Der Generalanwalt beim EuGH erklärt die EZB-Staatsanleihen für zulässig. Außerdem in der Presseschau: Bundesregierung beschließt Ausweisentzug, BVerfG zu Datenübermittlung aus Gerichtsakten, BGH zu Legal Highs, OLG Oldenburg zu Kind als Schaden, Adoptionsverbot für gleichgeschlechtliche Paare in Österreich gekippt und warum ein Hund fürs Fernsehen zahlen sollte.
Thema des Tages
EuGH – EZB*: Der Generalanwalt Pedro Cruz Villalón hat am gestrigen Mittwoch in seinem Schlussantrag vor dem Europäischen Gerichtshof den angekündigten Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank im Rahmen des Outright Monetary Transactions Programm für mit den EU-Verträgen vereinbar erklärt. Die FAZ (Helene Bubrowski/Reinhard Müller), die SZ (Wolfgang Janisch/Markus Zydra), die Badische Zeitung (Christian Rath), das Handelsblatt (Ruth Berschens u.a.), lto.de (Constantin van Lijnden) und zeit.de (Mark Schieritz) stellen das Verfahren vor dem EuGH und die Argumentation des Generalanwalts ausführlich dar. Er habe der EZB ein weites Ermessen zugestanden, die Notenbank jedoch einer Begründungspflicht für die jeweiligen Anleihenkäufe unterworfen. Sie müsse im Einzelfall ausführlich begründen, warum die Ankäufe notwendig waren, sodass die Maßnahme vom EuGH überprüfbar bleibe. Die Schlussanträge des Generalanwalts seien nicht bindend, jedoch folge der EuGH diesen in der Regel.
Die Zeit (Giovanni di Lorenzo) führt ein ausführliches Gespräch mit EZB-Chef Mario Draghi. Themen des Interviews sind unter anderem die Zinspolitik der EZB und die geplanten Anleihenkäufe.
Nach Marc Beise (SZ) zeige die Argumentation des Generalanwalts eine vermittelnde Position, ein Kampf der Gerichte zwischen dem EuGH und dem Bundesverfassungsgericht sei abgewendet. Holger Stelzner (FAZ) kommentiert, das BVerfG könne zwar noch immer eine Kompetenzüberschreitung rügen, jedoch würden durch die EZB in der Zwischenzeit Tatsachen geschaffen werden.
Rechtspolitik
V-Leute: Die SZ (Georg Mascolo) berichtet von einer Forderung der Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz von V-Leuten zu schaffen. Nach derzeitiger Rechtslage müssten die Informanten und die Mitarbeiter der beiden Behörden befürchten, strafrechtlich belangt zu werden, etwa wegen Unterstützung einer terroristischen oder kriminellen Vereinigung. Zudem vertreten einige Kollegen die Ansicht, dass es für den Einsatz von V-Leuten bisher keine gesetzliche Ermächtigung gebe. Zwischen dem Justiz- und dem Innenministerium sei die konkrete Umsetzung umstritten, denkbar wäre eine Generalklausel oder ein Katalog mit erlaubten Straftaten.
Ausweisentzug: Am gestrigen Mittwoch hat das Bundeskabinett die Änderung des Personalausweisgesetzes auf den Weg gebracht. Künftig soll deutschen Staatsbürgern, die sich an islamistischen Kämpfen in Krisenregionen beteiligen wollen, der Personalausweis bis zu drei Jahren entzogen werden können, um sie an der Ausreise zu hindern. Das Handelsblatt (Till Hoppe) und die taz (Anja Maier) stellen die geplante Regelung und die Kritik der Opposition dar. Die FAZ (Majid Sattar) schildert zudem die von Justizminister Heiko Maas (SPD) geplante Einführung der Strafbarkeit des Versuchs der Ausreise in terroristischer Absicht.
IT-Sicherheitsgesetz: Über die bevorstehenden Änderungen für mittelständische Unternehmen im Zusammenhang mit dem geplanten IT-Sicherheitsgesetz informiert die FAZ (Joachim Jahn). Wer eine Internetseite betreibe, gelte als Dienstanbieter und müsse ausreichende Abwehrmaßnahmen gegen cyberkriminelle Angriffe treffen. Zudem wird der aktuelle Stand bei den Verhandlungen über die EU-Datenschutzgrundverordnung erläutert.
Mietpreisbremse: Aufgrund der zahlreichen Ausnahmen und der Befristung auf fünf Jahre kritisiert der Deutsche Mieterbund den Entwurf zur Mietpreisbremse und fordert stattdessen eine bundesweit und unbefristet geltende Regelung. Das berichten die Welt (Norbert Schwaldt) und die FAZ (Joachim Jahn/ Henrike Roßbach).
* Anm. d. Red.: Kurz nach Veröffentlichung haben wir die Überschrift geändert, die zunächst missverständlich klang, als habe bereits der EuGH entschieden und nicht erst der Generalanwalt.
Justiz
BVerfG zu Datenübermittlung: Wie lto.de meldet, hat das Bundesverfassungsgericht am gestrigen Mittwoch entschieden, dass die Übermittlung von Informationen aus der Gerichtsakte an eine nicht verfahrensbeteiligte Behörde gerichtlich überprüfbar sein muss. Der Beschwerdeführer hatte sich erfolglos an das zuständige Oberlandesgericht gegen die Weitergabe von Informationen aus einem familienrechtlichen Verfahren an seine Dienstbehörde gewandt; das OLG sah seinen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Datenübermittlung als unzulässig an. Das BVerfG entschied, dass der Beschluss des OLG ihn in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt.
BGH zu Legal Highs: Als Legal Highs werden Produkte wie Badesalze oder Kräutermischungen bezeichnet, die synthetische Cannabinoide enthalten und als besonders gefährlich eingestuft werden. Der Bundesgerichtshof hat am gestrigen Mittwoch für einige dieser Substanzen den Grenzwert für die "nicht geringe Menge" nach dem Betäubungsmittelgesetzt festgelegt, meldet spiegel.de. Wegen nicht getroffener Feststellungen zur Menge muss das Landgericht Landshut den Fall neu verhandeln.
OLG Oldenburg zu Unterhaltsschaden: Eine Frau verklagte ihre Frauenärztin auf Unterhalt für ihr Kind, weil die Ärztin die Schwangerschaft, trotz früherer Untersuchungen, erst zu einem Zeitpunkt entdeckt hatte, als ein Schwangerschaftsabbruch nach der Fristenlösung nicht mehr möglich war. Wie lawblog.de (Udo Vetter) berichtet, hat das Oberlandesgericht entschieden, dass ein Anspruch auf Ersatz des Unterhaltsschadens nur besteht, wenn der Abbruch rechtmäßig war. Die Beratungs- und Fristlösung stelle den Abbruch lediglich straflos und stehe nicht im Einklang mit der Rechtsordnung.
AG Koblenz zu Datenübermittlung: internet-law.de (Thomas Stadler) befasst sich mit einem Urteil des Amtsgerichts Koblenz zur Weitergabe von Kundendaten in Fällen von File-Sharing durch sogenannte Reseller. In der Praxis schließen Kunden mit diesen Firmen einen Vertrag über den Internetanschluss, während der gerichtliche Auskunftsanspruch nur gegen den Netzbetreiber gerichtet wird. Das AG habe entschieden, dass die Reseller in einem solchen Fall die Kundendaten ohne einen auch gegen sie gerichteten Auskunftsbeschluss nicht übermitteln dürfen.
Verurteilungen-Statistik: Die FAZ (Karin Truscheit) stellt die aktuelle Verurteilten-Statistik des Statistischen Bundesamtes vor. Bei Erwachsenen seien die Verurteilung um 16 Prozent, bei Jugendlichen gar um 33 Prozent gegenüber dem Jahr 2007 zurückgegangen. Verurteilungen wegen Vermögensdelikten seien am häufigsten vertreten.
Hans-Ludwig Kröber – Forensischer Psychiater: Die Zeit (Daniel Müller) bringt ein ausführliches Porträt des forensischen Psychiaters Hans-Ludwig Kröber, der als einer der renommiertesten Gerichtsgutachter gilt. Kröblers war unter anderem im Fall Gustl Mollath als Gutachter beteiligt, weswegen er mittlerweile in die Kritik geraten sei. Der Artikel geht auf die Vorwürfe ein und erläutert die Arbeit des Gutachters.
StA Bamberg – Missbrauch: Die SZ (Annette Ramelsberger) schildert den Fall eines Chefarztes aus Bamberg, dem vorgeworfen wird, in seinem Klinikum 13 Frauen narkotisiert und missbraucht zu haben. Die Staatsanwaltschaft Bamberg habe Anklage gegen den Arzt erhoben. Den Missbrauch soll der Arzt in Bild und Ton dokumentiert haben.
StA Bochum – Middelhoff: Thomas Middelhoff droht ein erneuter Prozess wegen Untreue, wie das Handelsblatt (Massimo Bognanni) berichtet. Die Staatsanwaltschaft Bamberg werfe ihm diesmal vor, kurz vor seinem Ausscheiden als Arcandor-Chef 800.000 Euro an die Universität Oxford als Sponsoring überwiesen zu haben. spiegel.de (Stefan Kaiser) interviewt die Anwältin Annette Rosskopf zu den Vorwürfen.
Recht in der Welt
Österreich - VfGH kippt Adoptionsverbot: Der Österreichische Verfassungsgerichtshof hat das Adoptionsverbot für gleichgeschlechtliche Paare in Österreich für verfassungswidrig erklärt, meldet lto.de. Das ausdrückliche Verbot der Adoption eines Wahlkindes für gleichgeschlechtliche Paare lasse sich weder mit dem Kindeswohl noch mit Erhalt der Ehe bzw. der traditionellen Familie rechtfertigen. Bis Ende des Jahres habe die Regierung nun Zeit, eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen.
IStGH – LRA-Kommandeur: Von der Erfassung eines führenden Mitglieds der Lord's Resistance Army, Dominic Ongwen, und der geplanten Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof berichtet nun auch die FAZ (Thomas Scheen). Der IStGH habe bereits 2005 einen Haftbefehl unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Versklavung von Gefangenen erlassen.
Sonstiges
Mega-regional trade agreements: Vom 23. bis 24. Dezember 2014 fand in Dresden eine Konferenz zu "mega-regionalen" Freihandelsabkommen statt. In einem englischsprachigen Beitrag auf juwiss.de stellen Evin Dalkilic und Christopher Frey die Ergebnisse der Konferenzbeiträge und –diskussionen dar. Unter anderem befasst sich der Beitrag mit der Verortung der aktuell verhandelten Freihandelsabkommen zwischen großen Handelspartnern wie TTIP und Ceta und deren strukturelle Auswirkungen auf die Weltwirtschaftsordnung.
Das Letzte zum Schluss
Rundfunkbeitrag für den Hund: Dass der Rundfunkbeitrag auch mit rigorosen Methoden eingetrieben werden kann, ist wohl kein Novum. Dass auch Haustiere zur Kasse gebeten werden, dürfte den stolzen Besitzer eines ungarischen Jagdhundes aus Koblenz dann doch überrascht haben. An ihn war nämlich der Brief adressiert, den der Mann vom Beitragsservice erhielt, wie spiegel.de meldet. Wohl ein böser Scherz eines Nachbarn? Der Sprecher des Beitragsservices habe erklärt, der Hund müsste über die Internetpräsenz angemeldet worden sein.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ms
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 15. Januar 2015: Generalanwalt zu EZB-Staatsanleihenkauf – BGH zu Legal Highs – Kind als Schaden . In: Legal Tribune Online, 15.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14380/ (abgerufen am: 11.05.2024 )
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