Ein Urteil des LG Frankfurt gegen Emissionshändler ist richtig peinlich für die Deutsche Bank und wird vielleicht strafrechtliche Konsequenzen für das Geldinstitut haben. Außerdem in der Presseschau: Wie man mit Aktionärsklagen richtig Geld macht, warum Bürger nach Polizeigewalt vor Gericht stehen und Welpen nicht aus Protest getötet werden dürfen - sowie der schockierende Befund: Nutella ist gar nicht so gesund.
Peinliche Geschäftspraktiken: In einem nun veröffentlichten Urteil des Landgerichts Frankfurt gegen Emissionshändler wegen systematischen Umsatzsteuerbetrugs finden sich laut Montags-SZ (Klaus Ott) zahlreiche für die Deutsche Bank "ausgesprochen peinliche" Passagen über deren Geschäftspraktiken beim Geschäftskontoabschluss mit den Verurteilten. Bank-Mitarbeitern aus Frankfurt drohten Anklagen, sie hätten beim Betrug möglicherweise mitgeholfen. Peinlich sei für die Bank, dass sie wohl "gar nicht wissen wollte, mit wem und mit welcher Art von Handel man es zu tun hatte", so die SZ. Laut Urteil sei ein Händler "völlig überrascht" gewesen, überhaupt mit der Bank ins Geschäft zu kommen.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Verschärfung Jugendstrafrecht: In einem Gastbeitrag auf zeit.de setzt sich Rechtsprofessor Arthur Kreuzer kritisch mit dem Entwurf zur Verschärfung des Jugendstrafrechts auseinander und wendet sich besonders gegen den geplanten "Warnschussarrest".
Recht auf Mobilität: Wie der Rechtsprofessor Michael Ronnellenfitsch im Jahr 1992 das "Grundrecht auf Mobilität" montierte, erfährt man bei lto.de (Martin Rath) - und wer in Reaktion darauf eher an die "Verfassungswidrigkeit des Autos" dachte.
Rechtsbelehrung nach Festnahme: Das Blog Rainjuharos (Lilla Juharos) meldet, die EU-Justizminister hätten einem Kommissionsvorschlag zur Einführung einer einheitlichen Regelung zur Rechtsbelehrung bei Festnahmen zugestimmt; darin würden die grundlegenden Strafverfahrensrechte aufgelistet.
Steuer-Abkommen: Das geplante, bislang aber noch nicht vom Bundesrat bewilligte Steuerabkommen mit der Schweiz führt, so habe Finanzminister Schäuble eingeräumt, nicht zu einem Ankaufs-Verbot für Daten-CDs, weiß die FTD (Jens Tardler). Dies begegne, so das Blatt in seinem Leitartikel, aber keinen Bedenken: Ein Rest von "Unsicherheit" solle für die Steuersünder bleiben, die ansonsten von der mit dem Abkommen geschaffenen Rechtssicherheit profitieren würden.
Weitere Themen – Justiz
Polizeigewalt: Über einen Prozess vor dem Amtsgericht Rosenheim wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte berichtet die Samstags-SZ (Hans Holzhaider). Bei der polizeilichen Suche nach einem Mann, gegen den ein Haftbefehl vorlag, hätten zehn Polizeibeamte die vier nun angeklagten Bewohner eines Mehrfamilienhauses gefesselt bzw. körperlich überwältigt, nachdem eine Beteiligte nicht kooperativ auf Nachfragen reagiert habe und es zu einer Auseinandersetzung gekommen sei.
Geschäft mit Aktionärsklagen?: Aktionärsklagen können ein lukratives Geschäft für Kläger und ihre Anwälte sein, weiß die FAS (Nadine Oberhuber). "Berufskläger" gingen etwa gegen Fehler bei Hauptversammlungen vor und erzielten teilweise Millionen Euro, hauptsächlich über Vergleiche. Diese böten Unternehmen oft schnell an, um teure Verzögerungen zu vermeiden, zum Beispiel bei der Einführung eines Sanierungskonzeptes. Die Gerichte erblickten in solchen "Erpressungen" nun aber häufiger eine "sittenwidrige Schädigung", so der Rechtsprofessor Walter Bayer.
Klage gegen Betreuungsgeld: Laut spiegel.de erwägt der Erste Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz (SPD), nun auch eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht für den Fall der Einführung des Betreuungsgeldes.
BVerwG zu Besoldung: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass von der Rückforderung überhöhter Gehaltszahlungen bei schwerwiegenden Behördenfehlern teilweise abgesehen werden muss. Dazu lto.de.
VG Berlin zu Welpentötung: Aus Protest gegen Tierquälerei dürfen Hundewelpen nicht mit Kabelbindern erdrosselt werden, so das Verwaltungsgericht Berlin. Auch die Kunstfreiheit decke dies nicht, meldet lawblog.de.
OLG zu Boykottaufruf: Unter welchen Voraussetzungen Tierschützer nach einer Entscheidung des Oberlandesgericht Hamm weiter mit Boykottaufrufen gegen ein türkisches Delfinarium vorgehen dürfen, weiß lto.de.
OLG Frankfurt zu Pfändungsschutzkonto: Banken dürfen für die Führung eines Pfändungsschutzkontos keine zusätzlichen Gebühren verlangen; damit gab laut lto.de das Oberlandesgericht Frankfurt der Klage einer Verbraucherschutzorganisation statt.
VG Wiesbaden zu LKA-Entlassung: Dem Eilantrag der noch in ihrer Probezeit entlassenen Präsidentin des Landeskriminalamt Hessen Sabine Thurau hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden stattgegeben, berichtet die Samstags-FAZ (Ralf Euler). Die Vorwürfe, unter anderem "Führungsmängel", seien nicht ausreichend begründet worden. Bis zur Hauptsacheentscheidung müsse Thurau ermöglicht werden, ihre Probezeit nachzuholen.
"Zwangsgeld für Bildungszwang": Anlässlich der verwaltungsgerichtlichen Bestätigung eines Zwangsgeldes gegen Baptisten aus Baden-Württemberg, die ihre Kinder zuhause unterrichten, plädiert Jost Müller-Neuhof (Sonntags-Tagesspiegel) gegen den "Bildungszwang".
Pfusch in Herzklinik: Über einen Prozess vor dem Landgericht Münster gegen die ehemalige Ärztin der Uni-Klinik Münster Sabine Daubritz sowie deren Lebensgefährten wegen Verleumdung berichtet der Focus (Kurt-Martin Meyer). Die Angeklagten hätten öffentlich auf "schlampige" Arbeit im Herzzentrum der Klinik aufmerksam gemacht. Im Laufe des Strafprozesses habe sich herausgestellt, dass die Anschuldigungen nicht gänzlich von der Hand zu weisen sind.
Razzia bei Wiesenhof: Wegen eines Verdachts auf Subventionsbetrug hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg in der vergangenen Woche Büroräume des Konzerns Wiesenhof durchsucht, weiß die Samstags-SZ (Silvia Liebrich). Möglicherweise habe ein Schlachthof ohne Betriebszulassung produziert. "Im Zuge der Ermittlungen" seien auch Räume zweier Kontrollbehörden durchsucht worden.
NSU-Strafverfolgung/Verfassungsschutz: Die 2006 erstmals geäußerte "Einzeltätertheorie" wurde damals möglicherweise bewusst nicht öffentlich diskutiert, um dadurch unter anderem die Übernahme der Ermittlungen um die NSU-Mordserie durch den Generalbundesanwalt zu verhindern, so die Samstags-SZ (Hans Leyendecker/ Tanjev Schultz).
Der Spiegel (Steffen Winter) berichtet über die Misserfolge bei der Aufklärung der Bankraub-Serie von Mundlos und Böhnhardt, und wie die Polizei Thüringen Klärung schaffte.
Horst Meier (FAS) plädiert für "ein Leben nach dem Verfassungsschutz": Statt immer wieder über ein NPD-Verbot zu diskutieren, müsse die gesamte "deutsche Sicherheitsarchitektur auf den Prüfstand".
Kalte Enteignungen in Leipzig: Das Leipziger Rechtsamt hat möglicherweise in hunderten Fällen nur vermeintlich "herrenlose" Grundstücke verkauft und in die Tasche der Stadt gewirtschaftet, wie die Montags-SZ (Christiane Kohl) schildert. Vor den Verkäufen sei nicht "mit der gebotenen Gründlichkeit" nach Eigentümern gesucht worden - so im Fall von Wolfgang Lehmann, der vergeblich auch gerichtlich vorging, um das von seinem Vater geerbte Grundstück zurück zu erlangen.
Weitere Themen – Recht im Ausland
9/11-"Jahrhundertprozess" beginnt: Am kommenden Samstag wird vor dem US-Militärgericht in Guantánamo die Anklage gegen mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 verlesen, so der Spiegel (Marc Hujer/Josh Meyer). Der eigentliche Prozessbeginn könne sich wegen Anträgen der Verteidiger noch verzögern: Es gäbe keinen fairen Prozess, "es sehe nur so aus". So dürften die Anwälte etwa nicht mit den Mandanten über die Geschehnisse in den Geheimgefängnissen sprechen.
Drohnen-Krieg: Die US-Regierung erlaubt nun für den Drohnenkrieg im Jemen auch die Tötung Verdächtiger, wenn deren Name nicht bekannt ist. Über die so genannten Signature Strikes informiert die Samstags-taz (Dorothea Hahn) und telepolis (Florian Rötzer).
Der Spiegel (Hubert Gude) (Vorabmeldung auf spiegel.de) fragt nach der "Legitimität von Amerikas unheimlichem Luftkrieg" in einer "völkerrechtlichen Grauzone" und berichtet, wie der Deutsche Samir H. Opfer eines US-Drohnenangriffs in Pakistan wurde.
Gewaltschutzgesetz Österreich: Zum 15. Geburtstag des ersten österreichischen Gewaltschutzgesetzes berichtet dieStandard (eks); Kernpunkt sei die Möglichkeit der Wohnungsverweisung ohne Rücksicht auf Eigentums- oder Mietverhältnisse gewesen.
Israelis verklagen Schweiz: Wie spiegel.de meldet, wollen zwei Israelis die Schweizer Regierung und zwei Banken vor einem US-Gericht verklagen. Grund sei, dass ihnen Geld und Wertgegenstände, die dort vor dem Zweiten Weltkrieg von ihren Eltern deponiert worden seien, nicht herausgegeben würden.
Staranwältin gegen Google: Die US-Federal Trade Kommission will kartellrechtlich gegen Google vorgehen und hat dafür eine der renommiertesten Anwältinnen der USA angeheuert: Beth Wilkinson habe, so spiegel.de, unter anderem den Oklahoma-Attentäter Timothy McVeigh in die Todeszelle gebracht.
Sonstiges
Bologna-Juristen: Über die ersten Bologna-Juristen der Universität Mannheim berichtet die Samstags-FAZ (Caroline Freisfeld). Eingeführt im Jahr 2008, sollte es den Studierenden im Bachelor-Studiengang für Unternehmensjuristen - mit anschließender Staatsexamensmöglichkeit - nicht leichter gemacht werden; vielmehr wolle man so "wieder mehr Juristen in Geschäftsleitungen" bringen.
Carl-Schmitt-Briefe: In der FAS (Cord Riechelmann) findet sich eine Besprechung des eine "unmögliche Beziehung" dokumentierenden Buches "Jacob Taubes – Carl Schmitt. Briefwechsel" von H. Kopp-Oberstebrink/T. Palzhoff/M. Treml. Das Buch zeige Taubes, "Wunderkind der Religionsphilosophie" und Schmitt, Staatsrechtler und als "Hitlers Kronjurist übelst beleumundet", als Symptome ihrer Zeit.
Selbstanzeige-Ratgeber: "Die Selbstanzeige im Steuerstrafverfahren" von Jürgen R. Müller bespricht die Montags-FAZ (Joachim Jahn).
Das Letzte zum Schluss
Nutella ist ungesund: Wegen "irreführender Werbung" für seine Nuss-Nugat-Creme wird Ferrero-USA voraussichtlich mehrere Millionen Dollar zahlen müssen - unter anderem, so SZ.de (Malte Conradi) an eine "schockierte" Mutter. Diese habe erkennen müssen, dass Nutella nicht besser als Süßigkeiten sei.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Mittwoch erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dc
(Hinweis für Journalisten)
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 28. bis 30. April 2012: "Peinliche" Deutsche Bank – Nein zum Warnschussarrest - Lukrative Aktionärsklagen . In: Legal Tribune Online, 30.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6101/ (abgerufen am: 04.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag