Nicht nur für The European schrieb Heinrich Schmitz politische Kolumnen. Bis seine Familie bedroht wurde – viel massiver, als er es schon aus seinem Job als Strafverteidiger kannte. Fragen an einen, der öffentlich aufgab.
LTO: Herr Schmitz, Ihre Tätigkeit als politischer Blogger geben Sie auf. Warum?
Schmitz: Wie ich bereits in meiner "Kapitulationserklärung" im Tagesspiegel erläutert habe, habe ich in meinen Kolumnen auf diversen Plattformen häufig außer rechtlichen auch politische Missstände benannt und zum Teil heftige Kritik geübt. Sicherlich waren meine Äußerungen dabei manchmal für den einen oder anderen durchaus unangenehm, aber immer im Rahmen des Erlaubten. Unter anderem hat man mich dafür schon als Kopf einer antifaschistischen Terrorzelle bezeichnet, die Anschläge plant. Der letzte Akt aber war von völlig anderer Qualität: Jemand rief unter meinem Namen bei der Polizei an und meldete, ich hätte meine eigene Frau umgebracht, die Leiche befände sich in unserer Wohnung. Der anonyme Anrufer kannte auch meine Privatadresse, so dass es tatsächlich zu einem Polizeieinsatz in unserem Haus kam.
Alles deutet darauf hin, dass der Unbekannte zur rechten Szene gehört. Anlass werden mein Engagement und der Beitrag für die Aktion Heime ohne Hass gegeben haben. Das hat mir jedenfalls so sehr zu denken gegeben, dass ich schließlich zu dem Entschluss gekommen, zum Schutz meiner Familie die Finger vom politischen Bloggen zu lassen.
"Auch als Strafverteidiger schon massiv bedroht worden"
LTO: Laut Ihrer Erklärung beschränkt sich Ihre "Kapitulation" auf Texte zu politischen Themen, über das Recht wollen Sie weiter schreiben. Recht und Politik sind sehr eng miteinander verstrickt: Wie wollen Sie da klar trennen?
Schmitz: Das weiß ich noch nicht. Es wird mir aber gelingen.
LTO: In Amerika ist dieses sogenannte Swatting, also ein vorgetäuschter Hilferuf, um einen Polizeieinsatz in den Räumlichkeiten des Opfers zu provozieren, schon beinahe ein Trend geworden. Wie bewerten Sie als Anwalt diese neue Art von Drohung?
Schmitz: Es handelt sich um einen sehr perfiden Eingriff in die Privatsphäre der Opfer, die von den aktuellen Strafgesetzen nicht angemessen erfasst wird. Es liegt ja weder einen Nötigung noch eine Drohung vor. Und wenn man es richtig macht, nicht einmal ein Missbrauch von Notrufen. Ob man nun von Stalking oder Vortäuschen einer Straftat ausgeht, beides erfasst nicht die tiefe psychische Verletzung, die von so einer Tat ausgeht.
LTO: Ihren Job als Strafverteidiger wollen Sie weiter machen. Lässt das den Schluss zu, dass Sie im Rahmen dieser Tätigkeit noch nie derart massiv bedroht worden sind wie Sie es aufgrund Ihrer politischen Blogeinträge wurden?
Schmitz: Wie jeder Strafverteidiger wurde ich wegen meiner Tätigkeit schon unzählige Male bedroht. Insbesondere in Verfahren gegen Sexualstraftäter kommt so etwas immer wieder vor. Das richtete sich aber nur in einem Fall unmittelbar gegen meine Familie. Und da wurde der mir bekannte Täter nach einer Woche festgenommen und verbrachte längere Zeit außerhalb der Öffentlichkeit.
Pia Lorenz und Marcel Schneider, Ein Anwalt kapituliert: . In: Legal Tribune Online, 12.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16588 (abgerufen am: 12.12.2024 )
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