Druckversion
Sunday, 24.01.2021, 17:38 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/bgh-urteil-xi-zr-169-13-xi-zr-480-13-lehman-zertifikate-opfer-schadensersatz/
Fenster schließen
Artikel drucken
13924

BGH zu Lehman-Anleger: Bank muss Kunden Schadensersatz zahlen

26.11.2014

Der BGH hat zwei Opfern der Lehman-Pleite einen Anspruch auf Schadensersatz zugesprochen. Die beklagte Bank, welche die Zertifikate empfohlen hatte, habe nicht über Sonderkündigungsrechte der Emittentin aufgeklärt und damit ihre Pflicht aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt. Für Kunden, die bisher nicht geklagt haben, ist die Entscheidung von Dienstag aber nicht von Bedeutung.

Anzeige

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Dienstag über Schadensersatzklagen von zwei Opfern der Lehman-Pleite entschieden und die Vorinstanzen bestätigt. Damit steht den Kunden ein entsprechender Anspruch gegen die beratende Bank zu. Diese habe ihre Pflicht aus dem Anlageberatungsvertrag schuldhaft verletzt, weil sie nicht über das Sonderkündigungsrecht der Emittentin, hier der niederländischen Tochtergesellschaft Lehman Brothers Treasury Co B.V., aufgeklärt habe (Urt. v. 25.11.2014, Az. XI ZR 169/13; XI ZR 480/13).

In beiden Fällen wurden Zertifikate empfohlen, denen die Anleihebedingungen der Lehman-Tochtergesellschaft zum Basisprospekt vom 28. August 2007 zu Grunde lagen. Das bedeutete, dass die Emittentin den Kunden zusagte, am Laufzeitende mindestens 100 Prozent des eingezahlten Kapitals zurück zu zahlen - unabhängig von der Marktentwicklung. Die vermittelnde Bank hatte den beiden Kunden jedoch nicht mitgeteilt, dass sich die Lehman-Tochter in bestimmten Fällen nicht an diese Zusage halten musste. In den Anleihebedingungen wurde ihr nämlich ein Sonderkündigungsrecht aus besonderen Gründen - u.a. einer Insolvenz - eingeräumt.

Anleger dürfen Aufklärung über alle Risiken erwarten

Über diese Anleihebedingungen hätte die Bank die beiden Kunden ungefragt aufklären müssen, entschieden am Dienstag die Karlsruher Richter. Sie hätte das Risiko, dass etwa eine Insolvenz zu einem Totalverlust des Kapitals führen könne, benennen müssen. So sei die Empfehlung der Zertifikate in beiden Verfahren nicht anlagerecht, so die Entscheidung. Denn ein Sonderkündigungsrecht stelle einen für die Anlageentscheidung der Bankkunden wesentlichen Umstand dar.

Die Bank hat nach dem Urteil also ihre Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag schuldhaft verletzt und muss nach § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Schadensersatz leisten. "Zwar ist die Anspruchsgrundlage dieselbe wie bei einem stillschweigenden Beratungsvertrag, aber hier konkretisiert der BGH auf der Grundlage seiner bisherigen Rechtsprechung eine neue Pflichtverletzung", erklärt Dr. Stephan Bausch von Luther Rechtsanwälte. "Die beratende Bank hat den Kunden bei einem Garantiezertifikat darüber aufzuklären, dass es ein Sonderkündigungsrecht des Emittenten gibt. Der Grund dafür liegt in der Erwartungshaltung des Kunden."

Mögliche Ansprüche anderer Kunden bereits verjährt

Einer der beiden Kläger erhält allerdings nur einen um 17 Prozent gekürzten Schadensersatz. Denn in zweiter Instanz habe das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg richtigerweise erkannt, dass der Kunde seine Schadensminderungspflicht nach § 253 Abs. 2 S. 1 BGB verletzt habe. Er habe es unterlassen, seine Forderungen im Insolvenzverfahren mit einer Aussicht auf eine Vergütung um 17 Prozent rechtzeitig anzumelden, so das Urteil des BGH.

Auf andere Anleger dürften die Entscheidungen des BGH nur begrenzte Auswirkungen haben. Stephan Bausch weist darauf hin, dass etwaige Schadensersatzansprüche von Käufern der Lehman-Zertifikate, die bislang noch nicht geklagt haben, bereits mit Blick auf § 37a des Wertpapierhandelsgesetzes (alte Fassung) verjährt seien: "Nach dieser Vorschrift verjähren Schadensersatzansprüche wegen Beratungsverschuldens stichtagsgenau drei Jahre nach dem Erwerb des Wertpapiers. Damit ist das Urteil des BGH zum Sonderkündigungsrecht allenfalls noch für solche Kunden von Bedeutung, die schon geklagt haben und deren Gerichtsverfahren noch nicht abgeschlossen sind", so Bausch.

una/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BGH zu Lehman-Anleger: Bank muss Kunden Schadensersatz zahlen . In: Legal Tribune Online, 26.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13924/ (abgerufen am: 24.01.2021 )

Infos zum Zitiervorschlag
Das könnte Sie auch interessieren:
  • VG Düsseldorf bestätigt Rückforderung von Corona-Soforthilfe - Keine Hilfe für Künstler, der schon vor Corona pleite war
  • VW-Dieselgate - Über 25.000 Ein­zel­klagen mit Ver­g­leich beendet
  • LG München I zum Pferdesport - Eine Reit­be­tei­li­gung bein­haltet nicht auto­ma­tisch einen Haf­tungs­aus­schluss
  • EuGH zur Beschlagnahme in slowenischer Zentralbank - EZB-Doku­mente sind unver­letzt­lich, egal wo sie liegen
  • BVerfG zum Luftangriff bei Kundus - BGH-Ent­schei­dung hält, Amts­haf­tungs­an­sprüche aber grund­sätz­lich denkbar
  • Rechtsgebiete
    • Bank- und Kapitalmarktrecht
  • Themen
    • Anlageberatung
    • Banken
    • Bankenkrise
    • Insolvenz
    • Schadensersatz
  • Gerichte
    • Bundesgerichtshof (BGH)
TopJOBS
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) für den Pra­xis­be­reich Cor­po­ra­te / M&A

Dentons , Frank­furt am Main

Rechts­an­walt (w/m/d) Fi­nan­cial Mar­kets

Jones Day , Düs­sel­dorf

Rechts­an­wäl­te (m/w/d) Bank- und Fi­nanz­recht

Gleiss Lutz , Frank­furt am Main

Voll­ju­ris­ten / As­ses­so­ren (m/w/d)

Ministerium der Finanzen des Landes NRW , Düs­sel­dorf

Voll­ju­ris­ten / As­ses­so­ren (m/w/d)

Ministerium der Finanzen des Landes NRW , Aa­chen

Rechts­re­fe­ren­dar (m/w/di­vers) bei Le­gal and Com­p­li­an­ce / deut­sch­land­weit ...

Siemens , Mün­chen und 1 wei­te­re

As­so­cia­te Ban­k­auf­sichts­recht / M&A (m/w/d)

Latham & Watkins LLP , Frank­furt am Main

Ju­rist (m/w/d) mit fun­dier­ten Kennt­nis­sen im Fi­nanz­di­enst­leis­tungs­be­reich ...

sino AG , Düs­sel­dorf

Rechts­an­walt (w/m/d) Fi­nan­cial Mar­kets

Jones Day , Frank­furt am Main

Head of Le­gal (m/w/d)

LOVOO GmbH , Dres­den

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
Live auf einen Kaffee: Wie Sie einen Veränderungsprozess meistern

25.01.2021

Fachanwaltslehrgang Verkehrsrecht im Fernstudium/online

26.01.2021

Insolvenzrecht 2021

26.01.2021

Fortbildung Sozialrecht im Selbststudium/online

26.01.2021

§ 15 FAO: Möglichkeiten und Grenzen der Berichterstattung über individuelles Fehlverhalten

28.01.2021

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH