Ein Vergleichsportal muss seine Rolle als Makler offenlegen, entschied das LG München. Außerdem in der Presseschau: Generalanwältin Sharpston setzt sich für Kopftuchträgerinnen ein und ein Berliner Versäumnisurteil im Streit um Hausräumung.
Thema des Tages
LG München zu Check 24: Das Landgericht München verlangt vom führenden deutschen Vergleichsportal Check 24, seine Rolle als Makler deutlich herauszustreichen. Die Kunden müssten sofort erfahren, dass Check 24 bei jedem Abschluss eines Versicherungsvertrags über diese Seite eine Provision erhalte. Bisher müsse der Kunde nach dieser Information suchen und einen Button "Erstinformation" am Fuß der Seite anklicken. Geklagt hatte der Bundesverband deutscher Versicherungskaufleute, der Check 24 unlauteren Wettbewerb vorwarf. Es berichten die Welt (Karsten Seibel) und das Hbl (Susanne Schier).
Rechtspolitik
Asylverfahren: Die EU-Kommission hat den Vorschlag einer EU-Verordnung zum Asylverfahren vorgelegt. Bisher gab es nur Mindeststandards in Form einer EU-Richtlinie. Künftig sollen Verfahren in kürzeren Fristen beendet werden. Flüchtlinge, die falsche Angaben machen oder nicht kooperieren, sollen sanktioniert werden. Während des gesamten Verfahrens soll kostenloser Rechtsbeistand gewährt werden. Die SZ (Thomas Kirchner) schildert den Vorschlag.
Stalking: Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf für eine Verschärfung des Stalking-Paragraphen im Strafgesetzbuch beschlossen. Künftig soll es genügen, dass das Verhalten des Täters "geeignet" ist, das Leben des Opfers schwerwiegend zu beeinträchtigen. Auf einen Erfolg kommt es nicht mehr an. Mit Skepsis berichtet der Tsp (Jost Müller-Neuhof). Ronen Steinke (SZ) hält den Gesetzentwurf sogar für rechtsstaatswidrig, weil zu unbestimmt.
Vermögensabschöpfung: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Vermögensabschöpfung vereinfachen und effizienter machen soll, meldet das Hbl (Heike Anger). Unter anderem soll Vermögen künftig auch dann eingezogen werden können, wenn die Straftat, aus der es stammt, nicht nachgewiesen werden kann, aber kein vernünftiger Zweifel besteht, dass das Vermögen kriminell erzielt wurde.
Bundeswehr im Inland: Nach Auffassung von Innen- und Verteidigungsministerium ist für Einsätze der Bundeswehr nach schweren Terror-Anschlägen keine gesetzliche Regelung erforderlich. Setzt sich diese Rechtsauffassung durch, könnte die SPD solche von ihr abgelehnten Einsätze nicht verhindern, analysiert die taz (Christian Rath).
Justiz
EuGH - Kopftuch: Die EuGH-Generalanwältin Eleanor Sharpston hat empfohlen, die Kündigung einer Kopftuch-tragenden Software-Designerin als unzulässige Diskriminierung einzustufen. Der EuGH steht vor einer Grundsatzentscheidung über die Zulässigkeit religiöser Kleidungsstücke in Privatunternehmen. Es berichten unter anderem die SZ (Wolfgang Janisch), die taz (Christian Rath) sowie die Anwältin Sabrina Fasholz auf lto.de. Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) freut sich über Sharpstons Schlussanträge.
BVerfG - Tarifeinheit: Zwei von mehreren Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz über die Tarifeinheit hat das Bundesverfassungsgericht jetzt nicht zur Entscheidung angenommen. Der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft und der Neuen Assekuranz-Gewerkschaft fehle die Beschwerdebefugnis, meldet die FAZ (Hendrik Wieduwilt). Über die anderen Klagen soll bis Ende des Jahres entschieden werden.
BAG zu Schein-Werkverträgen: Der Abschluss eines Schein-Werkvertrags (verdeckte Arbeitnehmerüberlassung) führt nicht dazu, dass ein Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers mit dem Unternehmen entsteht, bei dem er arbeitet, so das Bundesarbeitsgericht. Eine solche Regelung ist seitens der Bundesregierung aber in der Novelle zur Leiharbeit geplant. Es analysieren die Anwältin Anja Mengel auf lto.de sowie die Anwälte Kira Falter und Alexander Bissels auf dem Handelsblatt-Rechtsboard.
BAG zur Personalakten-Einsicht: Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch, zur Einsicht in seine eigene Personalakte einen Rechtsanwalt mitzubringen - solange er sich aus der Akte Kopien anfertigen darf. Das entsprechende Urteil des Bundesarbeitsgerichts schildert Anwältin Marijke van der Most auf lto.de.
BGH zur Kündigung von Mietern: Ein Vermieter muss Mietern mit Mietrückständen nicht binnen angemessener Zeit fristlos kündigen, sondern kann dies auch noch Monate später tun. Der Bundesgerichtshof hält § 314 III BGB im Mietrecht nicht für anwendbar, erläutert Anwalt Dominik Schüller auf lto.de.
LG Berlin zur Rigaer Straße: Die teilweise Räumung eines Wohnprojekts in der Rigaer Straße (Berlin) war rechtswidrig, entschied jetzt das Landgericht Berlin. Der Eigentümer hatte dem Gericht keinen Räumungstitel vorgelegt und war auch nicht zur Verhandlung erschienen, meldet lto.de. Die Welt (Alan Posener) macht für das Versäumnisurteil Drohungen von Autonomen gegen den Anwalt des Eigentümers verantwortlich.
LG Saarbrücken zu Hasskommentar: Die taz (Martin Reeh) berichtet über ein Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom März. Danach durfte die taz den vermeintlichen Autor eines Hasskommentars nicht mit vollem Namen in der Zeitung bloßstellen. Der Mann hatte argumentiert, sein Account sei gehackt worden. Die taz hat Berufung eingelegt.
OLG Düsseldorf zu Tengelmann/Edeka: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat das Oberlandesgericht Düsseldorf wegen seines Urteils vom Dienstag kritisiert. Der Vorwurf der Befangenheit bei der Ministererlaubnis zur Übernahme von Tengelmann durch Edeka habe auf falschen Tatsachen beruht. Seine Gespräche mit Edeka seien "üblich, möglich und zulässig" gewesen. Außerdem sei es nicht nachvollziehbar, dass der Erhalt von Arbeitsplätzen nicht im Interesse des Gemeinwohls stehen soll. Es berichtet das Hbl (Dana Heide u.a.).
OLG München - NSU: Über die Vernehmung des NPD-Politiker David Petereit berichtet spiegel.de (Wiebke Ramm). Der NSU soll ihm 2002 Geld gespendet haben, worauf er sich in einem Fanzine bedankt habe. Petereit sagt, er könne sich nicht erinnern. Wie die SZ meldet, hat das Oberlandesgericht München inzwischen "vorsorglich" neue Sitzungstermine bis September 2017 anberaumt.
LG Lüneburg - "Diebe im Gesetz": Die Zeit (Stefan Willeke) schildert ausführlich einen Strafprozess, der bereits set Anfang 2015 am Landgericht Lüneburg gegen sechs Mitglieder der kriminellen georgischen Vereinigung "Diebe im Gesetz" geführt wird.
LG Bochum - Werner Mauss: Der Agent Werner Mauss wurde am Landgericht Bochum wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Nach Recherchen der SZ (Hans Leyendecker/Georg Mascolo) geht es um rund 15 Millionen Euro.
LG Berlin - falscher Arzt: Am Landgericht Berlin muss sich der Krankenpfleger Denny H. unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Er hatte sich jahrelang als Anästhesie-Arzt ausgegeben und dabei auch auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet. Die SZ (Thomas Schmoll) schildert den Fall.
StA Oldenburg - Niels H.: Die SZ (Annette Ramelsberger) schildert auf ihrer Seite 3 eindringlich, wie die Staatsanwaltschaft Oldenburg bei der Aufklärung der Morde durch den Krankenpfleger Niels H. versagte. "Es hat ein Massenmord stattgefunden. Nur wollte es keiner wissen."
Di Fabio zu den Silvester-Übergriffen: Die Zeit (Heinrich Wefing) fragt, ob die geringe Aufklärung der Silvester-Übergriffe Ausdruck eines "Kontrollverlusts des Staates" sei. Ex-Verfassungsrichter Udo di Fabio bleibt im Interview gelassen. Angesichts der schwierigen Bedingungen könne er keinen Justizskandal erkennen.
Recht in der Welt
Polen - Verfassungsgericht: In Polen ist ein neues Gesetz geplant, das die Rechte des polinischen Verfassungsgerichts beschränkt. Es soll das erste derartige Gesetz ersetzen, ist in der Wirkung aber ähnlich. Derzeit prüft es die Venedig-Kommission des Europarats, berichtet die SZ (Florian Hassel).
USA - Bader Ginsberg: Die SZ (Hubert Wetzel) portraitiert die US Supreme Court-Richterin Ruth Bader Ginsberg. Anlass sind Interviews von Bader Ginsberg, in denen sie vehement vor Donald Trump warnt.
GB - EU-Bürger: Der Dozent Paolo Sandro schreibt in englischer Sprache auf dem Verfassungsblog über die 2,9 Mio. EU-Ausländer, die in Großbritannen leben. Das britische Unterhaus wollte ihnen Sicherheit versprechen, die Regierung sei aber uneindeutig geblieben.
USA - ungeklärter Maler: Der Eigentümer eines Bildes hat den bekannten Maler Peter Doig in Illinois auf fünf Millionen Dollar Schadensersatz verklagt, weil er nicht zugibt, der Urheber dieses Bildes zu sein. Im Interview mit der Zeit (Stefan Koldehoff) erklärt Doig, dass er das Bild wirklich nicht gemalt hat.
Sonstiges
Abschiebungen und Atteste: Die FAZ (Eckart Lohse/Julian Staib) schildert ausführlich die Diskussion um die Frage, ob Ärzte oft zu Unrecht Migranten durch Atteste vor Abschiebungen bewahren. Manches spreche dagegen, manches dafür.
Das Letzte zum Schluss
Merkel, Malta und die Reichsbürger: spiegel.de beschreibt,wie so genannte Reichsbürger deutsche Politiker - darunter Kanzlerin Merkel - in ein amerikanisches Schuldenregister eingetragen haben und die angeblichen Forderungen dann an ein Inkasso-Unternehmen auf Malta abtraten. "Die Betroffenen aus Deutschland müssen dann persönlich vor Gericht auf Malta erscheinen, um sich dagegen zur Wehr zu setzen. Tun sie das nicht, droht ihnen im schlimmsten Fall in Deutschland die Vollstreckung." Auf Betreiben der Bundesregierung sei der Eintrag Merkels in das Register aber wieder gelöscht worden.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 14. Juli 2016: Check 24 ist ein Makler / Kopftücher in Privatunternehmen / LG Berlin zur Rigaer Straße . In: Legal Tribune Online, 14.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19998/ (abgerufen am: 05.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag