Und das ist auch gut so: Der EuGH stärkt die Rechte von schwulen und lesbischen Flüchtlingen - wer in seinem Herkunftsland nicht offen homosexuell leben kann, genießt Schutz vor Verfolgung. Außerdem in der Presseschau: Snowden wäre in Deutschland sicher, Zivilbeamte müssen sich zeigen, Gesetz gegen Abmahn-Anwälte soll in Altfällen greifen - und Starallüren, die nur Ärger bringen.
Thema des Tages
EuGH zu Homosexualität als Asylgrund: Der Europäische Gerichtshof hat das Asylrecht von Schwulen und Lesben gestärkt. Auf Vorlage eines niederländischen Gerichts bestätigten die Luxemburger Richter, dass Homosexuelle grundsätzlich Schutz vor Verfolgung genießen - sie bilden eine "soziale Gruppe" im Sinne der EU-Richtlinie zum Schutz von Flüchtlingen. Dabei sei ihnen nicht zuzumuten, dass sie ihre sexuelle Orientierung in ihrem Herkunftsland geheim halten, um Verfolgung zu entgehen. Allerdings sei eine Verfolgung nicht schon dann anzunehmen, wenn Homosexualität verboten ist, sondern erst, wenn tatsächlich Strafen drohen. In den konkreten Fällen ging es um drei Männer aus Uganda, Sierra Leone und dem Senegal, denen Haftstrafen von mehrern Jahren bis zu lebenslänglicher Haft drohten. Es berichten die SZ (Wolfgang Janisch), die taz (Christian Rath) und die FAZ (Helene Bubrowski).
Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) erläutert die Entscheidung und fügt an, er halte die Idee, Verfolgten eine Änderung ihres Verhaltens nahe zu legen für "unfassbar niederträchtig". Auch Wolfgang Janisch (SZ) betont in seinem Kommentar, die Lektion aus Luxemburg laute "Freiheit ist keine Freiheit, wenn sie nicht offen gelebt werden darf". Carsten Luther (zeit.de) begrüßt die Entscheidung, weist aber darauf hin, dass Schwule und Lesben oft von nichtstaatlichen Akteuren verfolgt werden – in diesen Fällen Asyl zu erhalten sei zwar möglich, aber im Einzelfall weiterhin schwierig.
Rechtspolitik
Aufenthaltsrecht für Lampedusa-Flüchtlinge: Seit Monaten fordert eine Gruppe von Flüchtlingen, die aus Lampedusa nach Hamburg gekommen sind, ein Bleiberecht. spiegel.de (Maximilian Popp/Carolin Wiedemann) erklärt die rechtlichen Möglichkeiten des Hamburger Senats. Statt mit Polizeikontrollen und Abschiebungen zu reagieren, könne der Senat auch "Mut beweisen" und allen Mitgliedern der Gruppe ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen gewähren.
Auslieferungsabkommen im Snowden-Fall: Heribert Prantl (SZ-Feuilleton) kritisiert die "Hasenherzigkeit" deutscher Politiker, die behaupten, der Whistleblower Edward Snowden wäre in Deutschland nicht sicher. Deutschland könne eine Auslieferung nach dem deutsch-amerikanischen Auslieferungsabkommen ablehnen, wenn es sich aus deutscher Sicht um politische Straftaten handele – dazu gehörten insbesondere "klassische Staatsschutzdelikte" wie Spionage, Hochverrat und Landesverrat.
Justiz
OLG München – Zeugenvernehmung im NSU-Prozess: Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München hat der Vorsitzende Richter Götzl den ehemaligen Besitzer eines rechten Szeneladens, Frank L., vernommen. spiegel.de (Julia Jüttner) schildert die Auseinandersetzung Götzls mit dem offenbar unwilligen und "maulfaulen" L. teilweise wörtlich.
VG Göttingen zu Zivilbeamten: In Niedersachsen müssen sich Zivilbeamte der Polizei bei Demonstrationen gegenüber der Versammlungsleitung zu erkennen geben. Das entschied das Verwaltungsgericht Göttingen, nachdem ein Mitglied einer Anti-Atom-Initiative gegen die Polizeidirektion geklagt hatte. Die taz (Reimar Paul) berichtet.
VG Stuttgart zu Tantra-Massagen: Eine Stuttgarter Tantra-Masseurin muss – ebenso wie Bordellbetreiber oder Swinger-Clubs – eine Steuer für sexuelle Vergügungen zahlen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die Klage der Masseurin ab, ließ aber die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu, meldet lawblog.de (Udo Vetter).
LG Mosbach – Hochstapler-Prozess: spiegel.de (Frank Patalong) berichtet von einem Prozess gegen einen Mann, der sich unter anderem als Prinz, Weltbank-Besitzer und Vertrauter von Barack Obama und Angela Merkel ausgegeben haben soll. Während in der langen Liste der ihm vorgeworfen Straftaten solche Hochstapeleien "einen gewissen Charme" haben könnten, gehe es jedoch auch um ernste Vorwürfe wie Vergewaltigung und die versuchte Entführung eines Jungen. Auch Die Welt (Hannelore Crolly) berichtet.
Abmahnkosten in Altfällen: Gilt die im Oktober eingeführte Deckelung von Anwaltskosten bei Abmahnverfahren auch für Altfälle? Während das Amtsgericht München und das Amtsgericht Hamburg hier offenbar unterschiedliche Rechtsansichten vertreten, plädiert Thomas Stadler (internet-law.de) für eine Anwendung auf anhängige Verfahren – das ergebe sich aus der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs, wonach für die anzuwendenen Rechtsnormen die Urteilsverkündung der maßgebliche Zeitpunkt ist.
Anwalt für Banker: Das Handelsblatt (Peter Köhler) stellt in einem kurzen Porträt den Rechtsanwalt Peter Rölz vor, der die zuletzt gekündigten Commerzbank-Vorstände Jochen Klöges und Ulrich Sieber, sowie weitere Banker vertritt. Rölz, der die Frankfurter Abteilung der Sozietät Ulrich Weber & Partner aufbaute, gelte in Fachkreisen als "extrem unangenehm für die Gegenseite".
Anwalt mit Schockwerbung: Im Karriere-Teil von spiegel.de (Dietmar Hipp) geht es um den Fall des nordrhein-westfälischen Rechtsanwalts, der mit Schockbildern auf Tassen für seine Kanzlei wirbt. Die Rechtsanwaltskammer hatte die Werbung untersagt, nun muss der Bundesgerichtshof entscheiden.
Recht in der Welt
Seegerichtshof – Greenpeace: Der Rechtswissenschaftler Sebastian Tho Pesch auf juwiss.de und Jens Kahrmann (lto.de) berichten ausführlich über die Verhandlung des Internationalen Seegerichtshofes in Hamburg über 30 in Russland inhaftierte Greenpeace-Mitglieder. Die Niederlande hatten in einem Eilantrag deren Freilassung verlangt, Russland nahm nicht an der Verhandlung teil.
IStGH als "Weltgericht": Die italienische Anwältin und Universitätsdozentin Francesca Maria Benvenuto schreibt in der taz-Beilage Le monde diplomatique über den Internationalen Strafgerichtshof, seine Rechtsgrundlagen, wichtige Verfahren und politischen Grenzen.
Sonstiges
Ungeklärter Mordfall: Die taz (Thomas Gerlach) berichtet über einen ungeklärten Mordfall: Ein Beamter des Bundesgrenzschutzes hatte 1962 einen DDR-Grenzer erschossen. 35 Jahre später offenbarte sich der Schütze in einem Interview und wird kurz darauf getötet. Ob aus Rache ist unklar – die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt.
Das Letzte zum Schluss
Starallüren: Teenie-Star Justin Bieber hat auch mal wieder Ärger mit der Justiz. Nachdem er in Rio de Janeiro ein Graffiti an eine Mauer gesprüht hat, ermitteln brasilianische Behörden. Außerdem soll er sein Hotelzimmer demoliert haben – weil ihm untersagt worden sei, Prostituierte mitzubringen, meldet welt.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 8. November 2013: Asylrecht für Homosexuelle – Zivilbeamte ohne Schlapphut – Abmahn-Anwälte und Altfälle . In: Legal Tribune Online, 08.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9986/ (abgerufen am: 14.05.2024 )
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