Bis zu drei Jahre Knast für gedopte Spitzensportler: Diese Woche stellt die Bundesregierung das Anti-Doping-Gesetz vor. Außerdem in der Presseschau: Im Zuge des AfD-Goldhandels fordern Forscher eine Reform der Parteienfinanzierung, die Regelung zum Verbot von Nacktbildern kommt offenbar entschärft, Unternehmen dürfen mit "olympischen Preisen" werben und warum Aufregung um eine falsche Anwältin herrscht.
Thema des Tages
Anti-Doping-Gesetz: Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizère (CDU) wollen am Mittwoch den Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes vorstellen. Danach sollen Spitzensportler, die verbotene Substanzen einnehmen, künftig mit bis zu drei Jahren Haft rechnen müssen. Zum ersten Mal würden damit Sportler unter Strafe gestellt, die sich durch Doping einen Wettbewerbsvorteil verschaffen wollen, schreibt die SZ (Robert Rossmann). Freizeitsportler soll das Gesetz nicht erfassen, sondern nur Athleten, die mit dem Sport "erhebliche Einnahmen" erzielen. Auch Erwerb und Besitz der Substanzen soll strafbar sein; vorgesehen seien auch verfahrensrechtliche Änderungen.
Johannes Aumüller (SZ) begrüßt den Vorstoß der Bundesregierung, ein Anti-Doping-Gesetz zu schaffen, nennt er doch die Dopingwelt einen "mafiösen Zirkel, der vor allem von eisernen Schweigebündnissen lebt". Daher brauche es dort Leute, die auspacken. Aumüller pflichtet Szenekennern bei, die auf Kronzeugenregelungen und die Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht pochen.
Rechtspolitik
AfD-Goldhandel und Parteienfinanzierung: Soll die AfD weiter mit Gold handeln dürfen? Und warum tut sie das überhaupt? In einem Beitrag für lto.de erklärt Sebastian Roßner, dass der Anlass für den Goldhandel der AfD vor allem in höherer staatlicher Parteienfinanzierung liegt. Als Grund nennt er die sogenannte relative Obergrenze, die das Parteiengesetz festlegt und die bestimme, dass "keine Partei mehr staatliche Mittel erhalten soll, als sie selbst erwirtschaftet". Die AfD führe das System der Parteienfinanzierung ad absurdum, so Roßner. Die geltenden Regeln müssten daher reformiert werden. Die Konstanzer Staatsrechtlerin Sophie-Charlotte Lenski äußert sich im Verfassungsblog ebenfalls kritisch. So habe das privatwirtschaftliche Handeln der AfD mit der "Verankerung in der Gesellschaft als politische Partei nichts zu tun". Schließlich: "Auch wenn die Strategie der AfD somit mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang steht – die rechtliche Regelung ist in dieser Form nicht verfassungsgemäß." Roßner wie auch Lenski fordern den Gesetzgeber zur Reform auf.
Nacktbilderbestrafung abgeschwächt: Wie die SZ (Robert Rossmann) meldet, wird der Gesetzentwurf zur Verschärfung des Sexualstrafrechts kurz vor seiner Verabschiedung am Donnerstag abgeschwächt. Aufnahme und Verbreitung von Nacktbildern von Kindern und Jugendlichen sollen nur noch in wenigen Fällen strafbar sein: wenn die Bilder angefertigt werden, um sie zu verkaufen oder in Tauschbörsen einzustellen. Experten hatten zuvor moniert, dass auch unverfängliche Aufnahmen kriminalisiert würden.
Pflicht zur Schlichtung: Nach den GDL-Streiks am vergangenen Wochenende fordert die CSU nun laut SZ (Mike Szymanski) eine gesetzliche Pflicht für Tarifpartner, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Ein solches Verfahren hatte GDL-Chef Claus Weselsky zuletzt abgelehnt. Zitiert wird der stellvertretende CSU-Chef Peter Gauweiler, demzufolge der Staat möglicherweise die Pflicht habe, gesetzgeberisch tätig zu werden. Denn wenn es um die Daseinsvorsorge gehe, habe der Staat eine Gewährleistungspflicht. Im Interview mit dem Handelsblatt (Dieter Fockenbrock) sieht sich Weselsky schließlich angesichts der Eilentscheidungen der Frankfurter Arbeitsgerichte über Recht- und Verhältnismäßigkeit des Streiks bestätigt.
Suizidhilfe: Die taz (Simone Schmollack) thematisiert die Debatte um die Suizidhilfe, die am Donnerstag im Bundestag diskutiert werden soll. Dort soll es um die Frage gehen, ob Sterbehilfevereine verboten werden sollen – oder ob mehr Möglichkeiten zugelassen werden. In einem Streitgespräch stellen eine Medizinethikerin und der Geschäftsführer der Lebensrechtsinitiative Kaleb ihre konträren Positionen dar. Laut SZ (Mike Szymanski) hat die CSU am Montag einen Entwurf beschlossen, demzufolge "alle Formen der organisierten und der gewerbsmäßigen Beihilfe zum Suizid" unter Strafe gestellt werden sollen.
Wolfgang Bär am BGH: Nachdem der Richterwahlausschuss vergangene Woche drei neue Bundesrichter gewählt hat, äußert sich Thomas Stadler (internet-law.de) besorgt über die Wahl Wolfgang Bärs zum Richter am Bundesgerichtshof: Bär sei nie als bürgerrechtsfreundlich aufgefallen, sondern habe "regelmäßig die Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden eher weit ausgelegt"; außerdem sei er Befürworter der Quellen-TKÜ. Eine liberale Rechtsprechung sei von Bär nicht zu erwarten.
Sachsen und Weisungsrecht der Justizminister: Die FAZ (lock) berichtet über den zwischen CDU und SPD in Sachsen unterzeichneten Koalitionsvertrag. Der Vertrag sieht unter anderem vor, das Weisungsrecht des Justizministers gegenüber der Staatsanwaltschaft auszusetzen.
Justiz
EuGH – Klage von TTIP-Gegnern: Das Bündnis "Stop TTIP" hat Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Das meldet sueddeutsche.de. Die Gegner des geplanten Freihandelsabkommens zwischen den USA und Europa wenden sich mit ihrer Klage gegen eine Entscheidung der EU-Kommission, wonach eine Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP nicht zugelassen wird.
BVerfG – NPD-Verbotsverfahren: 2003 scheiterte das NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, weil das Gericht die Partei wegen zahlreicher V-Leute als nicht "staatsfrei" einstufte. Vor einem Jahr startete der Bundesrat einen neuen Verbotsantrag vor dem BVerfG, und dieses Mal "stamme kein zum Beweis vorgelegtes Zitat von staatlich gelenkten Spitzeln", wie es von Ministern aus Bund und Ländern 2012 hieß. Die FAZ (Reinhard Müller) beschreibt das Parteiverbotsverfahren vor dem BVerfG als einem Strafverfahren ähnlich; momentan müsse das Gericht über den nächsten Verfahrensschritt entscheiden – um dann zu entscheiden, ob neue Verwertungsverbote oder Verfahrenshindernisse vorliegen. Schließlich weist der Artikel auf die Rolle des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hin, der die Verhältnismäßigkeit von Parteiverboten prüft und dabei auch nach dem tatsächlichen Einfluss der Parteien fragt. Auch daran könne das Verbotsverfahren letztlich scheitern.
BGH zu "olympischen Preisen": Unternehmen dürfen Produkte und Preise in ihren Werbeslogans als "olympisch" bezeichnen, auch wenn sie nicht offizieller Sponsor der olympischen Spiele sind. Das hat der Bundesgerichtshof laut lto.de entschieden. Voraussetzung ist aber, dass nicht konkrete Anhaltspunkte für einen unzulässigen Imagetransfer vorliegen. Ein Hersteller von Kontaktlinsen hatte während der olympischen Spiele 2008 in Peking mit den Slogans "Olympische Preise" und "Olympia-Rabatt" für seine Produkte geworben; der Olympische Sportbund monierte einen Verstoß gegen das Olympiaschutzgesetz.
OLG Düsseldorf zum Verletzerzuschlag: Werden Urheber- oder andere Immaterialgüterrechte verletzt, berechnen Gerichte den Schadensersatz nach der sogenannten Lizenzanalogie. Dabei wird geprüft, wie viel die verletzende Partei an den Rechtsinhaber hätte zahlen müssen, hätte der eine "marktübliche Lizenz" erteilt. Doch kann die Lizenzanalogie auch einen "Verletzerzuschlag" enthalten? Im Handelsblatt berichtet Rechtsanwalt Christian Harmsen über einen Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf an den Europäischen Gerichtshof, der das nun prüfen soll. Harmsen mahnt zu Augenmaß, weil ein Zuschlag, der "pauschal oder in bestimmten Fallgruppen regelmäßig zu erhöhten Schadensersatzzahlungen" zu zahlen ist, dem europäischen Recht fremd sei.
LSG NRW zum Schweigerecht: Nahe Angehörige von Hartz-IV-Empfängern können sich nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Das hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschieden, wie lawblog.de (Udo Vetter) meldet. Die Angehörigen müssen angeben, was sie verdienen und über welches Vermögen sie verfügen. Im konkreten Fall wollte eine Behörde von den Eltern eines Antragstellers wissen, ob sie Unterhalt zahlen können. Die Eltern verweigerten die Aussage; das LSG sah eine Ausnahme vom Zeugnisverweigerungsrecht nach § 385 der Zivilprozessordnung.
LAG Berlin-Brandenburg zu sittenwidrigen Löhnen: Darf ein Rechtsanwalt seine Bürohilfen mit 1,53 bzw. 1,64 Euro abspeisen? Nein: Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hält diese Löhne für sittenwidrig. Das meldet lto.de. Eine umstrittene gegenläufige Entscheidung der Vorinstanz sei damit vom Tisch; der Rechtsanwalt muss jetzt rund 3.400 Euro an das Jobcenter Oberspreewald-Lausitz zahlen.
LG Bielefeld – Familienstreit: Onkel und Neffe der Familie Tönnies streiten sich seit dem gestrigen Montag vor dem Landgericht um die Führung in Deutschlands größten Fleischkonzern. Das Handelsblatt (Christoph Kapalschinski/Anja Müller) berichtet über den Eigentümerstreit und die Tendenz, dass immer mehr Familienunternehmen an der internen Konfliktlösung scheitern. Auch die SZ (Elisabeth Dostert) schreibt über das Verfahren.
ArbG Düsseldorf zu spielsüchtigem Mitarbeiter: Der Arbeitsrechtler Markus Stoffels beschreibt auf blog.beck.de ein am Arbeitsgericht Düsseldorf kürzlich ergangenes Urteil. Der Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Hilden hatte über 100.000 Euro veruntreut – und dennoch hätte die Stadt ihm nicht gleich kündigen dürfen. Grund: "Aufgrund seiner Spielsucht fehle ihm die Impuls- und Steuerungsfähigkeit, so dass ihm die Handlungen nicht vorwerfbar seien." Entsprechend einer bei ihr geltenden "Dienstvereinbarung Sucht" sei die Beklagte verpflichtet gewesen, vor dem Ausspruch einer Kündigung zunächst ein abgestuftes Verfahren zu durchlaufen.
StA Dresden zu Jugendpfarrer König: Die Staatsanwaltschaft Dresden hat laut zeit.de das Strafverfahren gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König gegen eine Zahlung von rund 3.000 Euro eingestellt. König war wegen schweren Landfriedensbruchs angeklagt, nachdem er 2011 Gewaltaufrufe gegen Polizisten bei einer Anti-Nazi-Demonstration in Dresden gestartet haben soll.
LG Düsseldorf – Achenbach: In ihrem Feuilleton schreibt die Welt (Marcus Woeller) über den am Mittwoch beginnenden Zivilprozess gegen den Kunstberater Helge Achenbach vor dem Landgericht Düsseldorf. Die Aldi-Erben werfen Achenbach vor, Kunstwerke und Oldtimer zu überhöhten Preisen verkauft zu haben. Wie auch in seinem Strafverfahren werde Achenbach versuchen, die Vorwürfe zu entkräften. Der Artikel stellt Achenbachs Verteidigungsstrategie vor.
Recht in der Welt
Spanien – Regierung droht Katalanen: Nachdem die Katalanen in der inoffiziellen Volksbefragung für ihre Unabhängigkeit votierten, hat die spanische Zentralregierung der katalanischen Regierung mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht. Im Raum steht der Vorwurf des Verstoßes gegen die spanische Verfassung. Die taz (Reiner Wandler) und die Welt (Ute Müller) berichten.
Italien – Seismologen freigesprochen: Ein Berufungsgericht im italienischen L'Aquila hat laut focus.de sieben Seismologen freigesprochen, die in erster Instanz noch zu sechs Jahren Haft verurteilt worden waren. Der Vorwurf lautete damals, die Seismologen hätten als Mitglieder einer Erdbeben-Kommission ungenügend vor Erdstößen gewarnt, die 2009 zu einem Erdbeben mit über 300 Toten führten.
Sonstiges
Trend im Verbraucherschutzrecht: Unternehmenshaftung, Sammelklagen, internationale Rechtsdurchsetzung – das Handelsblatt (Melanie Rübartsch) stellt eine Studie der Wirtschaftskanzlei Freshfields vor, der zufolge der globale Trend zur Verschärfung des Verbraucherschutzrechts geht. Unternehmen fürchteten neue Haftungsdimensionen, in Deutschland sei man aber gut aufgestellt.
Das Letzte zum Schluss
Falsche Anwältin: Jurastudium nicht abgeschlossen und trotzdem als Anwältin gearbeitet: Wie Udo Vetter (lawblog.de) meldet, hat eine Frau seit Mitte des Jahres über dreißig zivil- und strafrechtliche Verfahren als Rechtsanwältin in einer Kanzlei im Kreis Miltenberg bearbeitet. Die Vollmachten dazu soll sie von einem niedergelassenen Rechtsanwalt erhalten haben – anscheinend unter Vorspiegelung falscher Tatsachen. Die Dame habe ihr Jurastudium nie abgeschlossen.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/fr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 11. November 2014: Anti-Doping-Gesetz kommt – Parteienfinanzierung kritisiert – Olympische Preise erlaubt . In: Legal Tribune Online, 11.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13765/ (abgerufen am: 11.05.2024 )
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