Die Bundesbildungsministerin steht nach der Entscheidung der Düsseldorfer Universität unter Druck. Muss sie wegen des Plagiatsvorwurfs zurücktreten? Außerdem in der heutigen Presseschau: Die Zukunft der Finanztransaktionssteuer, ein erneuter Rückschritt für den Hauptstadtflughafen, Rotterdamer Kunstdiebe in Bukarest und warum ein Burger McDonalds teuer zu stehen kommt.
Plagiatsaffäre: Steht Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) vor der Aberkennung ihres Doktortitels? Verliert sie am Ende ihren Job? Einen zeitlichen und inhaltlichen Überblick der Vorwürfe rund um "Person und Gewissen", so der Titel der Dissertation von 1980, liefert die SZ (Johanna Bruckner, Barbara Galaktionow). Dass sich auch politische Gegner der Ministerin mit Rücktrittsforderungen bislang zurückhalten, dokumentiert die FAZ (Heike Schmoll) und berichtet über die Forderung Schavans zur Einholung eines externen Fachgutachtens. Im Feuilleton der FAZ bezeichnet Jürgen Kaube
dies als "Spiel auf Zeit". Es entstehe der Eindruck, dass die Sorgen der wissenschaftlichen Unterstützer der Ministerin mit ihrer Rolle als Geldgeberin zusammenhingen.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Überprüfung von Sicherheitsgesetzen: Den bevorstehenden Bericht der Evaluierungskommission der Bundesregierung zu den als Reaktion auf die New Yorker Terroranschläge 2001 verabschiedeten Sicherheitsgesetzen bezeichnet Heribert Prantl (SZ) in seinem Kommentar hoffnungsvoll als "Tag der geheimen Offenbarung". Nun und in der kommenden Legislaturperiode könne das bei der Verabschiedung und der Verlängerung 2006 versäumte Nachdenken über Eignung und Bewährung der Gesetze nachgeholt werden.
Bundestagswahltermin: Einem Bericht der FAZ (Günter Bannas) zufolge steht die Terminierung der Bundestagswahl im Februar bevor. Es sei mit einer Entscheidung für den 22. September zu rechnen. Einer der Streitpunkte bei der Festlegung sei die in Hessen anstehende Landtagswahl. Die Schwierigkeiten bei deren Terminierung beleuchtet die FAZ (Jasper von Altenbockum) im Anschluss.
Finanztransaktionsteuer: Einem Bericht der FAZ (Manfred Schäfers, Christian Schubert) zufolge ist mit einer gesetzlichen Umsetzung der in dieser Woche von den EU-Finanzministern beschlossenen Finanztransaktionsteuer in das deutsche Recht nicht vor der Bundestagswahl zu rechnen. Zunächst sei der Erlass einer europäischen Richtlinie für die beteiligten Länder geplant.
Claus Hulverscheidt kommentiert in der SZ den Beschluss der Finanzminister als "wahrhaft historisch". Gegner der Steuer müssten einsehen, dass die Schlacht verloren sei.
Europäische Zukunft: Der Verfassungsblog (Maximilian Steinbeis) setzt seine Reihe zur Zukunft Europas mit einem Interview mit dem Rechtsprofessor Mattias Kumm fort. Der Spezialist für internationales und europäisches Recht prognostiziert für 2023 eine parlamentarisch verantwortliche europäische Regierung, die sich jedoch gerade nicht am Nationalstaatsmodell des 19. Jahrhunderts orientieren könne. Vielmehr sei ein Mit- und Nebeneinander zu den Mitgliedstaaten in einem Geflecht von ausdifferenzierten Verträgen und Vertragsebenen zu erwarten.
Weitere Themen - Justiz
BVerfG – Steuerhinterziehung: Nach Informationen des Handelsblatts (Jan Keuchel) wird sich das Bundesverfassungsgericht demnächst mit der Umsatzsteuerhinterziehung bei der Deutschen Bank beschäftigen. Einer der im Dezember 2011 vom Landgericht Frankfurt wegen des Handels mit Emmissionszertifikaten zu einer mehrjährigen Haftstrafe Verurteilten habe Verfassungsbeschwerde eingelegt, im Rahmen dieser könnten nach auch die "zumindest fragwürdigen" Ermittlungsmethoden der hessischen Steuerbehörde überprüft werden.
BGH zur Mängelgewährleistung: Viele kleine Mängel an einem Fahrzeug rechtfertigen keinen sofortigen Rücktritt des Käufers. Dies entschied der Bundesgerichtshof am Mittwoch. Dazu lto.de. Das "Recht der zweiten Andienung" des Verkäufers entfalle erst, wenn das Fahrzeug "aufgrund seiner Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft" sei, wovon bei – auch zahlreichen – Bagatellmängeln nicht ohne weiteres ausgegangen werden könne.
BGH zu Erbenhaftung: Die Haftung eines Erben kann von diesem auf die Höhe des Nachlasses beschränkt werden. Die FR (Karin Billanitsch) berichtet von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, in der über Mietforderungen die nach dem Tod des Erblassers entstanden waren, verhandelt wurde. Diese seien nach dem Spruch des Gerichts als Nachlassverbindlichkeiten zu behandeln, eine persönliche Haftung der Erbin scheide aus, wenn die Forderungen nicht aus dem Nachlass beglichen werden könnten.
BGH zu Ratingagentur-Haftung: Auf lto.de analysieren die Rechtsanwälte Ingrid Andres und Philipp Massari den Beschluss des Bundesgerichtshofs zur Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klagen gegen Ratingagenturen mit ausländischem Hauptsitz. Das Gericht habe sich bei seiner Entscheidung auf eine historische Auslegung des § 23 ZPO gestützt. Weiter unklar sei indes die materielle Haftungsfrage. So dürfte nach wie vor der Nachweis der Pflichtverletzung der Agentur sowie der Kausalität von getroffener Anlageentscheidung und fehlerhafter Bewertung problematisch sein.
LG Mannheim zu Bankrott: Nach übereinstimmenden Meldungen in Handelsblatt und SZ muss der frühere Flowtex-Chef Manfred Schmider nicht erneut ins Gefängnis. Das Landgericht Mannheim verurteilte ihn wegen Bankrotts zu einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten; Schmider hatte während seiner Haft im Flowtex-Betrugsfall mehrere Gemälde und ein Auto außer Landes schaffen lassen, um sie dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu entziehen.
OVG Berlin-Brandenburg zu Flugrouten: Wie spiegel.de berichtet, untersagte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eine geplante Route zum Flughafen unter anderem deshalb, weil sie zu nah an einem Forschungsreaktor im Berliner Südwesten vorbeiführe.
VG Berlin zu Auskunftsbegehren: Das Berliner Bezirksamt Neukölln muss einem Journalisten Auskunft über die Mitwirkung von Angestellter bei der Erstellung des Buches "Neukölln ist überall" des Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky erteilen. Dies entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren, berichtet lawblog (Udo Vetter) unter Berufung auf einen Bericht des Berliner Tagespiegels. Das Bezirksamt könne sich nicht auf schutzwürdige Belange berufen, da nicht auszuschließen sei, dass die fraglichen Hilfeleistungen als anzeigenpflichtige Nebentätigkeiten erbracht worden seien.
ArbG Verden - Streikverbot: Bereits seit November befinden sich 200 Angestellte eines Verpackungsmittelherstellers in Norddeutschland im Streik. Wie die taz (Kai von Appen) berichtet, begehrt das bestreikte Unternehmen nunmehr vom Arbeitsgericht Verden den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung des Streiks, nachdem es zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Streikenden und Leiharbeitern gekommen sei.
CDU-Finanzaffäre vor Gericht: Der frühere rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende Christoph Böhr muss sich gemäß einer FAZ-Meldung wegen der Beteiligung an der illegalen Finanzierung des Landtagswahlkampfes 2006 vor Gericht verantworten. Das Landgericht Mainz ließ die Anklage gegen ihn und weitere Parteifreunde wegen versuchten Betrugs und gemeinschaftlicher Untreue zu. Wegen Verstoßes gegen das Parteiengesetz hatte Bundestagspräsident Lammert in der Sache 2010 bereits ein Bußgeld in Höhe von 1,2 Millionen Euro gegen die Landes-CDU verhängt.
StA gegen Ecclestone: Die Anklage der Münchner Staatsanwaltschaft gegen den Formel 1-Boss Bernie Ecclestone wegen Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe im Zusammenhang mit dem Verkauf von Anteilen der Rennserie im damaligen Besitz der Bayerischen Landesbank verzögert sich, berichtet die SZ (Wirtschaftsteil). In der Sache wurde im Sommer ein ehemaliger Vorstand der Bank wegen Bestechlichkeit zu einer hohen Haftstrafe verurteilt, es sei erwartet worden, dass nunmehr die Anklage gegen Ecclestone folge. Dieser Zeitplan ließe sich jedoch nach dem Auftauchen eines elektronischen Kauf-Angebots der seinerzeit bei dem Geschäft nicht bedachten Investmentfirma, die den Schmiergeldverdacht erhärten könnte, nicht mehr halten.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Thailand – Majestätsbeleidigung: Ein thailändischer Aktivist ist zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er als Herausgeber die Verantwortung für zwei monarchiekritische Artikel trage, meldet die FAZ. Die taz (Nicola Glass) stellt den Verurteilten vor.
Niederlande – Kunstraub: Drei mutmaßlich an dem Kunstraub in der Rotterdamer Kunsthalle Beteiligte sind in Bukarest festgenommen worden, meldet die FAZ. Bei dem spektakulären Einbruch im Oktober waren Kunstwerke im Wert von 50 bis 100 Millionen Euro entwendet worden, von der Beute fehlt nach wie vor jede Spur.
Sonstiges
Facebook vs. Datenschutz: Die Zeit (Alina Fichter) berichtet über einen jungen österreichischen Juristen, der dem Social Media-Riesen den Kampf angesagt hat. Er sehe durch dessen Datensammelwut ("So viele und so sensible Bürgerinformationen wie Facebook hat nicht mal die Stasi gesammelt.") europäische Grundrechte verletzt und plane nach erfolglosen Eingaben beim Konzern und der irischen Datenschutzbehörde nunmehr eine Klage beim Bezirksgericht Dublin. Auf die Expertise des Aktivisten verließe sich unter anderem die EU-Justizkommissarin Viviane Reding, auch Bundesinnenminister Friedrich habe sich bereits mit ihm getroffen.
Suhrkamp-Auseinandersetzung: Zum Streit der Gesellschafter des Suhrkamp-Verlages nimmt die Verlegerin Ulla Suhrkamp-Berkéwicz in einem ausführlichen Interview in der Zeit (Adam Soboczynski) Stellung.
NS-Aufarbeitung: Im Feuilleton der Zeit erinnert Joachim Perels, emeretierter Professor der Politikwissenschaft, an die mangelhafte juristische Ahndung nationalsozialistischer Verbrechen in der Bundesrepublik der 50er und 60er Jahre. Der Beitrag ist mit "Ignorieren, relativieren, verharmlosen" überschrieben und enthält Statistiken, besonders krasse Entscheidungen höchster deutscher Gerichte sowie einen Ausspruch des Frankfurter Staatsanwalts Fritz Bauer, dass die Strafen für NS-Verbrecher einer Verhöhnung der Opfer "mitunter recht nahe" gekommen seien.
Das Letzte zum Schluss
Teure Burger: Als die nach Halal-Vorschriften zubereiteten Fleischstücke einer McDonalds-Filialie in Michigan/USA ausgingen, behalf sich das Restaurant kurzerhand mit Schweinefleisch. Einem muslimischen Kunden stieß dies auf – um einer Gerichtsverhandlung aus dem Weg zu gehen, einigte sich der Burgerbrater mit dem Mann außergerichtlich auf eine Entschädigung von 700.000 Dollar. Es berichten welt.de und die SZ (Geld-Teil).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 24. Januar 2013: Bundesbildungsministerin unter Plagiatsverdacht – Zukunft der Finanztransaktionsteuer - Teurer Burger bei MCD . In: Legal Tribune Online, 24.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8029/ (abgerufen am: 05.05.2024 )
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