Er muss es wissen: Der ehemalige Verfassungsrichter Winfried Hassemer hält eine NPD-Verbotsverfahren für aussichtsreich. Außerdem in der Presseschau: Die Konferenz der Innenminister mit Witz und Gebet, die bayerische Justizministerin Beate Merk über den Fall Mollath, Störtebekers Schädel, eine neue Zeugin in der Wulff-Affäre und eine besonnene Frau Schäuble.
Hassemer zu NPD-Verbot: Der ehemalige Verfassungsrichter Winfried Hassemer spricht im Interview mit dem Spiegel (Hubert Gude/Dietmar Hipp) über ein mögliches NPD-Verbotsverfahren. Hassemer hält einen Verbotsantrag für aussichtsreich, "wenn alle zuständigen Leute ihre Arbeit anständig gemacht haben". Das Bundesverfassungsgericht müsse allerdings die Maßstäbe für die Verfassungswidrigkeit einer Partei neu entwickeln. Als größtes Risiko wertet er den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der die Entscheidung der Verfassungsrichter kassieren könnte. Die müssten dessen Maßstäbe deshalb berücksichtigen: "Der Menschengerichtshof wird in gewisser Weise in Karlsruhe mit am Tisch sitzen." Eine Vorabmeldung findet sich auf spiegel.de.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Innenministerkonferenz: Die Konferenz der Innenminister ging am Freitag zu Ende. Neben der Empfehlung für ein neues NPD-Verbotsverfahren sprachen sich die Innenminister unter anderem auch für eine Reform des Verfassungsschutzes aus. So soll der Informationsaustausch zwischen den Verfassungsämtern verbessert und eine zentrale V-Leute-Datei eingerichtet werden. Die Samstags-FAZ gibt einen Überblick. Heriber Prantl (Samstags-SZ) hält die Reform der V-Leute-Führung für einen "Witz", den Beschluss zum NPD-Verbot für ein "Gebet". Der Verfassungsschutz müsse grundlegend reformiert werden, die Innenminister säßen "im zerbeulten Auto und tun so, als sei es ein Neuwagen".
Fluggastdaten: Der Innenausschuss des Europaparlaments will Montag kommender Woche über die Fluggastdatensicherung abstimmen. Nach einem Richtlinien-Entwurf der Innenkommissarin Malmström sollen die Daten von Passagieren, die von oder nach Europa fliegen, registriert und vor dem Abflug automatisch überprüft werden. Die Montags-SZ (Javier Cáceres) gibt die Kritik des Grünen-Europaabgeordneten Jan-Philipp Albrecht wieder, der das für unvereinbar mit dem Grundgesetz hält. In einem gesonderten Kommentar von Javier Cáceres (Montags-SZ) heißt es, die Warnungen seien berechtigt, fundamentale Rechte würden ausgehöhlt.
Insolvenzrecht: Die Reform des Insolvenzrechts habe ihr Ziel bisher "allenfalls in Ansätzen erreicht", resümiert Stefan Weber (Montags-SZ). Bewährt habe sich die größere Einflussnahme der Gläubiger, die nun einen Insolvenzverwalter vorschlagen können. Allerdings müsse der Insolvenzrichter aufpassen, dass nicht einzelne Gläubigergruppen ihr Recht missbrauchen.
Kartellstrafrecht: Der Rechtswissenschaftler Stefan Thomas fordert in der Montags-FAZ eine Reform des EU-Kartellstrafrechts. Hohe Geldbußen verfehlten ihren Zweck, stattdessen sollten wie im deutschen Recht EU-weit die handelnden Manager zur Verantwortung gezogen werden.
Weitere Themen - Justiz
Gustl Mollath: Die bayerische Justizministerin Beate Merk spricht im Interview mit der Samstags-FAZ (Reinhard Müller/Albert Schäffer) über den Fall Gustl Mollath. Merk verteidigt ihr Vorgehen und betont, sie müsse die Entscheidungen der Gerichte akzeptieren. Mollath ist seit 2006 in der Psychiatrie untergebracht, weil er an Wahnvorstellungen leiden soll. Es stellte sich jedoch heraus, dass seine Angaben zu einer Schwarzgeld-Affäre bei der Hypovereinsbank zumindest teilweise zutreffend waren.
EGMR zu Meldepflichten bei Geldwäsche: Der Rechtsanwalt Andreas Bittner erläutert für lto.de eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Meldepflichten bei der Bekämpfung von Geldwäsche. Demnach dürfen Anwälte dazu verpflichtet werden, Mandanten zu melden, wenn bei Beratungsmandaten - etwa einer treuhänderischer Tätigkeit - ein Verdacht auf Geldwäsche besteht. Das Urteil bezieht sich auf französisches Recht, lasse sich jedoch auf die ähnliche Regelung im deutschen Geldwäschegesetz übertragen.
AG Hamburg zu Störtebeker-Schädel: Der Prozess um den Diebstahl des angeblichen Schädels Störtebekers ist zu Ende gegangen. Vor dem Amtsgericht Hamburg wurde ein Mann wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung verurteilt, ein weiterer erhielt eine Geldstrafe wegen Begünstigung und Fahren ohne Fahrerlaubnis, ein dritter wurde freigesprochen. Das meldet spiegel.de.
LG Frankfurt – Suhrkamp-Prozess: Im Feuilleton der Samstags-FAZ schildert Sandra Kegel den Streit zwischen den Gesellschaftern des Suhrkamp-Verlages. Vor dem Langericht Frankfurt droht nun die Zerschlagung des Verlags.
NSU und Bundesanwaltschaft: Die Montags-SZ (Tanjev Schultz) berichtet über die Befragung des Oberstaatsanwalts am Bundesgerichtshof, Christian Ritscher, vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Nationalsozialistischen Untergrund. Ritscher habe "kleinlaut einräumen" müssen, dass er sich nicht ausreichend über die Mordserie an Migranten informiert habe. Bei einem Verdacht auf einen rechtsextremistischen Hintergrund hätte die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen an sich ziehen können.
Neue Zeugin in Wulff-Affäre: Nach Informationen der FAS (Thomas Gutschker) gibt es eine neue Zeugin in der Affäre um Christian Wulff. Eine Freundin des Ehepaars Glaeseker habe erklärt, Wulff sei die Freundschaft seines Pressesprechers Olaf Glaeseker mit dem Eventmanager Manfred Schmidt bekannt gewesen. Das widerspricht der bisherigen Darstellung Wulffs. Gegen Glaeseker und Schmidt wird derzeit wegen Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt. In einem weiteren Bericht geht es in der FAS (Thomas Gutschker) um die Beteiligung der Staatskanzlei des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff an den Vorbereitungen des von Schmidt veranstalteten Events "Nord-Süd-Dialog".
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Homo-Ehe vor Supreme Court: Der US Supreme Court wird im kommenden Jahr das Verbot der Homo-Ehe in der kalifornischen Verfassung prüfen. Die Richter müssen klären, ob das Verbot gegen den Gleicheitsgrundsatz in der Bundesverfassung verstößt. "Sie könnten aber auch grundsätzlicher werden und ein Jahrhunderturteil sprechen – indem sie es für ein Gebot der US-Verfassung erklären, die Homo-Ehe in allen Staaten zu erlauben", heißt es in der Montags-SZ (Nicolas Richter). Die Hintergründe dieses Verfahrens und eines weiteren, in dem es um die Benachteiligung von Homosexuellen in einem Bundesgesetz von 1996 geht, erläutert ausführlich Nora Markard (verfassungsblog.de).
USA – Apple vs. Samsung: Im Patentstreit zwischen Apple und Samsung will das Gericht im kalifornischen San José in den nächsten Wochen die Entscheidung verkünden. Die Richterin habe die Unternehmen nochmals zu einer Einigung aufgefordert, so die Samstags-FAZ (Roland Lindner).
Österreich – Anklage gegen Hypo Alpe Adria-Manager: Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hat gegen vier ehemalige Manager der Hypo Alpe Adria Bank Anklage erhoben. Ihnen wird Untreue, drei der Angeklagten außerdem Bilanzfälschung vorgeworfen. Das berichtet die Samstags-FAZ (Michaela Seiser). Zu den Angeklagten gehört auch der ehemalige Vorstandvositzende Tilo Berlin, seinen Fall schildert ausführlich die Montags-SZ (Klaus Ott).
Das Letzte zum Schluss
Frau Schäuble gegen Einbrecher: Bei den Schäubles wurde eingebrochen – Ingeborg Schäuble, die gerade nach Hause kam, reagierte jedoch besonnen und alarmierte die Nachbarn. Die Einbrecher flohen, ließen allerdings unter anderem ein Handy mitgehen. Dazu Die Welt.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 8. bis 10. Dezember 2012: Hassemer für NPD-Verbotsverfahren – Merk zu Fall Mollath – Frau Schäuble gegen Einbrecher . In: Legal Tribune Online, 10.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7744/ (abgerufen am: 05.05.2024 )
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