Das Landgericht Heidelberg verhandelt ab Dienstag über einen spektakulären deutsch-russischen Wirtschaftsskandal: Ex-EnBW-Manager sollen dubiose Atomgeschäfte getätigt haben. Außerdem in der Presseschau: Bahr bremst Ärztekorruptionsgesetz aus, das BVerfG vor wichtigen Entscheidungen, eine Schneeballschlacht als Dienstunfall – und warum das Jobcenter nicht für Porno-TV zahlt.
LG Heidelberg – EnBW-Atomdeals: Die SZ (Markus Balser) berichtet über den am Dienstag vor dem Landgericht Heidelberg beginnenden Prozess des Energiekonzerns EnBW gegen vier frühere Manager. Im Zentrum stehen "dubiose Atomgeschäfte mit Russland", es gehe um nichts weniger als die "juristische Aufarbeitung des spektakulärsten deutsch-russischen Wirtschaftsskandals der letzten Jahre". Auch die Mannheimer Staatsanwaltschaft ermittele inzwischen.
Weitere Themen – Rechtspolitik
EU-Duschkopfpolitik: Über den "teuren Unsinn" der von der EU-Kommission laut eines vertraulichen Arbeitsplans geplanten Sparsamkeits-Vorschriften für wasserbezogene Produkte wie Duschköpfe und Wasserhähne erregt sich Michael Miersch (Focus). Eine solche Regulierung sei der "absurde Höhepunkt einer grün getünchten Symbolpolitik".
Ehegattensplitting und Mitversicherung: Daniela Kuhr (SZ) spricht sich pointiert für eine Abschaffung des Ehegattensplittings im Steuerrecht aus. So würden "Anreize zur Hausfrauen-Ehe beseitigt" und es gäbe jedenfalls im Steuerrecht "für Frauen mehr Chancengleichheit". Dagegen hält Matthias Kamann (Die Welt) das Ehegattensplitting für "vernünftig".
Die Bundestagsfraktion der Grünen geht einem Bericht des Handelsblatts (Barbara Gillmann) zufolge in einem Strategiepapier noch weiter und möchte auch die Mitversicherungsmöglichkeiten von Ehepartnern auf Zeiten der Kindererziehung begrenzen.
Ärztekorruption: Ein Bericht des Handelsblatts (Peter Thelen) legt den Verdacht nahe, dass Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) das Gesetzesvorhaben gegen Ärztekorruption bewusst verzögert. Ihm lägen bereits seit Oktober alle Informationen vor – bislang habe er sein Zögern damit begründet, noch nicht umfassend über die Arbeit der Landesärztekammern informiert zu sein.
Wahlrecht: Das erst jüngst reformierte Bundestagswahlrecht ist möglicherweise nur ein Übergangsmodell. Das jedenfalls meint zeit.de (Albert Funk) und begibt sich auf die "Suche nach dem perfekten Wahlrecht".
Weitere Themen – Justiz
BVerfG vor wichtigen Entscheidungen: Wie das Handelsblatt (Heike Anger) zu berichten weiß, stehen 2013 wichtige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts an. So sei mit einem Urteil zu Verfahrensabsprachen im Strafprozess und mit Entscheidungen zur steuerlichen Gleichbehandlung eingetragener Lebenspartner sowie zur Antiterrordatei zu rechnen. Ob auch das Hauptverfahren zum ESM zum Abschluss gebracht werde, sei noch offen.
LG Mannheim – Großbetrüger vor Gericht: Laut Focus kann Ulrich Engler, der Anleger mit einem Schneeballsystem um über 37 Millionen Dollar betrogen hatte, mit einer verhältnismäßig milden Strafe rechnen. Der Angeklagte wolle bei seinem Prozess vor dem Landgericht Mannheim in der nächsten Woche ein umfassendes Geständnis ablegen. In den USA, wo er jahrelang untergetaucht war, hätte ihm eine Freiheitsstrafe von 100 Jahren gedroht.
StA Heilbronn – Ermittlungen gegen "Dr. Frankenstein": Nach einem Bericht der FAZ (Rüdiger Soldt) ermittelt die Heilbronner Staatsanwaltschaft inzwischen wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen den in einen Medizinskandal in Holland verwickelten niederländischen Arzt, der bis vor kurzem noch an einem Heilbronner Klinikum praktiziert hatte.
Fall Mollath – Strafanzeige gegen Polizei: Wie die SZ (Olaf Przybilla/Uwe Ritzer) im "München"-Teil berichtet, hat der Anwalt des seit sieben Jahren zwangsweise in die Psychiatrie eingewiesenen Gustl Mollath Strafanzeige gegen einen Nürnberger Amtsrichter und den Bayreuther Klinikchef und späteren Gutachter Klaus Leipziger erstattet. Hintergrund sei eine der Einweisung vorausgegangene fünfwöchige Unterbringung Mollaths in der Psychiatrie, während der er "rund um die Uhr beobachtet" worden sei. In den Augen des Anwalts habe es sich dabei um eine rechtswidrige "Aussageerzwingungshaft" gehandelt.
Rundfunkbeitrag: Nach einem Bericht des Focus (Günther Bähr/Susanne Wittlich) erwarten die Verwaltungsgerichte nach Ablauf der Widerspruchsfrist im Frühjahr Klagen gegen den neuen Rundfunkbeitrag. Ein Hamburger Verwaltungsrichter wird mit der Aussage zitiert, er halte es für "durchaus wahrscheinlich", dass es zu einer gerichtlichen Vorlage zum Bundesverfassungsgericht komme.
VG Freiburg zu Schneeballschlacht als Arbeit: Für einen Lehrer kann die Teilnahme an einer Schneeballschlacht zu seiner Arbeit gehören – eine dabei zugezogene Verletzung ist dann ein Dienstunfall. Das hat laut lto.de und spiegel.de das Verwaltungsgericht Freiburg entschieden.
OLG Hamm zu Kitesurfer: Für seinen Kitesurfing-Unfall, der einen zum Unfallzeitpunkt Fünfzehnjährigen querschnittsgelähmt zurückließ, kann dieser von seinen beiden deutlich älteren Bekannten, die ihm ihre Ausrüstung überließen und ihm beim Start behilflich waren, keinen Schadensersatz verlangen. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Vorinstanz, weil ein Verschulden der beiden anderen Männer nicht festgestellt werden konnte, so lawblog.de (Udo Vetter). Die Böe, die den Jungen erfasste und gegen eine Strandbude schleuderte, sei nicht vorhersehbar gewesen.
Kommunen gegen Schienenkartell: Neben der Deutschen Bahn wollen sich nun auch "dutzende kommunale Verkehrsunternehmen" mit Schadensersatzforderungen an die Mitglieder des "Schienenkartells" um Thyssen-Krupp wenden. Das berichten ausführlich die FAZ (Helmut Bünder) und knapp die taz (Thomas Block).
ARD und ZDF gegen Kabelnetzbetreiber: Die FAZ (Henning Peitsmeier) berichtet über den Streit zwischen den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern und den Kabelnetzbetreibern. Seit Anfang Januar verweigerten diese auf Grundlage des neuen Rundfunkstaatsvertrags die Entrichtung von Einspeisegebühren. Prozesse seien vor den Landgerichten Berlin und München anhängig; erste Entscheidungen würden für Februar und März erwartet.
In einem gesonderten Kommentar kritisiert Peitsmeier das Vorgehen von ARD und ZDF vor dem Hintergrund der Haushaltsabgabe: Sie machten ihrerseits von einem Kündigungsrecht Gebrauch, das sie den Verbrauchern gerade nicht einräumten.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Griechenland – Ex-Finanzminister droht Haft: Nach einem Bericht des Focus (Wassilis Aswestopoulos) drohen dem griechischen Ex-Finanzminister Giorgos Papakonstantinou bis zu 15 Jahre Haft wegen Amtsmissbrauchs und Beihilfe zur Geldwäsche. Er soll die Namen von Verwandten von einer Liste potentieller Steuersünder entfernt haben.
Indien – Vergewaltigungsprozess: Die SZ (Tobias Matern) berichtet über die erste Vorführung von fünf der sechs Angeklagten im Vergewaltigungsprozess von Neu Delhi. Auf das Verteidigungsangebot zweier Rechtsanwälte hin sei es zu tumultartigen Zuständen im Gerichtssaal gekommen. Den fünf volljährigen Angeklagten drohe die Todesstrafe, dem erst 17-jährigen sechsten Angeklagten eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren.
China – Reform der Umerziehung: Die SZ (Kai Strittmatter) berichtet über die Pläne der chinesischen Regierung, das System der "Umerziehung" zu reformieren. Bislang könne die Polizei in China Oppositionelle im Wege der "Verwaltungsstrafe" ohne Gerichtsurteil zur politischen Umerziehung in Arbeitslager schicken. Auch das Handelsblatt (Finn Mayer-Kuckuk) berichtet.
USA – Vergleiche im Nachspiel der Finanzkrise: Die Bank of America hat einem Bericht der FAZ (Norbert Kuls) zufolge im Zuge der juristischen Aufarbeitung der US-Finanzkrise einen milliardenschweren Vergleich mit dem Immobilienfinanzierer Fannie Mae geschlossen. Im Streit zwischen den Unternehmen ging es um Verluste aus zweitklassigen Immobiliendarlehen. Weitere juristische Auseinandersetzungen, in die unter anderem auch die Deutsche Bank verwickelt sei, seien noch anhängig.
Dagegen ist es im Zusammenhang mit unberechtigten Zwangsräumungen zu einem weiteren Vergleich mit zehn US-Banken gekommen, meldet spiegel.de.
Ägypten – Justiz gegen Meinungsfreiheit: Trotz mittlerweile verfassungsmäßig verankerter Meinungsfreiheit geht die ägyptischen Justiz drastisch gegen Journalisten vor, berichtet zeit.de (Kristin Jankowski).
Sonstiges
Datenschützer gegen Klarnamenzwang: Mit einer zwangsgeldbewehrten Verfügung will der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert erreichen, dass das soziale Netzwerk Facebook auch Pseudonyme anstelle von Klarnamen akzeptiert. Der Informationsrechtler Thomas Hoeren legt auf lto.de dar, warum er dieses Vorgehen für problematisch hält: Der deutsche Datenschützer sei nicht zuständig; zudem kenne das europäische Datenschutzrecht anders als das deutsche kein Recht auf ein Pseudonym.
internet-law.de (Thomas Stadler) berichtet über die Klage von Facebook gegen die Verfügung.
Neue Fahrerlaubnis- und Straßenverkehrsordnung: Die ab dem 19. Januar in Kraft tretende neue Fahrerlaubnisverordnung und die zum 1. April geltende neue Straßenverkehrsordnung stellt der Straßenverkehrsrechtler Adolf Rebler auf lto.de vor. Führerscheine seien von nun an nur noch befristet gültig und Radfahrer dürfen künftig auch links fahren – auf Radwegen.
Das Letzte zum Schluss
Kein Gründerzuschuss für Porno-TV: Das Sozialgericht Darmstadt hat die Entscheidung eines Jobcenters bestätigt, in der dieses einem Hartz IV-Empfänger die Gewährung eines Gründerzuschusses für den Aufbau eines Erotik- und Porno-Internetfernsehens abgelehnt hatte. Hatte das Jobcenter dies noch wegen mangelnder Wirtschaftslichkeit abgelehnt, so begründete das Gericht sein Urteil mit dem Verstoß gegen die guten Sitten, der nicht staatlich gefördert werden dürfte, so lto.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/thd
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 8. Januar 2013: EnBW-Atomdeals vor Gericht – Schneeballschlacht bei der Arbeit – Kein Staatsgeld für Porno-TV . In: Legal Tribune Online, 08.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7919/ (abgerufen am: 03.05.2024 )
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