Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will sich nur eine kurze Pause gönnen und dann beim Europarat neu durchstarten. Außerdem in der Presseschau: Diskussionen um die Samenspende, Verfassungsbeschwerde gegen Eigenbedarfskündigungen, Ablehnung einer rechtlichen Betreuung von Analphabeten, Verhaftung von Anwälten am IStGH und warum der grüne OB Boris Palmer bei Facebook Probleme mit dem Datenschutz bekam.
Thema des Tages
Neue Aufgabe für Leutheusser-Schnarrenberger?: Die geschäftsführende Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) könnte Generalsekretärin des Europarates werden. Der geschäftsführende Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat der geschäftsführenden Bundesregierung vorgeschlagen, seine Parteifreundin zur deutschen Kandidatin zu benennen. Das meldet die SZ (Stefan Braun). Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel befürworte dies. Die Wahl im Europarat sei für den Juni 2014 vorgesehen. Der norwegische Amtsinhaber Thorbjörn Jagland wolle allerdings erneut kandidieren.
Rechtspolitik
Samenspende: Die FAZ (Helene Bubrowski) berichtet vom Ersten Erlanger Symposion zur Familienbildung mit Spendersamen. Der Verein Spendenkinder fordere ein unabhängiges Zentralregister, in dem die Spenderdaten mindestens hundert Jahre aufbewahrt werden. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland befürwortet dagegen die Möglichkeit der anonymen Samenspende für lesbische Paare.
Raubkunst: Der ehemalige US-Sonderbeauftragte für Holocaustfragen, James D. Bindenagel, fordert in einem SZ-Gastbeitrag "mehr gesetzgeberische Phantasie und Energie darauf zu verwenden, Raubkunst den wahren Eigentümern zurückzugeben". Er fragt: "Bedeutet es keinen Unterschied, ob Bilder als Teil eines Genozids geraubt oder von gewöhnlichen Dieben gestohlen wurden?".
Die geschäftsführende Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger reagierte skeptisch auf den bayerischen Vorschlag, die Verjährung bei bösgläubigem Erwerb von Raubkunst nachträglich zu verlängern, meldet die FAZ. Eine Lösung müsse im Gespräch mit dem Sammler Cornelius Gurlitt gefunden werden.
Bestandsdatenauskunft Sachsen: netzpolitik.org (Anna Biselli) stellt Pläne vor, in den sächsischen Polizei- und Verfassungsschutzgesetzen eigene Rechtsgrundlagen für die Identifizierung einer Person durch ihre IP-Adresse oder Telefonnummer zu schaffen. Die Voraussetzungen sollen deutlich niedriger liegen als in anderen Bundesländern. Für die Polizei genüge dann jedes Vorliegen einer Gefahr, für den Verfassungsschutz die Erfüllung seiner Aufgaben.
EU-Datenschutz: Am Mittwoch will die EU-Kommission ein Papier mit dem Titel "Rebuilding trust in EU-US data flows" vorstellen, berichtet spiegel.de (Gregor Peter Schmitz). Darin kündigt die EU-Kommission an, dass sie bis zum Sommer 2014 Verbesserungsvorschläge für das Safe-Harbor-Abkommen mit den USA vorlegen will. Eine Kündigung des Abkommens, das es Firmen erlaubt, Daten in die USA zu transferieren, sei jedoch nicht vorgesehen.
UN-Resolution digitale Privatsphäre: An diesem Dienstag wird der für Menschenrechte zuständige Ausschuss der UN-Generalversammlung einen gemeinsam von Deutschland und Brasilien eingebrachten Resolutionsentwurf "Recht auf Privatsphäre im digitalen Zeitalter" verabschieden. Die taz (Bernd Pickert) beschreibt, wie der Entwurf auf Druck der USA in letzter Zeit noch verwässert wurde. Christian Rath (taz) begrüßt den Resolutionsentwurf. Er sei als Reaktion auf die NSA-Überwachung sinnvoller als der ursprüngliche Plan, den internationalen Pakt über politische und bürgerliche Rechte zu ergänzen - was die Geltung des Pakts im Internet in Frage gestellt hätte.
Justiz
BVerfG - Eigenbedarf: Die SZ (Thomas Öchsner) stellt eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Berliner Landgerichts vor. Dort war die Eigenbedarfskündigung eines Hannoveraner Vermieters akzeptiert worden, der in seiner Berliner Wohnung gelegentlich seine Tochter aus erster Ehe treffen will. Das Gericht habe die Prüfung versäumt, ob der Eigenbedarf missbräuchlich geltend gemacht wurde. Die bloße Absichtsbekundung des kündigungswilligen Vermieters könne nicht genügen.
BFH zu Steuernachforderungen: Das Handelsblatt (Melanie Rübartsch) sieht in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine Tendenz, das Steuerstrafrecht zu nutzen, um Gelder, auf die er möglicherweise keinen Anspruch mehr hat, doch noch einzutreiben. So würden Steuerstraftaten angenommen, um eine verlängerte Steuerfestsetzungsfrist zu nutzen. Im konkreten Fall hatte eine Ärztin nach vier Jahren ihre Einnahmen nach oben korrigiert, was die Steuerverwaltung jedoch ignorierte. Der Bundesfinanzhof fand, dass der Ärztin dies habe auffallen müssen, weshalb sie eine Steuerverkürzung begangen habe und die erhöhte Steuer auch noch nach fünf Jahren neu festgesetzt werden durfte.
LAG NRW zu unbrauchbaren Titeln: Nachdem das NRW-Wissenschaftsministerium einem Manager das Führen des Doktortitels, den er bei einer US-Privatuniversität erworben hatte, untersagte, kündigte ihm sein Arbeitgeber wegen arglistiger Täuschung. Das Landesarbeitsgericht beanstandete laut lto.de jetzt diese Kündigung. Bei der Einstellung sei es nicht auf den Doktortitel angekommen. Auch habe der Manager wohl nicht arglistig getäuscht.
LG Kleve zu Analphabetismus: Das Landgericht Kleve lehnte den Antrag eines Analphabeten ab, der für sich eine rechtliche Betreuung wünschte. Analphabetismus sei keine geistige Behinderung, berichtet beck.blog.de (Hans-Otto Burschel).
StA Hamburg - kein Verfahren gegen Millionärstochter: Eine Hamburger Millionärstochter hatte im Streit einen Dealer erstochen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt zunächst wegen Totschlags, hat das Verfahren nun aber eingestellt, meldet bild.de (Thomas Röthemeier/Stefan Schneider). Eine Nothilfe zugunsten ihres Verlobten, der auch an dem Streit beteiligt war, könne nicht ausgeschlossen werden.
LG Schweinfurt/LG Nürnberg - Rhön-Klinikum: Anwalt Ulrich Noack beschreibt auf dem Handelsblatt-Rechtsboard, welche juristischen Fragen sich aus dem Streit der Großaktionäre um den Verkauf von Kliniken durch die Rhön-Klinikum AG ergeben. Unter anderem geht es um die Frage, ob der Verkauf in einer Hauptversammlung der Klinikums AG hätte abgesegnet werden müssen. Mit den Fragen seien teilweise bereits die Landgerichte in Schweinfurt und Nürnberg befasst.
Ermittlungsverfahren gegen NS-Täter: Ein Aufruf des Simon Wiesenthal-Zentrums an die deutsche Öffentlichkeit hat vier Ermittlungsverfahren gegen NS-Täter ausgelöst. Ermittelt wird unter anderem gegen eine Aufseherin aus dem KZ Auschwitz, einen Aufseher aus dem KZ Dachau und ein Mitglied der Waffen-SS, das an dem Massaker im französischen Oradour 1944 beteiligt gewesen sein soll, berichtet sueddeutsche.de (Oliver Das Gupta).
Recht in der Welt
IStGH - Anwälte verhaftet: Im Verfahren gegen den kongolesischen Politiker Jean-Pierre Bemba vor dem Internationalen Strafgerichtshof wurden zwei Anwälte Bembas, ein nahestehender Politiker und ein Zeuge festgenommen. Den Anwälten und dem Politiker wird Beeinflussung des Zeugen durch Gewährung von Vorteilen vorgeworfen, berichtet die taz (Dominic Johnson). Ihnen droht nach dem Rom-Statut bis zu fünf Jahren Haft.
USA - Kritik an Strafen für JP Morgan: Die US-Bank JP Morgan hatte sich vorige Woche mit US-Behörden in einem Vergleich auf die Zahlung von 12 Milliarden Dollar geeinigt, weil die Bank im Vorfeld der Finanzkrise fragwürdige Hypothekengeschäfte tätigte. Zwei Milliarden der Summe seien als Strafe ausgewiesen. Der Syndikus von JP Morgan kritisierte die uferlos hohe Strafe, berichtet die FAZ (Norbert Kuls), 100 Millionen Dollar wären bedeutsam genug gewesen.
Sonstiges
Tierrechte: Die FAZ (Manuela Lenzen) bespricht das Buch "Zoopolis - eine politische Theorie der Tierrechte" von Will Kymlicka und Sue Donaldson. Thesen: Domestizierte Tiere sollten als gleichberechtigte Mitbürger anerkannt werden. Im Bereich der Wildtiere habe sich der Mensch zu verhalten wie in einem anderen Staat. Die FAZ hält die Theorie für ein "faszinierendes Unternehmen", das den verbissenen Tierrechtsdebatten einen Schwung ins Positive geben könne.
Das Letzte zum Schluss
Grüner OB outet Parksünder: Der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, hat auf Facebook das Foto eines Geländewagens gepostet, der einen Gehweg so zugeparkt hat, dass kein Kinderwagen mehr vorbeipasst. focus.de (Sebastian Viehmann) thematisiert nun, ob Palmer dabei den Datenschutz genug beachtet hat, denn das Nummernschild war gut zu lesen. FOCUS-Online-Experte Rolf Schwartmann erklärt: "Es widerspricht dem Datenschutz, einen Verkehrssünder derart an den Pranger zu stellen."
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 26. November 2013: Leutheusser zum Europarat? – Keine Betreuung bei Analphabetismus – Anwälte am IStGH verhaftet . In: Legal Tribune Online, 26.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10162/ (abgerufen am: 19.05.2024 )
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