Der BGH hat ein Urteil gegen einen ehemaligen NPD-Politiker wegen Brandstiftung an einer Flüchtlingsunterkunft aufgehoben. Die Äußerungen eines Schöffen im Prozess hätten Zweifel an seiner Unbefangenheit begründet.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil gegen zwei Männer wegen Brandstiftung an einer als Flüchtlingsunterkunft eingeplanten Sporthalle im brandenburgischen Nauen aufgehoben. Dies wurde am Donnerstag bekannt (Beschl. v. 06.03.2018, Az. 3 StR 559/17). Der Prozess gegen die Männer, darunter der ehemalige NPD-Politiker Maik Schneider, muss nun am Landgericht (LG) Potsdam neu aufgerollt werden.
Der bekannte Neonazi Schneider war im ersten Prozess zu einer Gesamtstrafe von neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Während der Verlesung der schriftlichen Erklärung des Angeklagten am ersten Hauptverhandlungstag hatte ein Schöffe ihn gefragt, ob er tatsächlich den "Quatsch" glaube, den er "hier erzähle". Ein darauffolgendes Ablehnungsgesuch wies die Strafkammer als unzulässig zurück.
Dieser Ausspruch habe, anders als vom LG entschieden, ein Misstrauen des Angeklagten in die Unparteilichkeit des Schöffen gerechtfertigt, so der BGH. Zudem seien damit zwingend die Voraussetzungen für eine Ablehnung des Schöffen erfüllt: "Der Schöffe hat mit seiner Bemerkung deutlich gemacht, dass er der Einlassung des Angeklagten nicht nur nicht folgen werde, sondern sie für völlig unsinnig halte ('Quatsch')".
Strafmaß von Mitangeklagtem muss ebenfalls überprüft werden
Verteidiger Jens-Michael Knaak erklärte am Donnerstag gegenüber dem rbb, er werde nun versuchen, seinen Mandanten aus der Untersuchungshaft herauszubekommen. Er sitze mittlerweile seit zwei Jahren und vier Monaten ohne rechtskräftiges Urteil in Untersuchungshaft, sagte Knaak.
Er wolle nun aber erst sorgfältig prüfen, ob nach der Entscheidung des BGH ein neuer Haftprüfungstermin wirklich sinnvoll sei. "Wenn der neue Prozess relativ schnell im August/September anberaumt wird, könnte das auch nicht zielführend sein", so der Anwalt.
Der BGH hob in seiner Entscheidung auch das Urteil gegen einen Mitangeklagten Schneiders in Bezug auf das Strafmaß auf. Dieser war wegen der Brandstiftung und anderer Delikte zu einer Gesamtstrafe von sieben Jahren verurteilt worden. Wegen Ungereimtheiten bei der Bewertung einzelner Strafen müsse über diese Gesamtstrafe neu verhandelt und entschieden werden, so die BGH-Richter.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Schöffe als befangen eingeschätzt: . In: Legal Tribune Online, 21.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29301 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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