Wer seine Kanzlei gut vermarkten will, hat es nicht leicht. Viele Werbeagenturen kennen sich in der Anwaltswelt nicht aus, die Auswahl einer passenden Agentur ist schwierig. Liane Allmann und Pia Löffler sagen, worauf es ankommt.
Marketing-Experten und Business-Developer in deutschen Kanzleien stöhnen nicht selten laut auf, wenn es darum geht, sich eine neue Werbeagentur zu suchen. Denn die Auswahl der richtigen Agentur gestaltet sich für Kanzleien schwer. Einerseits, weil der Markt von Agenturen regelrecht überschwemmt wird. Anderseits, weil viele Agenturen mit der Beratung von Kanzleien schlichtweg überfordert sind.
Achtet man allerdings auf ein paar Dinge bei der Auswahl einer Werbeagentur, ist die Chance groß, dass "die Neue" am Ende des Tages wirklich zur Kanzlei passt.
Problem: Rechtsberatung als Produkt
Rechtsberatung als vertrauensbasierte Dienstleistung ist für viele Werbeagenturen als zu vermarktendes Produkt schwer greifbar. Gerade das bereitet vielen Werbeagenturen Schwierigkeiten. Das "Greifen" der Inhalte und daraus resultierend das Erarbeiten von Botschaften erfordert Feinsinn und den unbedingten Willen, sich in die Welt der Juristen – aber vor allem in die Welt der Mandanten – einzudenken.
Auf Kanzleiseite erfordert dieser Umstand, dass man den Blick länger auf den Angeboten der Werbeagenturen ruhen lassen sollte, um sich ganz genau zu überlegen, welches Ergebnis herauskommen soll und ob eine Agentur dieses Ergebnis liefern kann.
Wichtige Fragen vorab klären
Ob Sie sich für eine Agentur in der Nähe oder eine Agentur irgendwo in Deutschland entscheiden, ist eine Frage der eigenen Bedürfnisse: Benötigen Sie regelmäßigen persönlichen Kontakt und die Präsenz der Kreativen? Dann ist eine Marketingagentur vor Ort perfekt für Sie – vorausgesetzt, die kreative Leistung stimmt. Kommt es Ihnen weniger auf einen persönlichen Kontakt an, kann Ihre Agentur nahezu überall sitzen – dem Internet sei Dank!
Unser Tipp: In Deutschland sollte Ihre Agentur aber schon sitzen. Agenturen im Ausland werben häufig mit (vermeintlich) geringen Kosten und einer schnellen und flexiblen Umsetzung, gerade im Online-Bereich. Hier allerdings gestaltet sich der Transport des besonderen Wesens der juristischen Dienstleistung extrem problematisch. Nicht nur, dass es bei Textarbeiten z. B. oft zu Problemen bei der Umsetzung kommt oder das Website-Hosting auf einem nicht zuverlässigen Server läuft – es fehlt oft schlichtweg am Verständnis für das "Produkt". Auch relevante rechtliche Vorgaben können ausländische Agenturen selten einschätzen, geschweige denn einhalten.
Klären sollten Sie vorab auch die folgenden Fragen: Wen wollen wir als Kanzlei erreichen? Mit welchen "Produkten" wollen wir unsere Zielgruppe erreichen? Welches Image wollen wir transportieren? Aus diesen Grundsatzfragen lassen sich Kommunikationsziele ableiten, die später die gesamte Breite der externen Kommunikation der Kanzlei prägen (sollten). Nur wer seine Kommunikationsziele kennt, weiß, was eine Werbeagentur später kommunizieren soll.
Erstes Treffen: Stimmt die Chemie?
Kanzleien sollten, bevor sie Zeit und Kosten für ein Agenturen-Casting aufwenden, verschiedene Agenturen online ansehen und checken. Wie ist der erste Eindruck der Agentur online: sachlich, flippig oder technisch inhaltsorientiert? Macht die Agentur reale Referenzen öffentlich? Wie wird die Agentur im Internet bewertet, z. B. bei Google oder Kununu?
Haben Sie sich nach diesem "Check" entschieden mit einer Agentur Kontakt aufzunehmen, achten Sie auf den Ton bei ersten Kontakten per E-Mail bzw. Telefon. Der Ton muss stimmen – Sie müssen sich wohl und seriös angesprochen fühlen – denn immerhin wird die Agentur Ihre Kanzleikommunikation prägen. Und Anwaltskommunikation ist anders als Kommunikation im Zusammenhang mit Trend-Turnschuhen.
Haben Sie die Agentur im nächsten Schritt bei einem ersten Treffen persönlich kennenglernt, fragen Sie sich: Stimmt die Chemie? War das Kennenlernen harmonisch? Fühlen Sie sich verstanden? Sind Sie begeistert? Oder redeten Beteiligte an Ihnen vorbei und verursachten das Gefühl, lediglich heiße Luft zu verkaufen?
