Anwälten ist ihr Einzelbüro heilig, auf flexible Arbeitskonzepte mit Großraumbüros und Wechselarbeitsplätzen wollen sie sich nicht einlassen. Das ergab die Umfrage eines Designbüros.
Die Innenarchitektur von Kanzleien folgt bekanntlich eigenen Regeln: Der Empfang und die Besprechungsräume machen ordentlich was her. Großzügige Räume, edle Kunst an den Wänden, hochglänzende Oberflächen, Einrichtung vom Feinsten – man will Mandanten beeindrucken. Dass die Anwälte indes mit ihren Aktenstapeln in teils winzigen Einzelbüros hocken, sehen die meisten Besucher nicht.
Während in anderen Branchen diese klassische Aufteilung längst ausgedient hat und Einzelbüros den – durchaus umstrittenen - Großraumbüros gewichen sind, scheinen sich Juristen hartnäckig gegen Veränderungen zu sträuben. Zwar gibt es hierzulande durchaus Versuche mit neuen Arbeitsweisen – etwa sitzen bei Latham & Watkins in Frankfurt einige Associates in einem "Open Space" -, doch das dürfte die Ausnahme bleiben. Die meisten anderen Kanzleien, die ihre Räume umgestalten oder in neue Gebäude (um-)ziehen, halten an den Einzelbüros für ihre Anwälte fest.
Auch eine kleine Umfrage des Berliner Designbüros Iondesign legt nahe, dass in hiesigen Rechtsanwaltskanzleien wenig Experimentierfreude herrscht, was die Innengestaltung betrifft. Iondesign betreut unter anderem Kanzleien bei der Gestaltung ihrer Räume.
Die Umfrage lief vom Dezember 2018 bis April 2019 und sollte untersuchen, wie die Arbeitsgegebenheiten von Anwälten momentan aussehen und ob sie sich ändern. Knapp 50 Personen nahmen teil, darunter 58 Prozent, die ihren Status mit "Equity- bzw. Senior-Partner" angegeben haben. Die Antworten kamen überwiegend aus kleinen Kanzleien mit bis zu fünf Mitarbeitenden (40 Prozent der Teilnehmer) und aus Kanzleien mit mehr als 20 Mitarbeitenden (35 Prozent).
Fast alle arbeiten im Einzelbüro – und wollen dort auch bleiben
Die Teilnehmer sagten wenig Überraschendes. So gaben 90 Prozent an, dass in ihrer Kanzlei in Einzelbüros gearbeitet werde. Dies treffe vor allem auf kleine Einheiten zu, heißt es in der Auswertung der Umfrage. In mittleren und großen Sozietäten würden die Anwälte häufiger auch in Doppelbüros und Büros für drei bis sechs Personen sitzen. Nur knapp fünf Prozent der Befragten gaben an, in einem Großraumbüro zu arbeiten.
An dieser Arbeitsweise wollen die Umfrageteilnehmer auch wenig ändern. Gefragt wurde, ob die Anwälte sich vorstellen könnten, ihre Tätigkeiten in verschiedenen Räumen auszuführen. Das könnte etwa bedeuten, dass Teamarbeit in einem Gruppenraum stattfindet, informelle Meetings in einer Lounge abgehalten werden oder dass in einer "Kommunikationszelle" telefoniert wird. Die meisten Befragten lehnen das ab: Fast zwei Drittel sagen, dass sie das nicht möchten. Lediglich 28 Prozent könnten es sich zumindest vorstellen.
Eine klare Absage erteilten die Befragten vor allem wechselnden Arbeitsplätzen, sogenannten Flying Desks: 93 Prozent äußerten, ein eigener Schreibtisch sei wichtig oder sehr wichtig für sie. "Die Bedeutung eines eigenen Schreibtisches unter den Befragten ist unbestreitbar", resümieren denn auch die Initiatoren der Umfrage.
Große Konferenzräume stehen meistens leer
Ein paradoxes Ergebnis zeigt die Umfrage in Bezug auf die Besprechungsräume. Vor allem größere Kanzleien leisten sich demnach geräumige Konferenzräume - allerdings sind diese offenbar fast nie voll ausgelastet. Denn am häufigsten gibt es in den Sozietäten den Umfrageergebnissen zufolge kleine Besprechungen mit bis zu vier Teilnehmenden. Allerdings haben die Kanzleien dafür so gut wie keine passenden Räume.
"Häufig scheint es von größerer Bedeutung zu sein, mit der Einrichtung auf Mandanten und Geschäftspartner Eindruck zu machen, als die Einrichtung auf die individuellen Bedürfnisse des Kanzleiteams abzustimmen", folgern die Initiatoren der Umfrage. Denn die Befragten sagten zudem aus, relativ häufig externe Besucher wie Mandanten und Geschäftspartner in ihrer Kanzlei zu empfangen. Dabei sind eine hochwertige und ästhetische Einrichtung, das Raumklima und die Akustik nach Ansicht der Umfrageteilnehmer durchaus wichtig.
Die Rangfolge ist hier überraschend eindeutig: Eindruck machen will man vor allem auf Mandanten, Geschäftspartner und Besucher - und nicht etwa auf die eigenen Mitarbeitenden.
Anwälte und ihre Büros: . In: Legal Tribune Online, 28.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38955 (abgerufen am: 10.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag