Wird die Religionsfreiheit der (radikalen) Christen in Europa genügend geachtet? Das wird jetzt in Straßburg geprüft. Außerdem in der Presseschau: Die Verfassungsklage gegen Gigaliner, die Pflichten von Blumenhändlern im Anti-Terrorkampf und warum der Anblick eines violetten Riesendildos zu einer Klage führte.
EGMR – Religionsfreiheit: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verhandelt heute vier Fälle zur Religionsfreiheit. Darauf weist die SZ (Wolfgang Janisch) in einem Vorbericht hin. Alle vier Fälle betreffen britische Christen. Ein Sexualtherapeut musste gegen seine religiöse Überzeugung Homosexuelle beraten. Eine Standesbeamtin musste homosexuelle Paare trauen. Eine Stewardess durfte bei der Arbeit kein Kreuz um den Hals tragen, ebenso wie eine Krankenschwester.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Ankauf von Steuerdaten-CDs: Sogar das FDP-Präsidium lehnt den Vorschlag von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ab, den Ankauf von illegal erlangten Steuerdaten zu verbieten. Das berichten u.a. spiegel.de (Severin Weiland) und die taz (Christian Rath). Die SZ (Peter Blechschmidt) verbindet die Nachricht mit einem Portrait der Ministerin.
Manfred Schäfers (FAZ) unterstützt die Ministerin. Im Rechtsstaat heilige der Zweck nicht die Mittel. So dürfe die deutsche Polizei zum Beispiel auch "nicht Diebe beauftragen, um verschleppte Kunstwerke aus russischen Museen zurückzuerhalten." Frank Wiebe (Handelsblatt) meint dagegen: "Durch die Zusammenarbeit mit Datendieben ist nicht gleich der Rechtsstaat in Gefahr." Außerdem leide die Glaubwürdigkeit des Staates viel mehr, wenn er Steuerbetrüger entwischen lasse.
EU-Reform: Die SZ (Martin Winter) beschreibt Sondierungen der Bundesregierung bei den EU-Partnern, ob Bereitschaft zu einer großen Vertragsreform besteht. Ob daraus ein Konvent werde, sei noch völlig offen. Erst solle ausgelotet werden, was man will, dann wie man es macht. Denkbar sei auch eine verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der jetzigen Strukturen oder neue völkerrechtliche Verträge jenseits der EU.
Inklusion im Sport: Der Anwalt Florian Weichselgärtner setzt sich auf lto.de für die Integration von Behinderten im Sport ein. Wenn diese mit Hilfsmitteln antreten, dürfe ihnen nicht pauschal ein Wettbewerbsvorteil unterstellt werden. Er schildert dabei das Verfahren des amputierten südafrikanischen Läufers Oscar Pistorius gegen den Leichtathletik-Verband.
Weitere Themen – Justiz
BVerfG – Gigaliner: Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein haben beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Modellversuch mit übergroßen Lastwagen eingereicht. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) habe ihn ohne die erforderliche Zustimmung des Bundesrats genehmigt, so u.a. die taz (Nadine Michel). Es liege schon eine ähnliche Klage der Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen vor.
EuGH zu Informationspflichten beim E-Commerce: Der Europäische Gerichtshof hat im Juli entschieden, dass eine Informationswebseite des Verkäufers nicht als Verbraucher-Information nach der Fernabsatzrichtlinie (umgesetzt in § 312c BGB) genügt. Danach muss der Verbraucher wichtige Informationen in einem "für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger erhalten." Über das Urteil berichtet Anwalt Ulrich Noack auf dem Handelsblatt-Rechtsboard.
BAG zu ehrenamtlichem Engagement: Wer ehrenamtlich arbeitet, kann sich nicht auf Kündigungsschutz berufen. Das entschied vorige Woche das Bundesarbeitsgericht (BAG), laut beck.blog.de (Manfred Stoffels). Geklagt hatte eine Frau, die für 30 Euro Unkostenersatz pro Monat bei der Telefonseelsorge arbeitete und nach acht Jahren nicht mehr eingesetzt wurde.
BGH zu Entschädigung bei verspätetem Zubringerflug: Die Anwältin Antje Krenkel stellt in der FTD eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) von Ende August als "Urteil der Woche" vor. Danach muss ein Passagier mit einem Anschlussflug befördert werden, auch wenn sein Gepäck wegen einer Verspätung des Zubringerflugs noch nicht mitbefördert werden kann.
StA Stuttgart – LBBW-Zweckgesellschaften: Die SZ (Klaus Ott) schildert Ermittlungen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen ehemalige Vorstände der Landesbank Baden-Württemberg. Sie stehen im Verdacht der Untreue und der unrichtigen Bilanzdarstellung. Bei Geschäften von Zweckgesellschaften, die die Bank beherrschte, sollen sie bewusst zu große Risiken eingegangen sein und diese Risiken auch nicht bilanziert haben. Falls es zum Prozess kommt, werde erstmals über den Sinn von Zweckgesellschaften entschieden.
Elternklagen bei Schulkonflikten: zeit.de (Linda Tutmann) stellt den Hamburger Anwalt Alexander Münch vor, der sich auf Klagen von Eltern und Schülern gegen schlechte Noten und Disziplinarmaßnahmen spezialisiert hat.
Verteidiger Adam Ahmed: In einem ausführlichen Interview mit der SZ (Joachim Käppner/ Wolfgang Wittl) spricht der Strafverteidger Adam Ahmed über seine spektakulären Fälle (u.a. den Mann, der in Krailling seine zwei Nichten tötete) und seine Berufsauffassung. Die Einhaltung des Rechts sei wichtiger als eine mögliche Gefahr bei der Entlassung eines Straftäters.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Niederlande - Urteil nach "Facebook-Mord": Ein Gericht in Arnheim hat gegen einen zur Tatzeit 14-jährigen Jugendlichen wegen Mordes die Höchststrafe verhängt - ein Jahr Gefängnis, gefolgt von drei Jahren in einer Zwangsanstalt für minderjährige Straftäter, ein Jahr davon auf Bewährung, so die SZ (Thomas Kirchner) Der Tat ging ein Streit unter Mädchen über beleidigenden Tratsch auf einer Facebook-Seite voraus.
Belgien - Entlassung Michelle Martin: Der Anwalt und Rechtsprofessor Marc Preumont erläutert im Interview mit der FAZ (Nikolas Busse), warum die Mittäterin des Sexualmörders Marc Dutroux nach 16 Jahren Haft auf Bewährung entlassen wurde.
Sonstiges
Al Qaida-Verordnung: Die Anwälte Manfred Hack und Nils Neumann stellen auf lto.de die schon jahrelang geltende al-Qaida-Verordnung der EU vor. Sie verbietet Arbeitgebern, Terroristen und Gefährder zu beschäftigen, die auf entsprechenden Listen stehen. So sollen Geldflüsse in Terrornetzwerke verhindert werden. Auch jeder Blumenhändler müsse mindestens jährlich prüfen, ob sein Azubi auf den Listen stehe, mahnen die beiden Anwälte.
Das Letzte zum Schluss
Entblößter Riesendildo: Ein schwules Paar will gegen eine US-Fluggesellschaft auf Schadensersatz wegen Verletzung der Privatsphäre und seelischer Grausamkeit klagen. Auf dem Gepäckband des Flughafens wurde ihre Reisetasche so abgestellt, dass für alle Mitreisenden gut sichtbar ein violetter Riesendildo herauslugte. Das Paar glaubt, dass dies kein Zufall war, berichtet der Blog infodocc.info (Karsten Gulden).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 4. September 2012: Kreuze in Straßburg – Monstertrucks in Karlsruhe – Dildo im Flughafen . In: Legal Tribune Online, 04.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6991/ (abgerufen am: 05.05.2024 )
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