Das Bundesverfassungsgericht verkündet heute seine Eilentscheidung zum Eurorettungsschirm – daran konnte auch Peter Gauweiler nichts mehr ändern. Außerdem in der Presseschau: Verhandlungen zum Wahlrecht, SPD-Länder gegen Steuerabkommen, Eklat im NSU-Ausschuss, Generika in Indien und eine Referendarin, die es ganz genau nimmt.
BVerfG verkündet ESM-Urteil: Das Bundesverfassungsgericht wird wie angekündigt heute seine Eilentscheidung zum Eurorettungsschirm ESM verkünden. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler hatte zuvor beantragt, die Ratifizierung des ESM solange zu untersagen, bis die Europäische Zentralbank ihren Beschluss, unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen, zurück nimmt. Hilfsweise hatte er verlangt, das ESM-Urteil zu verschieben. Das wies das Gericht am Dienstag zurück. Einen Überblick gibt die taz (Christian Rath). Die Aufrechterhaltung des Termins übersetzt Kurt Kister (SZ) mit "Vielen Dank, wir haben uns auch ohne den Anstoß des geschätzten Klägers unsere Gedanken zur EZB gemacht." Er nimmt an, dass sich das Verfassungsgericht auch zur EZB äußern wird, weist jedoch darauf hin, dass für die Kontrolle der Europäische Zentralbank kein nationales Gericht, sondern der Europäische Gerichtshof zuständig ist.
Eine Reihe Kommentatoren spekuliert über den möglichen Ausgang der Entscheidung zum ESM. Dietmar Hipp (spiegel.de) rechnet mit einem "Kompromiss", die Verfassungsrichter würden das Vertragswerk nicht kippen, aber möglicherweise strenge Vorgaben machen. Infrage käme etwa ein völkerrechtlicher Vorbehalt oder eine interpretative Erklärung bei der Ratifizierung des Vertrags. Das Verfassungsgericht könne die Vertragstexte jedoch auch selbst auslegen. Reinhard Müller (FAZ) warnt davor, dass Deutschland Schulden macht, um den Euro zu retten und hofft, das Urteil werde "vielleicht ein Bewusstsein für die Ursachen und damit den Weg aus der Schuldenkrise schaffen". In einem Gastkommentar im Handelsblatt fordert Volker Boehme-Neßler, das Bundesverfassungsgericht solle sich von Traditionen lösen und könne dann sehen, "wie Demokratie ohne Parlament verwirklicht werden kann". Max Steinbeis (verfassungsblog.de) macht sich über die "Karlsruhe-Hörigkeit" der Deutschen lustig.
Zahlreiche Porträts runden die Vorberichterstattung ab. Die FAZ (Reinhard Müller) stellt die fünf Richter und drei Richterinnen des Zweiten Senats als "Deutschland-Achter" vor. Den federführenden Berichterstatter für Fragen des Europarechts, Peter Huber, porträtiert die FAZ (Joachim Jahn). Die SZ (Wolfgang Janisch) stellt den Rechtsprofessor Dietrich Murswiek vor, der Peter Gauweiler vertritt, aber auch selbst "mit dem Herzen bei der Sache" sei. Die Welt fragt, "Wer ist der Mann, auf den in diesen Tagen die ganze Welt schaut?" und meint damit den Präsidenten des Verfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle.
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Verhandlungen zum Wahlrecht: Vertreter der fünf Bundestagsfraktionen hätten sich darauf verständigt, in den Verhandlungen über das neue Wahlrecht nur noch zwei Modelle zu diskutieren, berichtet die SZ (Robert Rossmann). Es handele sich um ein Kompensationsmodell, bei dem die in einem Bundesland anfallenden Überhangmandate mit Listenmandaten aus anderen Ländern verrechnet würden und um ein Ausgleichsmodell, bei dem die Parteien, die weniger Überhangmandate erzielt haben, einen Ausgleich erhalten.
Steuerabkommen mit der Schweiz: Das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz könnte endgültig am Widerstand der SPD scheitern. Die SZ (Claus Hulverscheidt) zitiert den Finanzminister Sachsen-Anhalts, Jens Bullerjahn (SPD) mit den Worten, es sei "den Ländern, in denen die SPD mitregiert, nicht mehr möglich, dem Abkommen im Bundesrat zuzustimmen". Der Grund dafür sei die Entscheidung der Wirtschaftskommission des Schweizer Nationalrates, rückwirkende Gruppenanfragen von ausländischen Regierungsstellen abzulehnen, mit denen potenzielle Steuerhinterzieher aufgespürt werden sollten.
Kapitalanlagegesetzbuch: Auf der "Recht und Steuern"-Seite der FAZ erläutert der Rechtsanwalt Thomas Böcker die möglichen Folgen des geplanten Kapitalanlagegesetzes, mit dem die EU-Richtlinie über die Verwaltung alternativer Investmentfonds umgesetzt werden soll.
Einheitspackung für Zigaretten: Der Rechtswissenschaftler Stephan Schäfer befasst sich auf lto.de mit dem Vorhaben des EU-Kommissars für Gesundheit und Verbraucherpolitik, John Dalli, die Tabakproduktrichtlinie so zu verschärfen, dass Zigaretten in Einheitspackungen ohne Aufdruck verkauft werden müssen. Es sei jedoch fraglich, ob das mit der europäischen Grundrechte-Charta vereinbar sei, die die Wort- und Bildmarken der Hersteller schütze.
Weitere Themen - Justiz
NSU-Untersuchungsausschuss: Im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) kam es am Dienstag zum Eklat. Durch eine kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele (Die Grünen) war bekannt geworden, dass der Militärische Abschirmdienst den Untersuchungsausschuss nicht über eine Akte zu dem NSU-Terroristen Uwe Mundlos informiert hatte. Möglicherweise sollte Mundlos als Informant angeworben werden. Wie unter anderem die SZ (Tanjev Schultz) und spiegel.de (Matthias Gebauer/Julia Jüttner) berichten, zeigten sich die Ausschussmitglieder empört und zornig.
BSG zu Geschlechtsumwandlung: Das Bundessozialgericht hat sich in zwei Fällen mit Operationen zur Geschlechtsumwandlung bei Transsexuellen befasst. Demnach müssen die Krankenkassen eine operative Brust-Vergrößerung bezahlen, wenn sich nach einer hormonellen Behandlung nicht zumindest ein Busen in Körbchengröße A gebildet hat. Das meldet spiegel.de.
BGH zu Beraterhonoraren: Der Rechtsanwalt Martin Schockenhoff erläutert auf dem Handelsblatt-Rechtsboard ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Juli dieses Jahres, wonach Beratungsverträge zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aufsichtsratsmitglied der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Indien – Streit um Generika: Das Oberste Gericht in Indien muss in einer Grundsatzentscheidung die Frage klären, ob ausländische Pharmakonzerne für von ihnen entwickelte Medikamente Patentschutz erhalten. Geklagt hat das Schweizer Unternehmen Novartis, das verhindern will, dass sein Krebsmedikament Glivec nachgeahmt wird. Die Hintergründe des Verfahrens und die weitreichenden Folgen der frühestens in sechs Wochen erwarteten Entscheidung schildert die SZ (Tobias Matern).
USA – Whistleblower reich belohnt: Der Whistleblower und frühere Vermögensverwalter der Schweizer Großbank UBS hat für seine Tipps von der US-amerikanischen Steuerbehörde 104 Millionen Dollar Belohnung erhalten. Er wurde erst im vergangenen Monat aus dem Gefängnis entlassen, wo er eine Haftstrafe wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung abgesessen hatte. Das meldet Die Welt.
USA – Giftspritze: Die taz widmet das Thema des Tages der Hinrichtung durch die Giftspritze in amerikanischen Bundesstaaten. Die rechtliche Auseinandersetzung um die Verwendung der Giftspritze skizziert Bernd Pickert. Der deutsche Pharmahersteller Fresenius Kabi hat derweil erklärt, er wolle Großhändlern vertraglich untersagen, sein Narkosemittels Propofol an Gefägnisse, Strafvollzugsbehörden und Gefängniskrankenhäuser zu liefern, berichten Heike Haarhoff/Ruth Reichstein.
Das Letzte zum Schluss
Gelernt ist gelernt: Von einer Referendarin, die es genau nahm, berichtet der Rechtsanwalt Thomas Wings auf seinem Blog Höchststrafe?. Vor der gemeinsamen Autofahrt zur Arbeitsgemeinschaft verlangte die "Extremjuristin" schriftliche Erklärungen ihrer Mitfahrer darüber, dass diese im Fall eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatzansprüche verzichten würden.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 12. September 2012: ESM-Urteil wird erwartet – Steuerabkommen vor Scheitern – NSU-Ausschuss in Aufruhr . In: Legal Tribune Online, 12.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7056/ (abgerufen am: 03.05.2024 )
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