei

28.09.2023

Legal Tech Talk „Digitale Rechtsabteilung: Weniger Administration, mehr Zeit für wichtige Aufgaben?"

28.09.2023

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH