Eine Krankheit kann eine besondere Härte sein, die ein Mieter gegen die Kündigung geltend machen kann. Außerdem in der Presseschau: Die Oldschool Society ist eine terroristische Vereinigung und Trumps Einreisestopp wurde erneut gestoppt.
Thema des Tages
BGH zu Härtefall bei Wohnungskündigung: Wehrt sich der Wohnungsmieter gegen eine Kündigung, muss das Gericht auch Krankheiten des Mieters berücksichtigen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Im konkreten Fall ging es um eine Kündigung wegen Eigenbedarfs für eine Familie mit Kindern. Der 87-jährige Mieter machte geltend, wegen seiner Demenzerkrankung nicht seine gewohnte Umgebung verlassen zu können. Seine Frau weigere sich zudem, in ein Altenpflegeheim zu ziehen. Jetzt muss das Landgericht prüfen, ob eine besondere Härte vorliegt. Den Fall schildern die FAZ (Helene Bubrowski) und die Welt (Michael Fabricius).
In einem Kommentar meint Wolfgang Janisch (SZ), dass trotz des Urteils klar sei, dass der BGH die Gewichte im Bereich der Eigenbedarfskündigung immer stärker auf die Seite der Eigentümer verschiebe. Es sei Sache des Gesetzgebers, "dieser Rechtsprechung ein Kündigungsschutzrecht entgegenzusetzen, das auch den Mietern eine Chance gibt".
Die SZ (Wolfgang Janisch/Benedikt Müller) beantwortet die wichtigsten Fragen zur Sozialklausel und zur Eigenbedarfskündigung.
Rechtspolitik
"Hate Speech": In einem Kommentar setzt sich Christian Rath (taz.de) mit dem Vorschlag von Justizminister Heiko Maas zu Löschpflichten von Social-Media-Anbietern auseinander. Die Löschpflicht sei nichts Neues. Gegen ungerechtfertigte Löschungen könnten sich die Betroffenen immer noch wehren. Im Interesse der Opfer von Hate Speech solle der Vorschlag ausprobiert werden. Michael Hanfeld (FAZ) sieht den Gesetzentwurf kritischer. Er öffne "Zensur nach dem Wisch-und-weg-Prinzip Tür und Tor".
Datenschutzrecht: netzpolitik.org (Ingo Dachwitz) befasst sich mit der am vergangenen Freitag beschlossenen Stellungnahme des Bundesrates zum Datenschutzanpassungs- und Umsetzungsgesetz. Einige der von den Ausschüssen vorgeschlagenen Kurskorrekturen hätten keine Mehrheit gefunden. Nachbesserungen würden hingegen beim Scoring, der Zweckbindung und beim Recht auf Datenlöschung gefordert.
Störerhaftung: netzpolitik.org (Lennart Mühlenmeier) fasst die verschiedenen Reaktionen auf den Gesetzentwurf zur Störerhaftung zusammen.
Ausländerwahlrecht: Ein Gesetz zur Einführung des Wahlrechts für alle Ausländer bei Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen hat nicht die für eine Verfassungsänderung erforderliche Mehrheit bekommen. In der Debatte warf Armin Laschet (CDU) der rot-grünen Landesregierung vor, die Grundlage dafür schaffen zu wollen, dass man "demnächst in jedem Stadtrat in Nordrhein-Westfalen Herrn Erdogan sitzen" habe. Die Welt (Kristian Frigelj) berichtet.
Präventivhaft in Bayern: In einem zweiten Beitrag zur geplanten Novelle des bayerischen Polizeirechts beschäftigt sich der Akademische Rat Martin Heidebach auf juwiss.de mit der geplanten Ausweitung der Präventivhaft. Die Absenkung der Gefahrenschwelle durch die Kategorie der "drohenden Gefahr" und die Streichung der zeitlichen Obergrenze verstoße gegen die Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention.
Justiz
BVerfG zu Fotos von Kachelmann: Das Bundesverfassungsgericht hat sich in zwei Entscheidungen mit der Berichterstattung der Bild-Zeitung über den Wettermoderator Jörg Kachelmann befasst, die die taz (Christian Rath) zusammenfasst. Das Oberlandesgericht Köln hatte zwei Fotos beanstandet, die Kachelmann zur Zeit des damals laufenden Strafverfahrens zeigten. Das Bundesverfassungsgericht gab den Verfassungsbeschwerden des Springer-Verlags teilweise statt. Ein Foto, das Kachelmann auf dem Gehsteig vor der Kanzlei seiner damaligen Verteidigerin zeigte, sei nicht der Privatsphäre zuzuordnen. Daher überwiege die Pressefreiheit. Anders sei dies bei einem Foto von Kachelmann im Innenhof der Kanzlei. Rechtsanwalt Martin. W. Huff analysiert die Entscheidungen auf lto.de.
BGH zu Edward Snowden: Der Bundesgerichtshof hat die Anträge von Abgeordneten von Grünen und Linkspartei abgewiesen, mit denen diese erreichen wollten, dass Edward Snowden für den NSA-Untersuchungsausschuss nach Deutschland eingeladen wird. Der Antrag sei bereits unzulässig, weil die Antragsteller nicht ein Viertel der Bundestagsmitglieder repräsentierten. Damit setze sich der Bundesgerichtshof über den Wortlaut des Gesetzes hinweg und umgehe die Frage, ob die Weigerung der Ausschussmehrheit, Snowden einzuladen, rechtswidrig ist, wie die taz (Christian Rath) und netzpolitik.org (Anna Biselli) schreiben.
VGH Kassel zu Ausweisung: Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hat die Ausweisung von Sanel M. bestätigt, der wegen Körperverletzung mit Todesfolge an der Studentin Tuğçe Albayrak verurteilt worden war. Es bestehe die Gefahr, dass der in Deutschland aufgewachsene Mann wieder straffällig werde. Sein Verteidiger kritisiert, dass das Urteil schon zu Beginn des Verfahrens festgestanden habe, so die Welt (Hannelore Crolly).
OLG München zu "Oldschool Society": Das Oberlandesgericht München hat vier Mitglieder der Terrorgruppe "Oldschool Society" zu drei bis fünf Jahren Haft verurteilt. Die Neonazis hatten sich über das Internet gefunden und sich in Chats über Anschläge auf Asylbewerberunterkünfte ausgetauscht. Während die Verteidigung versucht hatte, das Bild einer harmlosen Truppe zu zeichnen, die nicht in der Lage sei, tatsächlich Anschläge zu verüben, nahm das Gericht die Gründung einer terroristischen Vereinigung an. Die SZ (Moritz Geier), die taz (Konrad Litschko) und zeit.de (Sebastian Lipp) berichten.
Ronen Steinke (SZ) sieht in dem Urteil "eine juristische Härte und Klarheit, die in Deutschland bitter nottut". Wer Gewaltphantasien im Netz publiziere, spiele mit dem Leben von Menschen. Auch Sabine am Orde (taz) begrüßt das Urteil. In der Bundesanwaltschaft scheine sich endlich ein härteres Vorgehen gegen Rechtsextremisten durchzusetzen.
OLG Düsseldorf zu Forstwirtschaft: Das in vielen Bundesländern zentral organisierte Forstsystem verstößt nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf gegen das Kartellrecht. Im konkreten Fall ging es um den baden-württembergischen Landesbetrieb Forst-BW, der den Verkauf von Holz auch von privaten Eigentümern organisiert. Ein Bundesgesetz, das diese Praxis rechtlich absichern sollte, wertete das Oberlandesgericht als europarechtswidrig. Wie die SZ (Stefan Mayr) schreibt, will Baden-Württemberg den Bundesgerichtshof anrufen.
LG Halle zu Reichsbürger: Das Landgericht Halle hat den selbsternannten "König von Deutschland" zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Das melden die FAZ (Reinhard Bingener) und spiegel.de. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann, der der Reichsbürgerbewegung zugerechnet wird, Gelder von rund 500 Anlegern veruntreut hat.
Journalist gegen die bayerische Justiz: Auf der Seite "Recht & Unrecht" schildert die Zeit (Stephan Lebert/Yassin Musharbash) eine längere Auseinandersetzung zwischen dem BR-Journalisten Oliver Bendixen und der bayerischen Justiz. Nachdem bei der Staatsanwaltschaft München I eine Anzeige eingegangen war, wurde gegen Bendixen und zwei Polizisten wegen Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt. Das Bundeskriminalamt weigerte sich, Bendixens Telefonate zu überwachen, später wurden die Verfahren eingestellt. Es stelle sich die Frage, ob der inzwischen zum Generalstaatsanwalt avancierte Manfred Nötzel den Verdacht konstruiert habe, um über abgehörte Telefonate herauszufinden, wie Informationen aus Ermittlungsverfahren an die Öffentlichkeit gelangten.
Betrug durch Deutsche Bank: Der Rechtsanwalt Reiner Fuellmich wirft der Deutschen Bank Prozessbetrug in 4.000 Fällen vor. Es geht um Geschäfte mit Wohnungen, die über Kredite finanziert wurden, um sie später teurer weiter zu verkaufen. Um die Kredite juristisch abzusichern, seien Vertragsdaten gefälscht worden. Jetzt werde an verschiedenen Gerichten ermittelt. Die Vorwürfe stellt die taz (Hermannus Pfeiffer) vor.
Urteile zum Verbraucherschutzrecht: Zum Weltverbrauchertag stellt bild.de 20 Urteile des vergangenen Jahres zum Verbraucherschutzrecht vor.
Recht in der Welt
Luxemburg – Luxleaks: Nach Meldungen von SZ (Alexander Mühlauer) und lto.de wurden die Strafen gegen zwei Whistleblower, die für die sogenannten "Luxleaks" verantwortlich sind, in der Berufungsinstanz deutlich reduziert. Die beiden früheren Mitarbeiter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatten Steuerdeals zwischen Unternehmen und luxemburgischen Finanzbehörden ans Licht gebracht.
Vereinigtes Königreich – Haftung für EU-Schulden: Der Rechtsprofessor und CDU-Politiker Heribert Hirte setzt sich in der FAZ mit der Haftung Großbritanniens für Verbindlichkeiten der Europäischen Union auseinander. Für den Fall des Brexits liege eine gesamtschuldnerische Haftung nahe, die auch nicht zwischen der EU und Großbritannien für das Außenverhältnis ausgeschlossen werden könne. Über Streitfälle habe der Europäische Gerichtshof zu entscheiden.
Türkei – Deniz Yücel: Während das Auswärtige Amt noch immer keinen Kontakt zum in der Türkei inhaftierten Welt-Journalisten Deniz Yücel hat, hat ein Istanbuler Amtsgericht dessen Freilassung abgelehnt. Das meldet zeit.de.
USA – Einreiseverbot: Auch das neue von US-Präsident Donald Trump erlassene Einreiseverbot für Menschen aus sechs mehrheitlich muslimischen Ländern ist vorerst gerichtlich ausgesetzt worden. Das meldet zeit.de. Kurz vor Inkrafttreten des neuen Dekrets entschied ein Bundesrichter in Hawaii, dass es wahrscheinlich verfassungswidrig sei und zu irreparablen Verletzungen von Rechten führen könne.
Juristische Ausbildung
Wissenschaftliche Mitarbeit: lto.de (Sabine Olschner) berichtet von Vorteilen der Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Kanzlei oder an der Universität. Neben Einblicken in bisher unbekannte Rechtsgebiete biete die Mitarbeit mitunter auch ordentliche Gehälter und mache sich gut im Lebenslauf.
Sonstiges
Universelle Rechte: Die FAZ (Reinhard Müller) nimmt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Kopftuch am Arbeitsplatz als Ausgangspunkt, um die grundsätzlichen Herausforderungen zu beleuchten, vor denen die universellen Menschenrechte heute stehen. Dabei lässt er unter anderen den ehemaligen Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof und die EGMR-Richterin Angelika Nußberger zu Wort kommen, die eine Gefahr in der Widersprüchlichkeit der Rechtsprechung sieht.
Türkisches Referendum in Deutschland: Wie die SZ (Stefan Braun) schreibt, hat das Auswärtige Amt in einer Verbalnote seine Zustimmung zu weiteren Wahllokalen für das Referendum zur türkischen Verfassungsreform erklärt. Diese wird jedoch an verschiedene Bedingungen geknüpft, darunter die vollständige Transparenz über alle Wahlveranstaltungen. Reinhard Müller (FAZ) nimmt die Auseinandersetzung zum Anlass, sich mit dem Verhältnis der Deutsch-Türken zu Deutschland und den Rechten ausländischer Politiker in Deutschland zu befassen.
Das Letzte zum Schluss
Kein Schadensersatz für Mops: Die Züchterin eines Mopses namens Ronja muss keinen Schadensersatz leisten. Das zeichnete sich nach der mündlichen Verhandlung am Landgericht Ingolstadt ab. Die Käufer der Hündin verlangen den Kaufpreis zurück, weil der Mops an einer Hirnhautentzündung leide. Eine als Gutachterin bestellt Tierärztin kam jedoch zu dem Schluss, dass die Erkrankung nicht eindeutig auf züchterisches Fehlverhalten zurückzuführen sei, so welt.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dw
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 16. März 2017: Krankheit schützt vor Räumung / Urteil gegen Neonazi-Gruppe / Einreiseverbot erneut gestoppt . In: Legal Tribune Online, 16.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22385/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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