Ist Letzteres der Fall, scheuen Sie sich nicht, die mögliche Zusammenarbeit abzubrechen. Andernfalls verschwenden Sie Zeit und Geld und riskieren, mit Ihrer Kanzleikommunikation Schiffbruch zu erleiden!
2/2 Wie wichtig ist Branchenerfahrung?
Auch wenn es nicht zwingend ist: Fragen Sie in einem Gespräch nach Branchenerfahrung der Agentur und durchaus nach der Größe der Kanzlei, die beraten wurde: Eine Drei-Mann-Kanzlei in Coburg hat einen anderen Anspruch und Bedarf als eine Wirtschaftsboutique in München oder eine Großkanzlei! Eine gute Agentur antwortet offen und ehrlich und steht dazu, ggf. noch keine Kanzlei oder keine Kanzlei Ihres Formats betreut zu haben. Und gegebenenfalls ist eine Agentur ohne Branchenerfahrung für Sie genau richtig, weil Sie Ihr "Produkt" unter neuen Blickwinkeln sehen kann.
Gerade beim ersten Zusammentreffen, sei es ein Gespräch, Strategie-Meeting oder Workshop, können Sie an folgenden Faktoren feststellen, ob Sie bei dieser Werbeagentur bzw. Kanzleimarketingagentur richtig sind:
Eine sehr gute Agentur beschäftigt sich von sich aus mit Ihrer Zielgruppe, also den Mandanten. Wo ist diese zu erreichen und wie muss die Ansprache erfolgen? Bereits beim ersten Orientierungsgespräch wird eine sehr gute Agentur sich auf Ihr Wording einstellen – das bedeutet, dass Sie spüren werden, dass man sich mit Ihnen als Anwalt und mit der Kanzlei befasst hat. Eine gute Agentur ist mit Herzblut bei der Sache, identifiziert sich mit der Aufgabe und ist dankbar für persönliche Herausforderungen. Sie vertritt eigene Standpunkte, gibt Empfehlungen, respektiert jedoch zu jeder Zeit die Wünsche der Kanzlei.
Eine gute Agentur besteht außerdem auf ein ausführliches Briefing und stellt viele Fragen – ggfs. schriftlich. Sie muss daran interessiert sein, zu verstehen, wie Ihre Kanzlei tickt, welches Image Sie transportieren wollen, und sie will Ihr individuelles Beratungsangebot (und natürlich auch die Mandantenzielgruppe) möglichst gut verstehen.
Die wichtigsten Auswahlkriterien
Seien Sie kritisch! Eine gute Agentur verspricht Ihnen nicht das Blaue vom Himmel herunter, z. B. keine unrealistischen Platzierungsversprechen bei Google!
Lassen Sie sich Projektabläufe vor Vertragsschluss skizzieren und in etwa terminieren! So ist die Wahrscheinlichkeit der schnellen Realisation größer.
Lassen Sie sich die Kosten genau aufstellen! Kostentransparenz ist eine wesentliche Grundlage von Kundenzufriedenheit und ein erfolgreiches Miteinander. Bedenken Sie dabei: Gute Arbeit kostet Geld, weil man sich dann Zeit nehmen kann, sich auf Ihre Kanzlei individuell einzulassen. Billig kostet oft mehr – nur später.
Ohne ein ausführliches Gespräch und ggfs. ein persönliches Kennenlernen kann Ihnen eine Agentur kein "passendes" Angebot erstellen. Wer den Bedarf nicht kennt, kann ihn nicht fair einschätzen.
Pauschalangebote ohne Rücksicht auf Ihre individuelle Situation und Ihren Bedarf sind unseriös.
Eine Werbeagentur wird in der Zeit der Zusammenarbeit Ihr Partner sein. Entsprechend viel Achtsamkeit sollten Sie in die Auswahl investieren. Persönliche Kontakte von Kanzlei-Mitgliedern zu Werbeagenturen können hilfreich, aber auch extrem störend sein. Orientieren Sie sich in erster Linie am Leistungsportfolio der Werbeagentur und ob das Angebot zu Ihren Anforderungen passt. Fragen Sie sich, ob Sie sich auf eine Zusammenarbeit freuen, ob Sie überzeugt sind, von Arbeiten, die Sie gesehen haben und ob Sympathie da ist. Machen Sie keine (faulen) Kompromisse und achten Sie auf Ihren Flow!
Die Autorinnen:
Liane Allmann ist Inhaberin von Kitty & Cie., Strategische Kommunikationsberatung & Vertriebsmanagement für Anwälte.
Pia Löffler ist Rechtsanwältin und Inhaberin der Agentur anwaltstexte.com. Sie berät und unterstützt Rechtsanwälte in Marketingfragen, v.a. im Bereich Onlinemarketing, und verfasst Texte für Websites, Broschüren etc.
Liane Allmann und Pia Löffler, Kanzlei-Werbung: So finden Sie die perfekte Marketing-Agentur . In: Legal Tribune Online, 09.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21413/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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