Zum 1. Januar 2015 sind neben den Regelungen zu Mindestlohn und Selbstanzeige noch weitere in Kraft getreten. Außerdem in der Presseschau: weitere Ungleichheit beim Erben von Unternehmen, Hafturlaub für Hoeneß, der erste Schritt Palästinas zum IStGH-Beitritt und welcher unwitzige "Silvesterscherz" wenig überraschend zur fristlosen Kündigung berechtigt.
Thema des Tages
Neues im Jahr 2015: Der 1. Januar bringt regelmäßig nicht nur ein neues Jahr, sondern auch viele neue Regeln. Einen Überblick über die mit dem Start des Jahres 2015 in Kraft getretenen Regelungen, vom Mindestlohn über die Familienpflegezeit und die Biotonnenpflicht bis zur steuerstrafrechtlichen Selbstanzeige, geben zeit.de und die taz.
Über Neuerungen mit Bezug zur Arbeitswelt informiert zeit.de in einem gesonderten Artikel, über die Regelungen zum Mindestlohn und die enthaltenen Ausnahmen informiert die Welt (Stefan von Borstel). Mit der Neuregelung zur Selbstanzeige für Steuersünder befasst sich spiegel.de (Christian Rickens) und berichtet von einem Zustand "wie in der Notaufnahme", den Steueranwälte kurz vor Jahresende beschrieben, als viele noch unter der alten Regelung zur Steuerehrlichkeit zurückkehren wollten. Zur Kennzeichenmitnahme beim Umzug schreibt Rechtsanwalt Michael Erath auf seiner Kanzleihomepage und zur Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes informiert die ARAG SE auf rechtsindex.de.
Rechtspolitik
Erbschaftsteuer und Immobilienunternehmen: Vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer machen die Rechtsanwälte Ernst-Thomas Kraft und Mathias Link in der FAZ auf eine Ungleichbehandlung bei Immobilienvermögen aufmerksam. An Dritte vermietete Immobilien gelten nicht als privilegiertes Betriebsvermögen, mit einer Ausnahme für Unternehmen die mindestens 300 Wohnungen vermieten. Die Autoren sprechen sich für eine Regelung zu Gunsten von Immobilienunternehmen aus, die – den Kriterien des BVerfG folgend – beachtet, dass Immobilienvermietung – ob Wohnung oder Geschäftsfläche – volkswirtschaftlich notwendig ist und, wie sonstige unternehmerische Tätigkeit, Arbeitsplätze schafft.
Datenzweckentfremdung: Der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner fordert mit Blick auf die PKW-Maut, dass ein "datenschutzrechtliches Zweckentfremdungsverbot" ins Grundgesetz aufgenommen werde, meldet die Welt. Das Drängen des Bundes Deutscher Kripobeamter auf die Erlaubnis zur Verwendung der LKW-Maut-Daten für Ermittlungen zeige einen auch sonst bekannten Hang zur anderweitigen Nutzung einmal zu bestimmtem Zweck erhobener Daten.
Justiz
BAG – Videoüberwachung durch den Arbeitgeber: Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte einer Frau 1.000 Euro zugesprochen, weil ihr Arbeitgeber, der an eine Arbeitsunfähigkeit nicht glaubte, sie von einer Detektei per Video überwachen ließ. Die Frau verlangt mit der Revision zum Bundesarbeitsgericht* mehr Geld, der Arbeitgeber will weiterhin Klageabweisung. Auf die im Februar 2015 anstehende Entscheidung weist blog.beck.de (Christian Rolfs) hin.
Landgericht Augsburg – Hafturlaub für Hoeneß: Wie schon über Weihnachten darf Uli Hoeneß auch über Silvester nach Hause, meldet spiegel.de. Wie lange ihm die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg Hafturlaub gewährt hat, ist jedoch nicht bekannt.
GBA – Datensammeln zur Talibantötung: Der frühere deutsche Nato-General Ramms hat bestätigt, dass die Bundeswehr in Afghanistan Daten zur gezielten Tötung von Taliban-Kämpfern gesammelt hat. Die Bundesanwaltschaft wird aber mangels "zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine in die Zuständigkeit der Bundesjustiz fallende Straftat" kein Ermittlungsverfahren eröffnen, meldet die SZ. Die ehemalige Justizministerin Leuthäuser-Schnarrenberger sieht das Vorgehen nicht von Kriegsrecht gedeckt und fordert eine Klärung der bestehenden juristischen Fragen, gerade mit Blick auf künftige Kampfeinsätze.
Immobilienrecht: Rechtsanwalt André Bethge macht in der FAZ auf einige Urteile verschiedener Gerichte rund um Miete und Immobilien aus dem Jahr 2014 aufmerksam. Diese gehen von der Verneinung der Haftung des Maklers für Angaben zur baurechtlichen Situation, die er ungeprüft vom Verkäufer übernommen hat und über das Recht zur fristlosen Kündigung bei gewalttätige Krawall durch den Mieter bis zum Recht auf Verweigerung einer nicht im Leistungsverzeichnis für einen Dachdeckerauftrag enthaltenen Entsorgungleistung, wenn der Auftraggeber eine Zuzahlung verweigert.
StA Wuppertal – Scharia-Polizei: Die Staatsanwaltschaft Wuppertal erwartet in Kürze den Eingang der polizeilichen Ermittlungen zur sogenannten Scharia-Polizei, meldet die Welt. Sie hat dann zu befinden, ob sie das Verhalten der elf Männer, die als "Scharia-Polizei" beschriftet durch Wuppertal liefen, als nicht genehmigte Versammlung wertet.
Recht in der Welt
Palästina – IStGH-Beitritt? Palästinenserpräsident Mahmut Abbas hat das Rom-Statut unterzeichnet, berichten die taz (Susanne Knaul) und die SZ (Peter Münch). Für einen Beitritt zum Internationalen Strafgerichtshof und die damit verbundenen Untersuchungen möglicher Völkerrechtsverbrechen fehlt noch die Ratifikation.
Ronen Steinke (SZ) meint, Israel habe durch einen Beitritt mehr zu verlieren. Insbesondere wegen möglicher Untersuchungen zur Siedlungspolitik und der internationalen Isolation israelischer Politiker durch Haftbefehle des Gerichtshofs. Rainer Hermann (FAZ) warnt vor weiterer Zuspitzung der Konfrontation.
Russland – Eurasische Wirtschaftsunion: Am 1. Januar 2015 trat der Vertrag Russlands mit Weißrussland und Kasachstan über die Gründung der Eurasischen Wirtschaftsunion – als Gegengewicht zur Europäischen Union – in Kraft, meldet das Handelsblatt.
Spanien – Uber vorläufig gestoppt: Uber hat in Spanien vorläufig seinen Dienst eingestellt, nachdem dieser durch ein Gericht mit einstweiliger Verfügung untersagt worden war, meldet das Handelsblatt. Laut dem Gericht liege unlauterer Wettbewerb vor, da die Uber-Fahrer keine Personenbeförderungsscheine besäßen.
Ägypten – Al Jazeera-Reporter: Nach Entscheidung des Ägyptischen Kassationsgerichts muss der Prozess gegen die drei im letzten Jahr zu sieben bzw. zehn Jahren Haft verurteilten Al Jazeera-Reporter neu aufgerollt werden, berichten FAZ (Christoph Ehrhardt), SZ (Ronen Steinke) und taz (Karim El-Gawhary). Prozess und Verurteilung hatten international Empörung ausgelöst. Die seit über einem Jahr in Haft befindlichen Reporter kommen aber vorerst nicht auf freien Fuß.
Sonstiges
Containern: lto.de (Anne-Christine Herr) setzt sich mit dem Phänomen des "Containerns" – das Sammeln noch genießbarer Lebensmittel aus (Supermarkt-)Mülltonnen – und seiner strafrechtlichen Bewertung auseinander. Formaljuristisch seien die Lebensmittel wohl noch fremde Sachen und ihre Wegnahme damit Diebstahl. In der Praxis würden die Verfahren jedoch regelmäßig mangels Beweisbarkeit oder "wegen Geringfügigkeit" eingestellt.
Kontrollbereiche: Nach dem Vorbild der Hamburger "Gefahrenzonen" hat Leipzig über Silvester "Kontrollbereiche" eingerichtet, meldet die FAZ (Alexander Haneke). Es hatte Aufrufe aus der linksautonomen Szene zu gewalttätigen Angriffen auf bestimmte Unternehmen, Einrichtungen und Personen gegeben.
Das Letzte zum Schluss
Chinaböller in Dixi-Klo: Bei einem Arbeitnehmer, der "zum Scherz" einen Chinaböller in ein Dixi-Klo zu seinem Kollegen hinein wirft, ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt, entschied das Arbeitsgericht Krefeld im Jahr 2012, wie justillon.de berichtet. Die leicht vorauszusehenden Verletzungen des Kollegen waren für das Gericht alles andere als witzig.
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Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/krü
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
* Hinweis der Redaktion: Fälschlicherweise war hier zunächst vom Bundesgerichtshof die Rede (geändert am 02.01.2015 um 11:07 Uhr).
Die juristische Presseschau vom 01. - 02. Januar 2015: Neue Regelungen für 2015 – Hoeneß wieder im Urlaub – palästinensischer IStGH-Beitritt? . In: Legal Tribune Online, 02.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14248/ (abgerufen am: 19.05.2024 )
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