An diesem Montag beginnt am OLG München der "Jahrhundertprozess" gegen Beate Zschäpe. In der LTO-Presseschau gibt's die wichtigsten Vorberichte. Außerdem: Die Staatsanwaltschaft will sich mit Uli Hoeneß nicht auf ein mildes Urteil verständigen, "Scheiß-RTL"-T-Shirts dürfen weiter nicht verkauft werden und warum der Erfinder eines Sprengstoff-Detektors in Haft muss.
NSU-Prozess – Verfahrensbeginn: Die Montags-SZ (Annette Ramelsberger/Tanjev Schultz) gibt in Fragen und Antworten einen Überblick über den weiteren Prozessverlauf. Holger Schmidt (SWR-Terrorismus-Blog) prognostiziert in fünf Thesen den Ablauf des Prozessbeginns. Laut spiegel.de (Julia Jüttner) wird ein Nebenkläger-Anwalt heute eine Verschiebung des Prozessbeginns um sieben Tage beantragen, weil bisher nicht alle potenziellen Opfer eines NSU-Sprengstoffanschlags in Köln als Nebenkläger teilnehmen können.
NSU-Prozess – Anklage: Die Montags-FAZ (Justus Bender/Peter Carstens) gibt einen Überblick über die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte. Die Montags-taz (Christian Rath) beschreibt, dass die Mord-Anklage gegen Zschäpe im wesentlichen auf Spekulationen beruhe.
NSU-Prozess – Die Beteiligten: Die WamS (Hannelore Crolly) portraitiert Manfred Götzl, den Vorsitzenden Richter im NSU-Verfahren. Die Montags-SZ (Annette Ramelsberger) und die Montags-FAZ (Katrin Truscheit) stellen die drei Vertreter der Bundesanwaltschaft vor. spiegel.de (Gisela Friedrichsen) und zeit.de (Tom Sundermann) berichten über Stimmungen und Erwartungen unter den Nebenklägern und ihren Anwälten. Die Verteidiger von Beate Zschäpe werden vorgestellt in der Montags-taz (Wolf Schmidt) und der Montags-FAZ (Katrin Truscheit).
NSU-Prozess – Öffentlichkeit: Albert Schäffer (FAS) versucht, Richter Götzl in einem offenen Brief die Bedeutung überregionaler Zeitungen für die Gerichtsberichterstattung zu erklären. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Thomas Wierny stellt im Juwiss-Blog dar, warum die jüngsten Klagen gegen das Akkreditierungsverfahren keinen Erfolg beim Bundesverfassungsgericht hatten. In der Samstags-taz erhebt Ernst Fricke, einer der erfolglosen Kläger, die Forderung, die Videoübertragung in einen Nebenraum gesetzlich ausdrücklich zuzulassen.
NSU-Prozess – Rechtspolitik: Laut Focus (Margarete van Ackeren u.a.) will die Bundesregierung, dass der Generalbundesanwalt künftig in allen Fällen schwerer Kriminalität "mit länderübergreifendem Bezug" die Ermittlungen übernehmen darf.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Bestandsdaten: Am Freitag hat auch der Bundesrat die Neuregelung der Bestandsdatenauskunft im Telekommunikationsgesetz gebilligt. Heribert Prantl (Samstags-SZ) kritisiert, dass dabei nur ausnahmsweise ein Richtervorbehalt vorgesehen ist. "Das Gesetz tut so, als ginge es nicht um die Abfrage von Daten, sondern um den Zugriff auf Kaugummi." Der Spiegel (Kurzfassung auf spiegel.de) berichtet, dass Bürgerrechtler das neue Gesetz erneut dem Bundesverfassungsgericht vorlegen wollen.
Gemeinsame Sorge: In einem umfassenden Beitrag beschreibt die Samstags-taz (Simone Schmollack/Heide Oestreich) mit skeptischem Unterton die Diskussionen um die Einführung der grundsätzlich gemeinsamen Sorge bei nicht-verheirateten Eltern. Das Gesetz soll am 19. Mai in Kraft treten. In einem ergänzenden Interview der Samstags-taz (Heide Oestreich) mit Ex-Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit begrüßt diese die Reform im Prinzip, lehnt aber das vereinfachte gerichtliche Verfahren bei der Prüfung des Kindeswohls ab.
Wirtschaftskriminalität: Die Bundesregierung plant, dass sich Unternehmensvorstände künftig strafbar machen, wenn sie fahrlässig eine Schieflage des Unternehmens verursachen. Die Kritik von Unternehmen und Juristen daran schildert die Montags-FAZ (Joachim Jahn).
Weitere Themen - Justiz
Steuerfall Hoeneß: Nach Informationen der BamS (Kayhan Özgenc) versuchten die Anwälte von Uli Hoeneß, mit der Münchener Staatsanwaltschaft einen Deal auszuhandeln. Danach werde Hoeneß eine Bewährungsstrafe akzeptieren, wenn ihm eine echte Haftstrafe erspart bleibe. Die Staatsanwaltschaft habe dies aber abgelehnt. Holger Steltzner (Montags-FAZ) findet es richtig, dass die Staatsanwaltschaft derzeit einen Deal verweigert, es gebe noch zu viele offene Fragen. Ursula Knapp (Montags-FR) kritisiert die unnötige Verschwiegenheit der Staatsanwaltschaft gegenüber der Presse.
