Es wurde viel spekuliert, jetzt ist sie da: Die Bundesanwaltschaft hat die Anklageschrift gegen Beate Zschäpe vorgelegt und dabei Entschlossenheit gezeigt. Außerdem geht es in der Presseschau heute um Sicherungsverwahrung, Korruptionsbekämpfung, eine verbotene Tierrechts-Kampagne – und Polizisten, die mal eben die Pfandflaschen wegbringen.
Anklage gegen Zschäpe: Die Bundesanwaltschaft hat vor dem Oberlandesgericht München Anklage gegen Beate Zschäpe erhoben. Sie soll ein gleichberechtigtes Mitglied des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gewesen sein, ihr wird die Mittäterschaft an zehn Morden, zwei Sprengstoffanschlägen in Köln und 15 bewaffneten Raubüberfällen vorgeworfen. Weil sie die Wohnung der Gruppe in Zwickau in Brand gesteckt habe, nachdem ihre Komplizen tot aufgefunden worden waren, wirft ihr die Bundesanwaltschaft auch Brandstiftung und versuchten Mord an der Nachbarin und zwei Handwerkern vor. Neben Zschäpe sind vier mutmaßliche Unterstützer des NSU angeklagt. Der Prozess wird voraussichtlich im Frühjahr 2013 beginnen. Einen Überblick geben die SZ (Wolfgang Janisch/Tanjev Schultz) und die taz (Christian Rath).
Die SZ (Hans Leyendecker) erläutert, welche Fragen bei den Ermittlungen offen blieben, so vor allem das Motiv für den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter. Die FTD (Johannes Wendt) porträtiert den Kölner Anwalt Wolfgang Heer, der Zschäpe vertritt. Den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl stellt die SZ (Christian Rost) vor.
Heribert Prantl (SZ) lobt die Anklageschrift als "eine ernste, strenge, klare und entschiedene juristische Bewertung der rechtsextremistischen Verbrechen". Vor Gericht werde es nun darauf ankommen, ob Zschäpe eine Mittäterschaft nachgewiesen werden kann. Wolf Schmidt (taz) ist der Ansicht, dass viele Fragen nur aufgeklärt werden können, wenn Zschäpe ihr Schweigen bricht.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Filmemacher als Richter: Martina Knoben (SZ) kann sich den Filmemacher Andreas Dresen gut als Richter am brandenburgischen Verfassungsgericht vorstellen: "Dresen als Laienrichter – ja, das passt". Die Landtagsfraktion der Linken hat Dresen als Nachfolger des Verfassungsrichters Jes Möller vorgeschlagen, am kommenden Mittwoch soll er gewählt werden.
Zwangsbehandlung psychisch Kranker: Nachdem der Bundesgerichtshof im Juni die Zwangsbehandlung psychisch kranker Menschen für unzulässig erklärt hatte, will die Bundesregierung noch in diesem Jahr eine entsprechende Rechtsgrundlage schaffen. Das berichtet die SZ (Nina von Hardenberg).
Sicherungsverwahrung: Die Welt (Miriam Hollstein) schildert den Unmut der Länder über die Reform der Sicherungsverwahrung. Der Bundestag hat ein Gesetz verabschiedet, das die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen soll, die Länder sehen in der Abschaffung der nachträglichen Sicherungsverwahrung jedoch eine Sicherheitslücke.
Korruptionsbekämpfung. Nach Informationen der FTD (Claudia Kade) hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Fraktionen aufgefordert, die UN-Konvention zur Korruptionsbekämpfung umzusetzen. In einem Positionspapier habe er vorgeschlagen, das Verbot der Abgeordnetenbestechung zu verschärfen.
Weitere Themen - Justiz
EGMR zu Peta-Kampagne: Die Tierrechtsorganisation Peta darf in Deutschland keine Plakate zeigen, auf denen Massentierhaltung mit dem Holocaust gleichgesetzt wird. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigte entsprechende Entscheidungen der deutschen Gerichte. Die Plakate verletzten die Persönlichkeitsrechte der in Deutschland lebenden Juden. lto.de fasst die Entscheidung zusammen. Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) geht auf die Dissenting Opinion des Richters Boštjan Zupančič ein, der scharf kritisiert, dass der EGMR die besondere historische Situation in Deutschland thematisierte und die Kampagne damit in anderen Ländern für zulässig erkläre.
BVerwG zu Schornsteinfeger: Der Rechtsanwalt Michael Manke erläutert auf lto.de die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein Bezirksschornsteinfeger seinen Kehrbezirk verlieren kann, weil er sich in der rechtsextremen Szene bewegte und antisemitsche Straftaten billigte. Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) analysiert das Urteil zusammen mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichthofs für Menschenrechte, der die Entlassung eines rechtsextremen Busfahrers in Großbritannien für unzulässig erklärt hatte.
LG Hildesheim zu Kindermord: Ein Vater, der seine vier Kinder tötete, nachdem sich seine Frau von ihm getrennt hatte, ist vor dem Landgericht Hildesheim zu 15 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er soll in der Psychiatrie untergebracht werden. Von dem Prozess berichtet Die Welt (Ludger Fertmann).
BVerfG – Antiterrordatei: Constanze Kurz kritisiert im Feuilleton der FAZ den Auftritt der Geheimdienst-Chefs und der Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht bei der Verhandlung über die Antiterrordatei am vergangenen Dienstag. Sie hätten versucht, die Zusammenstellung der Antiterrordatei zu "vernebeln".
AG Dresden – Zwangsprostituierte: Zwei ehemalige Zwangsprostituierte sind vor dem Amtsgericht Dresden wegen Verleumdung angeklagt. Ihr früherer Zuhälter war 1994 zu einer milden Haftstrafe verurteilt worden, die beiden Frauen erklärten später, der Richter sei einer ihrer Freier gewesen. Die FR (Andreas Förster) schildert den Fall.
Ermittlungen gegen UBS: Die Staatsanwaltschaft Mannheim ermittelt gegen unbekannte Mitarbeiter der Schweizer Großbank UBS wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Die Bank hatte mehrfach erklärt, keine Steuerhinterziehung zu unterstützen. Die Vorwürfe und die etwaigen Folgen der Ermittlungen für das Steuerabkommen mit der Schweiz erläutert die SZ (Max Hägler).
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Giffords-Attentäter verurteilt: Der Attentäter, der vor zwei Jahren im US-amerikanischen Tucson einen Anschlag auf die Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords verübte, ist zu 140 Jahren Haft verurteilt worden, so spiegel.de. Er hatte sechs Menschen getötet und 13, darunter Giffords, verletzt.
USA – Haftstrafe für Mohammed-Filmemacher: Der Produzent des Mohammed-Schmähfilms, Nakoula Basseley Nakoula, ist in den USA zu zwölf Monaten Haft verurteilt worden, weil er gegen Bewährungsauflagen verstoßen hatte. Er war zuvor wegen Bankbetruges verurteilt worden. Das meldet spiegel.de.
Das Letzte zum Schluss
Polizisten nehmen auch Pfand: Bei einem Mann aus Warstein stand die Polizei vor der Tür, weil er Geldbußen nicht bezahlt hatte. Der leerte sämtliche Sparschweine und bekam so 263,07 Euro zusammen, womit ihm aber noch knapp ein Euro fehlte, um die zweitägige Ersatzhaft zu vermeiden. Daraufhin erklärten sich die Polizisten bereit, ein paar Pfandflaschen mitzunehmen und auf dem Weg einzulösen, berichtet Udo Vetter (lawblog.de).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 9. November 2012: Zschäpe wird angeklagt – Peta-Kampagne bleibt verboten – Polizisten nehmen Pfandflaschen . In: Legal Tribune Online, 09.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7502/ (abgerufen am: 17.05.2024 )
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