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BVerwG weist Anfechtungsklagen ab: Die "Ban­didos" bleiben ver­boten, die Nach­folger aber nicht

19.09.2023

Mitglieder der damaligen "Bandidos"

In anderen Staaten sind die "Bandidos" (noch) nicht verboten. Foto: picture alliance/KEYSTONE | STRINGER

Noch unter Horst Seehofer hatte das BMI die Rockergruppierung "Bandidos" verboten. Das war rechtmäßig, so das BVerwG nun. Etwas zu mäkeln hatte es aber doch: Die im Nachhinein neu gegründeten "Federations" sind vom Verbot nicht mitumfasst.

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Das Vereinsverbot des Bundesinnenministeriums (BMI) gegen die "Bandidos" hat überwiegend Bestand. Entsprechende Klagen hiergegen blieben vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) insoweit ohne Erfolg (Urt. v. 19.09.2023, Az. BVerwG 6 A 12.21 und BVerwG 6 A 13.21).

Die Rockergruppierung "Bandidos MC Federation West Central" war im Sommer 2021 durch das BMI verboten worden. Hiervon betroffen waren der Gesamtverein sowie die 38 Teilorganisationen ("Chapter"). Dieses Verbot hat der 6. Senat des BVerwG am Mittwoch grundsätzlich nicht beanstandet.

Indes erstreckt sich das Verbot nach der Entscheidung des Senats nicht auf die "Bandidos Motorcycle Club Federation Mid Region", die "Bandidos Motorcycle Club Federation North Region" und die "Bandidos Motorcycle Club Federation South Region", die das BMI als identitätswahrende Nachfolgeorganisationen der Federation von deren Verbot mitumfasst sieht.

Straftaten der Rockergruppierung zuzurechnen

Hintergrund des Verbots 2021 waren schwere Straftaten, wegen derer gegen Mitglieder und Funktionäre der Bandidos ermittelt wurde. Aus Sicht des BMI liefen die Bandidos folglich mit ihren Zwecken und Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwider. Der Gruppierung, welche zu dieser Zeit mit anderen Rockergruppierungen in Konflikt stand, wurden insoweit die Taten ihrer Mitglieder und Funktionäre zugerechnet.

Die Bandidos waren gegen die Verbotsverfügung vor dem erst- und letztinstanzlich zuständigen BVerwG vorgegangen. Aus Sicht der Vereinigung war dabei unter anderem entscheidend, dass bereits einige Monate vor der Verbotsverfügung eine Selbstauflösung der Bandidos verkündet wurde, nachdem ein einzelnes Chapter in NRW verboten worden war. Der Argumentation zufolge hat es so schon gar nichts mehr gegeben, was überhaupt hätte verboten werden können.

Aus Sicht des BMI bestand der Verein indes trotz erklärter Selbstauflösung weiterhin fort, denn Ende Mai bzw. Anfang Juni 2021 wurden die Federations Mid, North und South Region neu gegründet, denen jeweils ein Drittel der Mitglieds-Chapter der verbotenen Federation zugeordnet wurde.

Strafrechtswidrigkeit prägte die verbotene Federation

Am Mittwoch hat das BVerwG nun festgestellt, dass es sich bei den Federations Mid, North und South Region nicht um identitätswahrende Nachfolgeorganisationen der verbotenen Federation handelt. Es bestehe keine offensichtliche Identität in gebietlicher, organisatorischer und personeller Hinsicht.

Aber: Weil die ursprüngliche Federation trotz der proklamierten Selbstauflösung ihre Liquidation in vermögensrechtlicher Hinsicht zum Zeitpunkt der Verbotsverfügung noch nicht abgeschlossen hatte, bestand nach Auffassung des BVerwG 2021 eben doch noch ein verbotsfähiger Verein. Daher wurden die von mehreren hundert Mitgliedern erhobenen Anfechtungsklagen diesbezüglich abgewiesen.

Der Senat teilt insoweit die Einschätzung des BMI, dass der Verbotsgrund der Strafgesetzwidrigkeit verwirklicht war: einerseits durch Zurechnung der durch Mitglieder und Funktionäre begangenen Straftaten und andererseits durch die in die Realität umgesetzten "kriminalitätsfördernden Strukturen", insbesondere durch die Beschaffung von Waffen sowie das Honorieren von vereinsbezogenen Straftaten.

Das Verbot sei auch verhältnismäßig, so das BVerwG, da die Strafrechtswidrigkeit vorliegend die Federation insgesamt prägte, so das BVerwG. Soweit sich einzelne Mitglieds-Chapter "nicht in beachtlicher Weise von den strafgesetzwidrigen Zwecken distanziert" hatten, habe das BMI auch keine Ausnahmen für nicht selbst straffällig gewordene Teilorganisationen machen müssen, so der Senat.

Das ursprüngliche Verbot des Gesamtvereins inklusive der Chapter ist nach diesem Leipziger Urteil im Ergebnis rechtmäßig.

jb/LTO-Redaktion

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BVerwG weist Anfechtungsklagen ab: . In: Legal Tribune Online, 19.09.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52740 (abgerufen am: 13.06.2025 )

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