Korruptionsfall Wulff – Richter Rosenow: Die WamS (Ulrich Exner) portraitiert den Vorsitzenden Richter Frank Rosenow, der über die Bestechlichkeitsanklage gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff entscheiden muss. "Man ahnt, dass es ein faires, ein menschliches Gerichtsverfahren sein wird, dem Christian Wulff entgegensieht."
OLG Köln zu "Scheiß-RTL": Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln darf ein Blogger auch weiter keine T-Shirts mit dem Aufdruck "Scheiß-RTL" vertreiben. Die Kritik sei zu unspezifisch, dadurch werde die Markte "RTL" pauschal verunglimpft, berichtet sueddeutsche.de.
LG Rottweil zu rechter Brandstiftung: Die Samstags-taz (Lena Müßigmann) schildert ein Verfahren am Landgericht Rottweil. Dort wurde ein wohl rassistisch eingestellter Einzeltäter zu drei Jahren Haft wegen versuchter schwerer Brandstiftung verurteilt, nachdem er versucht hatte, das Haus einer türkischen Familie anzuzünden.
Mordfall Boehringer – Wiederaufnahme? In einem Aufsehen erregenden Indizienprozess hatte das Landgericht München den Ex-Studenten Benedikt Toth wegen Mordes an seiner reichen Tante Charlotte Böhringer verurteilt. Jetzt betreibt der Strafgefangene ein Wiederaufnahmeverfahren am Landgericht Augsburg, das der Spiegel (Steffen Winter) detailliert schildert. Die Staatsanwaltschaft kann jedoch keine neue Beweislage erkennen.
Frank Hanebuth – Entschädigung? Im Interview mit dem Focus (Göran Schattauer – Zusammenfassung auf focus.de) fordert der ehemalige Hannoversche Hells-Angels-Chef Frank Hanebuth Schadensersatz von der Polizei, weil diese bei einer Hausdurchsuchung im Jahr 2012 unnötig rabiat vorgegangen sei und dabei zum Beispiel seine Hirtenhündin erschoss.
Umsätze von Noerr: Die wirtschaftsrechtlich ausgerichtete Kanzlei Noerr hat im Geschäftsjahr 2012 ihren Umsatz um 6,8 Prozent auf 135,3 Millionen Euro gesteigert, berichtet die Samstags-FAZ (Corinna Budras). Die Kanzlei beschäftige weltweit 1073 Mitarbeiter.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Niederlande – Verschlüsselung: Der lawblog (Udo Vetter) berichtet von einer Diskussion in den Niederlanden. Danach sollen die Besitzer verschlüsselter Festplatten gezwungen werden können, Passwörter herauszugeben, mit denen die Verschlüsselung aufgehoben werden kann. Eine Selbstbelastung solle damit zwar nicht verbunden sein, aber gegen Hintermänner, zum Beispiel Hersteller von Kinderpornographie, sollen die Ergebnisse eingesetzt werden können.
IStGH – Doku: lto.de (Markus Sehl) nimmt den Dokumentarfilm "The Court" über den internationalen Strafgerichtshof zum Anlass, dessen Geschichte und Bedeutung darzustellen.
Sonstiges
Religionskritik und Grundgesetz: Der Studienkreis für Presserecht und Pressefreiheit hat am Wochenende eine Tagung zum Thema "Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit" veranstaltet. Danach müssen Gläubige eine (auch provokative) Kritik ihrer Religion aushalten. Es berichteten die Montags-FAZ (Reinhart Müller) und die Montags-taz (Christian Rath).
Bildberichte über Prominente: Rechtsprofessor Georgios Gounalakis schildert auf lto.de die Entwicklung der Rechtsprechung von BVerfG und EGMR zur Zulässigkeit von Photos von Prominenten in der Öffentlichkeit. Er rät Prominenten, möglichst wenig von sich freiwillig preiszugeben, sonst schafften sie selbst ein Informationsinteresse, mit dem unerwünschte Berichterstattung rechtfertigt werden könne.
Papier-Interview: In einem Interview mit der Samstags-Welt (Jochen Gaugele/Thorsten Jungholt) verteidigt Ex-BVerfG-Präsident Hans-Jürgen Papier seinen Nachfolger Andreas Voßkuhle. Dieser dürfe durchaus Hintergrundgespräche mit Journalisten führen. Allerdings gerate die besondere Akzeptanz des Bundesverfassungsgerichts in Gefahr, "wenn in der Öffentlichkeit zu sehr auf einzelne Personen abgehoben wird". Außerdem äußerte sich Papier zu eingetragenen Partnerschaften, zur steuerrechtlichen Selbstanzeige und zu Steuerplänen der Grünen.
Das Letzte zum Schluss
Mit Wünschelruten gegen Sprengstoff: Der Brite James McCormick hatte ein Gerät erfunden, mit dem man Sprengstoff erkennen kann. Es sollte auf dem gleichen Prinzip wie Wünschelruten basieren. Zwar habe das Gerät überhaupt nicht funktioniert, doch McCormick soll mit dem Verkauf rund 60 Millionen Euro verdient haben. Nachdem zahlreiche Attentate im Irak nicht verhindert werden konnten, wurde McCormick als Schwindler festgenommen. Ein englisches Gericht verurteilte ihn nun zu zehn Jahren Haft wegen Betrugs, berichtet spiegel.de (Ulrike Putz).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 4. – 6. Mai 2013: Alles über den NSU-Prozess – Kein Deal mit Hoeneß – "Scheiß-RTL" bleibt verboten . In: Legal Tribune Online, 06.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8670/ (abgerufen am: 06.05.2024 )
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