Erstes YoungLawyersCamp in Berlin

"Beim Start von etwas ganz Großem dabei"

von Dr. Franziska KringLesedauer: 6 Minuten

"Ein regelmäßiges Klassentreffen" will Mitorganisatorin Şölen İzmirli etablieren – und der Anfang ist gemacht. Beim ersten YoungLawyersCamp ging es um Themen wie Finanzplanung bei der Kanzleigründung, Social Media und Mitarbeiterführung.

"Ich kann nur an Euch appellieren, dass ihr es besser macht, als es vorher gemacht wurde", sagt René Kurtkowiak, M.Sc., u.a. Wirtschaftspsychologe, Betriebswirt, Rechtsfachwirt und Leiter der Kundenberatung Deutschland der RA-MICRO Software AG, die das erste YoungLawyersCamp (YLC) des Forums Junge Anwaltschaft (FJA) mitveranstaltet hat. "Besser machen" sollen die 55 Teilnehmenden den Umgang mit den Rechtsanwaltsfachangestellten (ReFa).

Vom 13. bis 15 Oktober 2022 haben sich junge Anwältinnen und Anwälte in Berlin getroffen – mit eigener Kanzlei oder angestellt, Berufsanfänger oder schon länger im Job.

Bereits im ersten Vortrag "Entlastung durch die richtigen Fachkräften – wie Du diese findest und führen kannst" thematisierte Kurtkowiak ein gravierendes Problem: Den Mangel an Rechtsanwaltsfachangestellten – und was man dagegen tun kann.

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"Mit kleinen Gesten den Mitarbeitern Wertschätzung zeigen"

Vor seinem Studium der Wirtschaftspsychologie hat er eine Ausbildung zum ReFa sowie eine Weiterbildung zum Rechtsfachwirt gemacht, hat dann aber umgesattelt und ist nunmehr bei dem Software-Unternehmen tätig. Das passt auch zur Ausbildungsstatistik: Nach Angaben der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) entschieden sich im Jahr 2001 noch 5.766 Menschen für die Ausbildung – im Jahr 2021 waren es nur noch 2.570 neue Ausbildungsverträge für angehende ReFas – ein Rückgang um rund 47 Prozent.

Woran das liegt? Unter anderem an teilweise unterirdischer Bezahlung, schlechten Arbeitsbedingungen und cholerischen Chefs, so das Fazit Kurtkowiaks und der Teilnehmenden am YLC.

Dabei kann es eigentlich so einfach sein – es beginne bei der Wertschätzung: "Es sind die kleinen Gesten, die zeigen, dass man Mitarbeiter wertschätzt, z.B. ein Post-It auf den Schreibtisch zu legen mit einer kleinen Nachricht, dass er die Aufgabe gut gemacht hat", sagt Christin Godglück, Rechtsanwältin aus Lüneburg und Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses des FJA.

Viele haben eine Kanzlei gegründet – wenige mit einem Businessplan

Im nächsten Vortrag ging es um Themen, die bei vielen Jurist:innen wohl eher unbeliebt sind: Finanz- und Liquiditätsplanung bei der Kanzleigründung. René Kurtkowiak und Maximilian Krämer, Partner bei der auf Steuerrecht und Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei DNK Dinkgraeve Norstedt Krämer in München, Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses des FJA und Mitorganisator des YLC. Die Frage, wer denn eine Kanzlei gegründet habe, bejahten viele. Als Kurtkowiak dann wissen wollte, wer dafür einen Businessplan geschrieben hat, ging ein Raunen durch den Raum und nur vier Hände bewegten sich zaghaft in die Luft.  

Denjenigen mit dem Business-Plan war vor allem Sicherheit über die geplanten Einnahmen und Ausgaben wichtig – und natürlich der Gründungszuschuss der Arbeitsagentur nach § 93 SGB III.

Insbesondere für die eigene Orientierung lohne sich ein Business-Plan an, so Kurtkowiak: In welchen Rechtsgebieten möchte ich tätig sein? Wo möchte ich meine Kanzlei eröffnen – und wie komme ich an Mandant:innen?

Juristen dürfen keine Schwäche zeigen?

Die nächsten beiden Vorträge betrafen weniger Zahlen und Fakten, sondern mehr die mentale Seite: Claudia Philipp, Rechtsanwältin für Urheber- und Medienrecht, Mentaltrainerin und Gründerin von Inner Journeys, sprach über "Mehr Erfolg durch mehr Authentizität". Sie setzt sich für mehr Ehrlichkeit im Job und in Mandatsbeziehungen ein – "Schluss mit dem Theater", titelt sie.

Jurist:innen machen sich – häufig auch nicht ganz zu Unrecht – viele Gedanken, wie sie nach außen hin wahrgenommen werden. Viele wollen keine Schwäche zeigen. Philipp ist aber überzeugt, dass mehr Authentizität nicht nur die physische und mentale Gesundheit verbessert, sondern auch das Wir-Gefühl in der Kanzlei stärkt und zu vertrauensvollen Mandatsbeziehungen führt.

Nasita Mika, Marketingleiterin der Ra-Micro, behandelte in ihrem Vortrag das Thema Selbststeuerung. Wichtig sei zunächst die Selbstregulation – also die Fähigkeit, eigene Werte und Wünsche überhaupt wahrzunehmen. Gerade in der Examensvorbereitung und im stressigen Joballtag stellten Jurist:innen die eigenen Bedürfnisse oft hinten an. Das gehe aber nicht lange gut, sagt Mika.

Wichtig sei es, sich auch mit sich selbst auseinanderzusetzen und nicht den eigenen Willen zu hemmen. Vor allem sollte man sich auch selbst beobachten und an seinen eigenen Schwächen arbeiten – und nicht nur die Dinge tun, die man ohnehin schon gut kann. 

LinkedIn-Profil ist wie eine berufliche Abendveranstaltung – mit großer Öffentlichkeit

Am nächsten Tag stand das Thema Social Media im Fokus. Rechtsanwältin und Marketingberaterin Pia Löffler gab zunächst einen Crashkurs "LinkedIn für Dummies". Viele Kanzleien wüssten tatsächlich nur wenig über LinkedIn, so Löffler. Dabei sei das LinkedIn-Profil vergleichbar mit einer beruflichen Abendveranstaltung, aber mit großer Öffentlichkeit. LinkedIn sei zwar auch eine Vertriebs- und Jobplattform, diene in erster Linie aber dem Netzwerken. Deshalb sei es wichtig, das Profil auf dem aktuellen Stand zu halten – und regelmäßig Inhalte zu posten.

Antonia Pape, Co-Founder und COO des Legal-Tech-Start Ups Nominandum und Rechtsanwältin Livia Merla, Mitgründerin der Kanzlei MGP Merla Ganschow & Partner, gaben Tipps, wie man Social Media zur Mandatenakquise nutzen kann. Man sollte seinen Content immer an der jeweiligen Zielgruppe orientieren – und die kann auch je nach Plattform unterschiedlich sein. Merla hat ein Marketing-Konzept entwickelt, betreut die Social-Media-Kanäle der Kanzlei und dreht regelmäßig Youtube-Videos, in denen sie arbeitsrechtliche Themen allgemeinverständlich aufbereitet. Das ist viel Arbeit, aber lohnt sich, so die Arbeitsrechtlerin.

Zum Abschluss klärte Dr. Jasper Prigge, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht aus Düsseldorf, im letzten Vortrag über zehn beliebte rechtliche Fehler bei Social Media auf.  Es zeigte sich: Bei Social Media können auch Anwältinnen und Anwälte viel falsch machen, so braucht man auch bei Instagram ein Impressum – und Nachrichten bei LinkedIn sind auch Werbung.

"Unser Ziel, eine Gemeinschaft zu bilden, ist geglückt"

Ein voller Erfolg – so beschreiben die Organisator:innen und Teilnehmenden das erste YLC. Vorträge nicht nur zu rechtlichen Themen, Abendveranstaltungen und viel Zeit zum Netzwerken gab es an diesem Wochenende in Berlin.

Mitorganisatorin Şölen Izmirli, Sozia in der auf das Verkehrsrecht spezialisierten Kanzlei Dwars & Izmirli in Hamburg und Stellvertretende Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses des FJA, ist überwältigt von der Resonanz. "Zu hören, dass sich alle wohl gefühlt haben, und einen Mehrwert hatten, bestätigt nur, dass wir mit unserer Themenauswahl richtig lagen und unser Ziel eine Gemeinschaft zu bilden, geglückt ist", sagt sie. Dem schließt sich Mitorganisator Krämer an: "Es waren die passenden Themen mit Mehrwert, die richtigen Locations und das wichtigste: Die Gruppe hat einfach perfekt harmoniert."

"Das Young Lawyers Camp war völlig anders, als alle anderen juristischen Veranstaltungen, die ich bislang besucht habe", sagt Michèle Eberth, Inhaberin der Kanzlei Baurecht Eberth in München. "Die Vorträge waren gelungen und auf die Interessen und Bedürfnisse des jungen Publikums abgestimmt", ergänzt sie.

Anna Kordes, Inhaberin der Kanzlei Kordes in Krefeld, fasst zusammen: "Die Atmosphäre ist entspannt, man kommt mit vielen, interessanten Menschen ins Gespräch und kann gut netzwerken. Ich kann hier so sein, wie ich bin und muss mich nicht verstellen."

"Austausch in wertschätzender und entspannter Atmosphäre"

Über viele Tipps, Denkanstöße und neue Kontakte freut sich auch Angélique Semmler, Rechtsanwältin und Coach für Jurist:innen aus Berlin. "Das Young Lawyers Camp war nicht nur informativ, sondern hat auch viel Spaß gemacht", so Semmler, die sich über "Wissensvermittlung und Austausch in wertschätzender und entspannter Atmosphäre" freut.

Dominik Bach-Michaelis, Gründer und CEO der e.Consult AG, einem Kooperationspartner des FJA, hebt hervor, das YLC habe gezeigt, "dass innovative Konzepte in der Anwaltschaft aufgenommen werden".

"Die Veranstaltung hat gezeigt, dass wir eine zukunftsfähige junge Anwaltschaft in Deutschland haben, die auf gemeinsame Synergieeffekte setzt und diese als große Stärke erkannt hat. Ich habe das Gefühl, bei dem Start von etwas ganz Großem dabei gewesen zu sein und kann das nächste Young Lawyers Camp kaum erwarten", sagt Christin Godglück. Das "regelmäßige Klassentreffen", das sich Izmirli gewünscht hatte, könnte also zur Realität werden.

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