"1. FC Köln schmeißt Teammanger wegen Impfverweigerung raus" heißt es in aktuellen Presseberichten. Wirklich eine Kündigung wegen fehlender Impfung? Die tatsächlichen und rechtlichen Hintergründe sind andere, berichtet Benjamin Keck.
Der gesellschaftliche und politische Druck auf Menschen, die sich nicht gegen SARS-CoV-2 impfen lassen möchten, nimmt zu. Ab dem 15. März 2022 gilt eine sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflege- und Gesundheitspersonal, bereits im Januar wird der Bundestag erstmals über eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht debattieren.
Nun hat eine Personalangelegenheit des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln für Aufsehen gesorgt. Die Domstädter haben sich von ihrem bereits vorab freigestellten Mitarbeiter Denis Lapaczinski getrennt, der die Aktivitäten der ersten Herrenfußballmannschaft organisierte.
Ausschlaggebend für die Trennung soll die Einstellung des Mitarbeiters zur Corona-Impfung gewesen sein. Die Sichtweise von Lapaczinski soll nach Presseberichten mit den Werten des Klubs nicht in Einklang stehen.
Kein "Rausschmiss"
Als Teammanager war der gebürtige Reutlinger nah an der Mannschaft dran. Das Aufgabenfeld eines Teammanagers reicht von der Reise-, Spieltags- und Trainings(lager)organisation bis hin zur Betreuung der Spieler in Angelegenheiten wie Wohnungs-, Melde- und Familienfragen. Vor dem Hintergrund dieser sensiblen Position und der Vielzahl an clubinternen Kontakten, ist es dem ersten Anschein nach verständlich, dass der Verein seine Mitarbeiter:innen schützen wollte und Lapaczinski entlassen hat. Mit der Realität hat das jedoch wenig zu tun.
Zum einen: Lapaczinski soll in den vergangenen Wochen selbst an Corona erkrankt gewesen sein und damit (bald) als genesen gelten. Darum, Schaden vom Verein abzuwenden, kann es also zumindest nicht akut gehen und die wahren Hintergründe der Trennung werden nur die Beteiligten kennen. Zum anderen: Der Boulevard titelt zwar "Rausschmiss" und "Entlassung" und der FC lässt dies – womöglich bewusst – unkommentiert, weil es sich gut liest. Doch nach LTO-Hintergrundinformationen ist Lapaczinski weiterhin nur freigestellt. Eine Kündigung wurde nicht ausgesprochen.
Vielmehr bemüht sich der Club um eine einvernehmliche Lösung, die sich Lapaczinski sicherlich entsprechend vergüten lassen will. So soll der ehemalige Profi (u.a. SSV Reutlingen 05, Hertha BSC; TSG Hoffenheim) eine Abfindungszahlung als Ausgleich für die Aufgabe des Arbeitsverhältnisses erhalten. Für beide Seiten eine interessante Lösung: Der FC kann öffentlich mit seiner "klaren Haltung" punkten und zudem bereits ab sofort den Wunschnachfolger auf der Position des Teammanagers präsentieren. Marius Laux, Urgestein und Kapitän des U21-Teams, hatte erst vor wenigen Tagen seine aktive Laufbahn beendet und soll nun die frei gewordene Position übernehmen. Und Lapaczinski versüßt sich den Abschied aus Köln, wo der Vertraute des ehemaligen Geschäftsführers Armin Veh zuletzt ohnehin einen schweren Stand und keine Zukunft hatte.
Impfstatus kein geeignetes Kriterium für Entlassung
Der Fall Lapaczinski taugt also nicht als Blaupause für Unternehmen, die sich jetzt schnellschussartig von nicht immunisierten Mitarbeitenden trennen wollen, auch wenn die aktuelle Presseberichterstattung diesen Eindruck vermittelt. Die Frage, ob eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer sich impfen lässt, ist die persönliche Entscheidung jedes einzelnen. Wo eine gesetzliche Impfpflicht nicht besteht, kann der Arbeitgeber schlicht und ergreifend eine Kündigung auch nicht mit einer fehlenden Impfung rechtfertigen.
Auch eine Impfpflicht qua arbeitsvertraglicher Weisung wäre nach derzeitigem Stand nicht möglich. Eine solche Weisung des Arbeitgebers muss billigem Ermessen entsprechen. Sonderregelungen im Bereich des Profisports gelten nicht. Zwar wird in einem "durchgeimpften" Team aus Mannschaft und Betreuerstab eine Infektions- und Quarantänegefahr vermindert sein, so dass jeder Impfverweigerer im Hinblick auf den eng getakteten Spielplan der Bundesliga ein vor allem wirtschaftliches Risiko und Ärgernis darstellt – die Gefahr von schweren Krankheitsverläufen innerhalb eines strukturell jungen und eher gesunden Teams dürfte hingegen recht gering sein; auch die Letalitätsrate in diesem Umfeld wird sehr deutlich unterhalb der derzeitigen Letalitätsräte von 1,91 liegen. Die gebotene Interessenabwägung zwischen den vordergründig wirtschaftlichen Interessen des Vereins auf Sicherstellung des Spielbetriebs und dem Recht des Mitarbeiters auf körperliche Unversehrtheit und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung würde hier jedoch sicherlich zu Lasten des Arbeitgebers gehen.
Faktisch wird sich der 1. FC Köln dann letztlich im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter schlicht aus einer unerwünschten Situation durch Zahlung einer Abfindung herauskaufen. Arbeitsrechtliche Handlungsoptionen in Richtung Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen fehlender Impfung hat der Bundesligist nicht.
Stellenausschreibung: "m/w/d – und geimpft!"?
Es stellt sich im Folgenden die Frage, ob der Verein zumindest die Gefahr weiterer gleich gelagerter Fälle dadurch vermeiden kann, dass er bei Neueinstellungen nur noch geimpfte Personen berücksichtigt. Auch das wäre indes problematisch.
Im Bereich des Arbeitslebens gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Der Diskriminierungsschutz nach dem AGG greift, wenn Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden. Der Impfstatus als solcher ist an sich keine vom Gesetz geschützte Eigenschaft. Wer sich aus persönlichen, politischen oder ideologischen Gründen nicht impfen lassen will, weil er zum Beispiel die Wirksamkeit anzweifelt, Impfungen generell ablehnt oder den Impfstoffherstellern kein Vertrauen schenkt, kann sich auch nicht unter Hinweis auf den Schutz der Weltanschauung auf das AGG berufen. Unter den Begriff der Weltanschauung fallen Einstellungen zum Weltganzen. Lebensregeln oder Einstellungen zu Teilfragen genügen nicht.
Anders sieht das mit dem Schutz für Beschäftigte aus, die aus medizinischen Gründen, beispielsweise wegen einer Behinderung, einer chronischen Krankheit nicht geimpft werden können.* In solchen Fällen würde eine Stellenausschreibung und eine Einstellungspraxis, die sich ausdrücklich nur an geimpfte Personen richtet, schwangere Frauen sowie behinderte Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht gegen das Coronavirus impfen lassen können, ausgrenzen.
Dem Anschein nach ein neutrales Kriterium – der Impfstatus – schließt also eine spezifische Gruppe aus. Es liegt dann eine mittelbare Benachteiligung vor – es sei denn, das Kriterium des Impfstatus ist im Einzelfall durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Insgesamt "dünnes Eis", auf das sich der Verein dann begeben würde.
Benjamin Keck, LL. M., ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in der u.a. im Sportrecht beratenden Sozietät Steinrücke . Sausen.
* An dieser Stelle wurde der Text wegen einer missverständlichen Formulierung am 05.01.22 gekürzt.
1. FC Köln trennt sich von Denis Lapaczinski: . In: Legal Tribune Online, 29.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47083 (abgerufen am: 04.10.2024 )
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