Die Freizügigkeit zu Hause zu bleiben: Das Bundesverfassunggericht verhandelt über den Braunkohletagebau in Garzweiler. Außerdem in der Presseschau: Pläne für einen Euro-Präsidenten, Spekulationen zur ESM/EZB-Verhandlung, Auftakt im Prozess gegen Bradley Manning, juristische Tricks bei Suhrkamp - und ein kleiner Rechtsratgeber für Eltern vergnügungssüchtiger Teenager.
BVerfG – Braunkohletagebau Garzweiler: Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am morgigen Dienstag über den Braunkohletagebau in Garzweiler. Der Spiegel (Dietmar Hipp/Barbara Schmid) berichtet über den Fall, der grundsätzliche Auswirkungen auf den Bergbau haben könne. Insbesondere gehe es um die Frage, inwiefern das Grundrecht auf Freizügigkeit vor einer Umsiedlung zu Bergbauzwecken schütze. Hintergrund sind Verfassungsbeschwerden eines Anwohners und des Naturschutzverbandes BUND.
Weitere Themen – Rechtspolitik
EU Strukturreformen: Nach dem Treffen von Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Hollande sorgen die Vorschläge zu Strukturreformen in der EU für Diskussionen. Merkel und Hollande hatten sich für einen hauptamtlichen Eurogruppen-Chef ausgesprochen, sowie für eine Bankenunion im Rahmen der geltenden EU-Verträge. Die Samstags-FAZ (Johannes Leithäuser) fasst zusammen. Der deutsch-französische Vostoß sei mit den EU-Gremien nicht abgestimmt, in Brüssel fühle man sich "überrumpelt", heißt es in einem weiteren Bericht im Wirtschaftsteil der Samstags-FAZ (Werner Mussler). Ludwig Greven (zeit.de) hält die Idee eines "Euro-Präsidenten" für grundsätzlich richtig, dieser müsse aber deutlich mehr Kompetenzen erhalten und solle nicht nur der Eurogruppe, sondern der gesamten EU vorstehen.
Rechtsgutachten vom EGMR: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte könnte künftig auf Anfrage der obersten nationalen Gerichte Rechtsgutachten erstellen, um die Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention zu klären. Der Rechtsausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarates hat sich in einer Stellungnahme für eine entsprechende Reform ausgesprochen. Der Rechtswissenschaftler Kanstantsin Dzehtsiarou erläutert auf verfassungsblog.de die Pläne und befürchtet zusätzliche Arbeit für das ohnehin überlastete Gericht.
Organtransplantation: Ein Jahr nach dem Organspendeskandal schildert die Montags-FAZ (Reiner Burger) die Debatte um die Reform des Transplantationswesens. Während der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montogmery, die ärztliche Selbstverwaltung für ausreichend hält, fordern der Rechtsprofessor Heinrich Lang und der Patientenschützer Eugen Brysch umfassende Strukturreformen. In einem weiteren Bericht in der Montags-FAZ (Reiner Burger) geht es um den Fall einer nierenkranken Patientin, die nach Auseinandersetzungen mit der Klinik von der Warteliste gestrichen wurde.
3-Prozent-Klausel: Der Spiegel veröffentlicht einen Appell des Rechtsprofessors Hans Herbert von Arnim und einer Reihe weiterer Staatsrechtslehrer, keine 3-Prozent-Klausel bei den Europawahlen einzuführen. Darin heißt es, der Bundestag müsse die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts achten, wonach nicht nur eine 5-Prozent-Klausel, sondern jede Sperrklausel bei Europawahlen verfassungswidrig sei, der Bundespräsident dürfe ein entsprechendes Gesetz nicht ausfertigen.
KAGB: Der Rechtsanwalt Detmar Loff erläutert auf dem Handelsblatt Rechtsboard das Kapitalanlagegesetzbuch, das der Bundestag Mitte Mai verabschiedet hat. Das KAGB soll die EU-Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds umsetzen und tritt voraussichtlich am 22. Juli in Kraft.
Internet im Gefängnis: Sieben Bundesländer lassen seit dem 1. Juni grundsätzlich Internetkommunikation in Gefängnissen zu, berichtet die Montags-SZ (Oliver Hollenstein). Allerdings erlaube kein Bundesland freien Netzzugang, es bleibe bei weitreichenden Beschränkungen. Dabei stoße ein generelles Internetverbot auf verfassungsrechtliche Bedenken.
Mietrecht: Die Montags-FAZ (Corinna Budras) erklärt, welche Einschränkungen für Mietpreiserhöhungen gelten, nachdem das Mietrecht zum 1. Mai geändert wurde.
Weitere Themen - Justiz
BVerfG – ESM/EZB: Am 11. und 12. Juni verhandelt das Bundesverfassungsgericht über den Euro-Rettungssschirm ESM und die Krisenpolitik der Europäische Zentralbank EZB, insbesondere die umstrittenen Anleihekäufe. Die Welt am Sonntag (Martin Greive/Sebastian Jost) gibt einen Überblick. Spekuliert wird vor allem über eine mögliche Vorlage an den Europäischen Gerichtshof – den Konflikt zwischen Karlsruhe und Luxemburg erläutert die Montags-SZ (Wolfgang Janisch). Der Montags-FAZ (Joachim Jahn) liegt ein Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichters Udo Di Fabio vor. Demnach müsse das Verfassungsgericht "im äußersten Fall Bundesregierung und Bundestag zum Austritt aus der Währungsunion verpflichten", so der Bericht. Es sei aber unwahrscheinlich, dass es zu diesem Fall komme.
VG Karlsruhe zu Mappus-Mails: Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus hat in der juristischen Auseinandersetzung um den EnBW-Deal einen Erfolg erzielt, meldet zeit.de. Seine Dienstmails müssen gelöscht werden, entschied das Verwaltungsgericht Karlsruhe. Die Landesregierung hatte sich daraus Informationen zum umstrittenen Rückkauf des Energieversorgers EnBW erhofft.
OLG Frankfurt/Main – Falsche Terrorwarnung: Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt beginnt heute der Prozess gegen Emrah E., der im Herbst 2010 eine Terrorwarnung auslöste, indem er behauptete, Islamisten planten Anschläge in Deutschland. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten vor. Die Samstags-taz (Wolf Schmidt) bringt einen ausführlichen Vorbericht.
OLG München – NSU-Prozess: Nach Informationen des Focus (Göran Schattauer) will der im NSU-Prozess mitangeklagte Carsten S. den NPD-Funktionär Ralf Wohlleben schwer belasten. Wohlleben sei maßgeblich in die Aktionen des NSU-Trios eingebunden gewesen. Carsten S. ist 2001 aus der rechten Szene ausgestiegen, ihm wird Beihilfe zum Mord vorgeworfen, weil er die Tatwaffe besorgt hatte.
LG Bremen – Brechmittel-Prozess: Im sogenannten Brechmittel-Prozess gegen einen Polizeiarzt am Landgericht Bremen hat die Richterin offenbar eine Verfahrenseinstellung vorgeschlagen. In dem Fall geht es um den Tod des Drogendealers Laye Condé, der an den Folgen eines zwangsweisen Brechmitteleinsatzes starb. Das Landgericht Bremen hat den verantwortlichen Polizeiarzt bereits zweimal freigesprochen, beide Urteile wurden vom Budnesgerichtshof aufgehoben, zuletzt mit scharfer Kritik. Die FR (Eckhard Stengel) und die Samstags-taz.bremen (Simone Schnase) berichten. Ob es tatsächlich zu einer Einstellung kommt, ist noch unklar.
LG Berlin – Johnny K.-Prozess: Die FAS (Julia Schaaf) berichtet ausführlich von dem Prozess um den totgeprügelten Johnny K. vor dem Berliner Landgericht. Die Wahrheitsfindung gestalte sich wegen widersprüchlicher Aussagen schwierig.
Staatsanwaltschaft Augsburg – Fall Mollath: Nach Informationen der SZ (Olaf Przybilla) will die Staatsanwaltschaft Augsburg im Fall Gustl Mollath keine Ermittlungen aufnehmen. Sie habe in einem Schreiben erklärt, es gebe insbesondere keine Anhaltspunkte für Rechtsbeugung, Freiheitsberaubung, falsche Verdächtigung, sowie falsche uneidliche Aussage. Nachdem bekannt geworden war, dass Mollath möglicherweise zu Unrecht in die Psychiatrie eingewiesen worden war, hatten zahlreiche Bürger Anzeigen gegen die Verfahrensbeteiligten erstattet.
Weitere Themen – Recht in der Welt
ICC – Gaddafi-Sohn soll vor Gericht: Wie spiegel.de meldet, fordert der Internationale Strafgerichtshof Libyen auf, Saif al-Islam al-Gaddafi auszuliefern. Dem Sohn des ehemaligen Diktators Muammar al-Gaddafi werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.
