Die Bundesbank wünscht sich was: Das Verfassungsgericht soll dem Anleihenkauf durch die EZB ein Ende machen. Außerdem in der Presseschau: Der Bundestag stellt keinen NPD-Verbotsantrag, Mellinghoff äußert sich zum Hoeneß-Fall, das BVerfG entscheidet nicht über Videoübertragung im NSU-Prozess und das LSG Sachsen-Anhalt hält Behindertenparkplätze frei - nur für wen?
Bundesbank an Verfassungsgericht: Im Juni wird das Bundesverfassungsgericht über den Euro-Hilfsfond ESM und über den Anleihenkauf der Europäischen Zentralbank verhandeln. Nun macht das Handelsblatt (Michael Brackmann/Jan Hildebrand/Michael Inacker/Donata Riedel) eine vertrauliche Stellungnahme der Bundesbank für das Verfassungsgericht öffentlich. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann kritisiert darin vehement den Staatsanleihenkauf der EZB. Ein Überblick findet sich auf handelsblatt.com (Jan Hildebrand).
Weitere Themen – Rechtspolitik
NPD-Verbotsantrag: Der Bundestag wird keinen eigenen Antrag für ein NPD-Verbot stellen. Eine entsprechende Initiative der SPD-Fraktion wurde mit den Stimmen von Union und FDP abgelehnt, die Grünen enthielten sich, die Linkspartei stimmte mit der SPD. Die Bundesregierung hatte sich bereits gegen einen eigenen Antrag entschieden. Der Bundesrat will im Juni einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht einreichen, so die taz (Wolf Schmidt). Für "taktisch klug" hält Tilman Steffen (zeit.de) die Entscheidung des Bundestages. Das Risiko, den Prozess zu verlieren, sei zu groß.
Gesetz zum Netzausbau: Der Bundestag hat am Donnerstag ein Gesetz beschlossen, das den Ausbau des Stromnetzes beschleunigen soll. Wie die taz (Bernward Janzing) berichtet, sollen insbesondere langwierige Prozesse verhindert werden. Bei Klagen gegen Trassen ist deshalb künftig sofort das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
EU-Richtlinie zu Zahlungsverzug: Deutschland hätte bis Mitte März eine europäische Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr umsetzen müssen – die für Mitte April angesetzte 2. und 3. Lesung des Gesetzes im Bundestag wurden jedoch verschoben. Die SZ (Elisabeth Dostert/Ulrike Sauer/Stefan Weber) erläutert ausführlich die EU-Vorgaben und die geplante Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Während die EU vor allem in Italien und Griechenland die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand verbessern wolle, befürchten mittelständische Unternehmen in Deutschland eine Verschlechterung der Lage.
Selbstanzeige: Der Rechtsanwalt Michael Olfen setzt sich auf lto.de mit dem SZ-Kommentar Heribert Prantls zum Fall Hoeneß auseinander. Es sei zwar richtig, dass die Strafbarkeit des Beschuldigten von der Kunst desjenigen abhänge, der die Selbstanzeige schreibt – abschaffen solle man diese Möglichkeit zur "Rückkehr in die Ehrlichkeit" jedoch nicht. Die Debatte um die Selbstanzeige und die Argumente von Politikern und Experten schildert zeit.de (Ludwig Greven).
Weitere Themen - Justiz
Mellinghoff im Interview: Der Präsident des Bundesfinanzhofes, Rudolf Mellinghoff, kritisiert im Interview mit der FAZ (Joachim Jahn/Reinhard Müller), dass im Fall Uli Hoeneß offenbar das Steuergeheimnis verletzt worden sei. Jeder Steuerpflichtige müsse sich auf die Verschwiegenheit der Behörden verlasen können. Die Öffentlichkeitsarbeit von Staatsanwaltschaften und die Praxis, vergleichsweise häufig Untersuchungshaft zu verhängen, sehe er mit Sorge. In dem Interview geht es außerdem um Deals im Strafverfahren, die strafbefreiende Selbstanzeige, Steueroasen, Vermögenssteuer, Ehegattensplitting und um die Haushaltsautonomie des Bundestages in der Euro-Krise. spiegel.de (cte) fasst die wesentlichen Aussagen Mellinghoffs zusammen.
Voßkuhle im Interview: juwiss.de (Stefan Martini/Tina Winter) bringt den dritten Teil des Interviews mit dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle. Thema ist die Lehre und Forschung im Öffentlichen Recht. Voßkuhle spricht sich dafür aus, Grundlagenfächer zu stärken und den Examensstoff leicht zu verringern, betont aber zugleich den Wert des deutschen Staatsexamens. Außerdem geht es um Perspektiven junger Rechtswissenschaftler, so etwa um neue Karrierewege, die kumulative Habilitation, Hindernisse für Frauen in der Wissenschaft, gemeinschaftliches Forschen und um ungewöhnliche Publikationen.
NSU-Prozess – Platzvergabe: Das Oberlandesgericht München wird am Montag die 50 Presseplätze für das NSU-Verfahren auslosen. Wie der SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) berichtet, hat der Münchner Notar Dieter Mayer die Aufsicht über die Auslosung, als Zeuge wird der ehemalige Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel hinzugezogen.
NSU-Prozess - BVerfG zu Videoübertragung: Im Streit um eine etwaige Videoübertragung des NSU-Prozesses in einen weiteren Gerichtssaal sind Nebenkläger vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Ihre Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, sie hätten nicht dargelegt, warum sie in eigenen Grundrechten verletzt sein sollten. Das meldet unter anderem spiegel.de.
EuGH zu Anti-Diskriminierungs-Richtlinie: Äußerungen von Führungskräften können ein Hinweis auf Diskriminierung seitens des Unternehmens sein – das entschied der Europäische Gerichtshof am Donnerstag im Fall des rumänischen Fußballclubs Steaua Bukarest und gab damit der Klage einer Organisation für die Rechte von Homosexuellen statt. spiegel.de schildert den Fall. Auch die FAZ (Corinna Budras) berichtet und geht dabei knapp auf ein weiteres Urteil ein, wonach eine Klägerin keine umfangreichen Informationen von dem Unternehmen verlangen kann, das ihre Bewerbung abgewiesen hatte.
BGH zu "Notwehr mit Ansage": Der Bundesgerichtshof hat den Freispruch für den süddeutschen Neonazi Florian Stech aufgehoben, der in Freiburg einen Antifa-Aktivisten angefahren und schwer verletzt hatte. Das Landgericht Freiburg hatte einen Notwehrexzess angenommen und Stech im Juli 2012 freigesprochen. Der BGH verlangte nun jedoch, die Frage zu klären, ob Stech mit Verteidigungswillen gehandelt habe – er hatte zuvor im Internet Gewaltfantasien gegen Linke verbreitet. Die taz (Christian Rath) berichtet.
BAG zu Kündigung wegen Kirchenaustritt: Die Caritas durfte einem Sozialpädagogen kündigen, der aus Enttäuschung über die Missbrauchsfälle aus der katholischen Kirche ausgetreten war. Das entschied das Bundesarbeitsgericht. spiegel.de berichtet.
BVerwG zu Möllemann-Affäre: Zehn Jahre nach der Spendenaffäre der FDP um ihren damaligen NRW-Chef Jürgen Möllemann hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Partei mindestens 2 Millionen Euro Strafe zahlen muss. Über eine weitere Strafe in Höhe von 1,4 Millionen Euro muss das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erneut verhandeln, so eine kurze Meldung in der FR.
LG Dresden zu Handyüberwachung: Andre Meister (netzpolitik.org) analysiert das Urteil des Landgerichts Dresden zur Handyüberwachung, das nun im Volltext vorliegt. Das Gericht hatte die Funkzellenabfrage bei einer Anti-Nazi-Demonstration im Februar 2011 für rechtswidrig erklärt – nun zeige sich allerdings, dass der "ursprünglich ausgerufene Gewinn" ein "Pyrrhussieg" sei, weil sich das Gericht lediglich auf formale Gründe stütze.
LSG Berlin zu Heizkosten: Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat sich am Donnerstag mit den Heizkosten für Hartz-IV-Empfänger befasst. Laut einem Bericht in der taz (Stefan Alberti/Sebastian Heiser) hielten die Richter die Miet- und Heizkosten-Verordnung des Sozialsenators für zu großzügig. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, das Land Berlin erwägt eine Revision zum Bundessozialgericht.
LG Darmstadt – Justizskandal Arnold: In dem Justizskandal um Horst Arnold muss sich nun die ehemalige Lehrerin Heidi K. wegen Freiheitsberaubung vor dem Landgericht Darmstadt verantworten. Sie hatte ihrem früheren Kollegen vorgeworfen, sie vergewaltigt zu haben. Arnold war 2002 zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden, wurde nach seiner Entlassung jedoch in einem Wiederaufnahmeverfahren wegen erwiesener Unschuld freigesprochen und starb kurz darauf an einem Herzinfarkt. Heidi K. erhält ihre Vorwürfe aufrecht. Vom Prozessauftakt berichten spiegel.de (Gisela Friedrichsen) und die SZ (Hans Holzhaider).
Ermittlungen im Fall Hoeneß: Udo Vetter (lawblog.de) spekuliert über die Gründe für den Haftbefehl gegen Uli Hoeneß nach dessen Selbstanzeige. Entweder die Ermittler seien auf Ungereimtheiten gestoßen oder der Schaden der Tat überschreite die Obergrenze von 50.000 Euro, so dass keine Strafbefreiung möglich sei. Die SZ (C. Rost/A. Salch) beleuchtet die Rolle der Staatsanwaltschaft, für den federführenden Staatsanwalt Achim von Engel seien prominente Fälle "mittlerweile Routine".
Weitere Themen – Recht in der Welt
Deutschland vor dem UN-Menschenrechtsrat: Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), hat sich vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf für die mangelhafte Aufklärung der NSU-Terrorserie entschuldigt. Ausführlich berichtet die FAZ (Andreas Ross), knapp spiegel.de. Die SZ (Reymer Klüver) erklärt die Aufgaben des Menschenrechtsrates, der indes "nicht unumstritten" sei und zu häufig für politische Spiele der Mitgliedstaaten missbraucht werde.
USA – Klage gegen Deutsche Bank: Die Deutsche Bank muss sich in den USA einem Schadensersatzprozess wegen Immobilienspekulationen stellen. Geklagt hat die Stadt Los Angeles. Wie die SZ (Andrea Rexer) berichtet, bleibt die Deutsche Bank bei der Auffassung, sie sei nicht der richtige Ansprechpartner, weil sie die Kredite nicht selbst vergeben, sondern lediglich für ihre Kunden verwaltet habe.
USA – Guantanamo: Nach Angaben der SZ (Nicolas Richter) hat der Militärrichter im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba entschieden, dass im Prozess gegen die mutmaßlichen Hintermänner der Terroranschläge vom 11. September nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit über Folter gesprochen werden dürfe. Der Verteidiger der Angeklagten hatte das scharf kritisiert.
USA – Internet-Überwachung: spiegel.de gibt die Berichte von US-Medien und Bürgerrechtsorganisationen wieder, wonach das US-Justizministerium die Befugnisse von Behörden zur Internetüberwachung massiv ausgeweitet haben soll. Angeblich halten selbst Ministeriumsmitarbeiter das für rechtswidrig.
USA – Anklage gegen Boston-Attentäter: lto.de (Pia Lorenz/Claudia Kornmeier) spricht mit der in München tätigen US-amerikanischen Rechtsanwältin Lauren Reynolds über das Verfahren gegen den Boston-Attentäter Dschochar Zarnajew. Reynolds erläutert die Rechte von Beschuldigten und erklärt, derzeit erhebe die US-Bundesregierung vor einem Bundesgericht Anklage. Wegen der Verwendung von Massenvernichtungswaffen drohe Zarnajew die Todesstrafe.
Russland – Oppositioneller verurteilt: Ein Moskauer Gericht hat den linken Aktivisten Konstantin Lebedjew wegen Anstiftung von Massenunruhen zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Das Strafmaß fiel gering aus, weil Lebedjew wichtige Aussagen machte, die nun zu scharfen Urteilen gegen weitere Oppositionelle führen könnten, berichtet die FAZ (Michael Ludwig).
Ägypten – Justizsystem: Die SZ (Tomas Avenarius) schildert den Machtkampf zwischen Islamisten und Juristen nach der Revolution in Ägypten.
Sonstiges
Verfassungsdesign: Der US-amerikanische Verfassungsrechtler Donald Horowitz ist an der American Academy in Berlin zu Gast. verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) erläutert dessen Forschungsprojekt, durch Verfassungsdesign ethnische Konflikte zu befrieden.
Das Letzte zum Schluss
Parkplatz freihalten: Wer nur noch ein Bein hat, ist nicht außergewöhnlich gehbehindert und darf deshalb auch nicht auf Behindertenparkplätzen parken. Das entschied das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt mit dem Hinweis, der Kläger könne auf Krücken problemlos hundert Meter gehen, so spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 26. April 2013: Bundesbank an BVerfG– Bundestag gegen NPD-Verbotsantrag – Mellinghoff übers Steuergeheimnis . In: Legal Tribune Online, 26.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8614/ (abgerufen am: 09.05.2024 )
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