USA – Manning-Prozess: Der US-Soldat Bradley Manning muss sich ab heute vor einem Militärgericht in Fort Meade verantworten. Er soll geheime Dokumente an die Internetplattform Wikileaks weiter gegeben haben. Die Anklage umfasst 22 Punkte, darunter die Weitergabe von Geheimnissen und Hilfe für den Feind. Die Samstags-taz (Dorothea Hahn) berichtet vorab. Die Montags-SZ (Christian Wernicke) stellt den Angeklagten vor.
USA – Preet Bharara: Die Welt am Sonntag (Tina Kaiser) porträtiert den US-amerikanischen Staatsanwalt Preet Bharara, der vorige Woche den "größten Geldwäschering der Geschichte" aufdeckte.
Ägypten – Verfassungsgericht vs. Parlament: Wie spiegel.de berichtet, hat das ägyptische Verfassungsgericht das Wahlrecht für verfassungswidrig erklärt, auf dessen Grundlage das Oberhaus des Parlaments gewählt wurde. Nachdem bereits im Juni vorigen Jahres das Unterhaus aufgelöst wurde, kann nach Auffassung des Gerichts nun auch das Oberhaus keine Gesetze mehr erlassen.
China – Deutscher in U-Haft: Die Welt am Sonntag (Viktoria Dümer) führt ein Interview mit dem Deutschen Nils Jennrich, der rund vier Monate in China in Untersuchungshaft saß. Ihm wird Zollbetrug in Höhe von 2,2 Millionen Euro vorgeworfen. Jennich weist das zurück, er konnte vorige Woche nach Deutschland zurückkehren.
Sonstiges
US-Drohnenangriffe aus Deutschland: taz.de (Christian Rath) befasst sich mit der Frage, inwiefern US-amerikanische Drohnenangriffe in Somalia, die über US-Kommandozentralen gesteuert werden, gegen das Völkerrecht verstoßen. Allerdings hätten die deutschen Behörden in diesem Fall keine Ermittlungsbefugnisse. In einem Interview mit dem Spiegel (Melanie Amann - Vorabmeldung auf spiegel.de) erklärt der Völkerrechtler Daniel-Erasmus Khan die Rechtslage. Er betont, Deutschland müsse einschreiten, falls sich der Verdacht auf Völkerrechtsverstöße erhärte. Heribert Prantl (Montags-SZ) kritisiert, bei Handlungen von US-Soldaten gelte in Deutschland de jure deutsches Recht, de facto jedoch nicht.
Suhrkamp-Streit: Laut einem Bericht des Focus (Uwe Wittstock) wirft der Gesellschafter Hans Barlach der Suhrkamp-Geschäftsführung unter Ulla Unseld-Berkéwicz vor, sie habe das Schutzschirmverfahren zu Unrecht eingeleitet. Die Insolvenz sei "rechtsmissbräuchlich konstruiert". Der Spiegel (Lothar Gorris/Volker Hage/Jörg Schmitt/Claudia Voigt) erläutert die Hintergünde des "Justizthrillers". Das Schutzschirmverfahren sei "ein Trick aus der Champions League der Juristerei", aber möglicherweise ein "schmutziger Trick". Die Montags-SZ (Andreas Zielcke) berichtet über die erst jetzt bekannt gewordene Entscheidung des Handelsgerichts Zürich vom 7. Mai, wonach Barlach dem Medienunternehmer Andreas Reinhart fünf Millionen Franken als Kaufpreis für Verlagsanteile zahlen muss. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Regressforderungen nach Euro Hawk: Wie die FAS (Thomas Gutschker) berichtet, fordern Abgeordnete von Opposition und FDP, nach dem Skandal um die Aufklärungsdrohne Euro Hawk, die Hersteller in Regress zu nehmen. Die Drohne erhält von deutschen Behörden keine Zulassung. Dabei seien die Unternehmen EADS und Northrop Grumman dafür verantwortlich gewesen, die Zulassungsbedingungen zu erfüllen.
Gauck besucht ICC: Die Samstags-SZ (Stefan Braun) berichtet über den Besuch des Bundespräsidenten Joachim Gauck am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.
Das Letzte zum Schluss
Das darfst du nicht: focus.de erklärt, was Eltern ihrem pubertierenden Nachwuchs verbieten können (Haare färben, Miniröcke und ausufernde Partys) und was nicht (Piercings und den kirchlichen Jugendtreff). Die Kinder morgens rechtzeitig in die Schule zu schicken ist dagegen Elternpflicht.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 1. bis 3. Juni 2013: Bergrecht oder Grundrecht – Bradley Manning vor Gericht – Justizthriller bei Suhrkamp . In: Legal Tribune Online, 03.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8834/ (abgerufen am: 06.05.2024 )
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