Ein Dschihad-Rückkehrer spricht über seinen Einsatz beim IS. Außerdem in der Presseschau: Generalbundesanwalt hält Plädoyer im Kriegsverbrecherprozess in Stuttgart und die StA Frankfurt a.M. klagt weiteren KZ-Wachmann an.
Thema des Tages
OLG Celle – Ebrahim B.: Vergangenen Freitag konnte ein Team aus Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR den ehemaligen Dschihad-Kämpfer Ebrahim B. interviewen. Ebrahim B. wartet auf seinen Prozess wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der kommenden Monat vor dem Oberlandesgericht Celle beginnen soll. Er soll mehrere Monate für den "Islamischen Staat" in Syrien gekämpft haben. Die SZ (Georg Mascolo u.a.) beschreibt das Gespräch mit dem IS-Rückkehrer, der seine Anwerbung durch einen Prediger in Wolfsburg, den Weg nach Syrien und die Bedingungen beim IS schildert. Heute zieht er das Fazit: "Gefängnis in Deutschland ist mir lieber als Freiheit in Syrien".
Rechtspolitik
AÜG-Reform: Die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles will im Herbst einen Gesetzentwurf zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorlegen und sich dabei an den Koalitionsvertrag halten. Rechtsanwalt André Zimmermann kommentiert auf dem Handelsblatt-Rechtsboard die im Koalitionsvertrag niedergelegten Vereinbarungen zur AÜG-Reform. Geplant sind unter anderem Änderungen in der Überlassungshöchstdauer und der Gleichstellung beim Arbeitsentgelt; zudem dürfen Leiharbeitnehmer nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden und müssen bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten berücksichtigt werden.
TTIP – Schiedsgerichte: Das Handelsblatt (Thomas Ludwig/Matthias Streit) führt ein Interview mit EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zum aktuellen Stand der TTIP-Verhandlungen. Thema sind unter anderem die vielfach kritisierten Schiedsgerichtsverfahren. Das bestehende System soll reformiert und ein dauerhaft eingesetztes Gericht mit gewählten Richtern geschaffen werden. Die Kommissarin will bis Ende des Sommers einen Rechtsvorschlag zu den Reformen vorlegen.
Prostituiertenschutzgesetz: Der Staatssekretär beim Bundesfamilienministerium Ralf Kleindiek hat nun den Gesetzentwurf zum Prostituiertenschutzgesetz vorgestellt. Wie die FAZ (Johannes Leithäuser) und die taz (Simone Schmollack) schildern, beinhaltet das Papier die viel diskutierten Regelungen zur Kondom- und Anmeldepflicht und der verpflichtenden Gesundheitsberatung.
Justiz
OLG Stuttgart – FDLR-Kriegsverbrecherprozess: Im Kriegsverbrecherprozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen zwei Angehörige der Hutu-Miliz FDLR, hat der Vertreter des Generalbundesanwalts das Schlussplädoyer gehalten, berichten die SZ (Josef Kelnberger) und taz.de (Dominic Johnson). Für den Hauptangeklagten und ehemaligen FDLR-Präsidenten Ignace Murwanashyaka forderte er lebenslange Haft wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit; sein Stellvertreter Straton Musoni soll für 12 Jahre ins Gefängnis. Damit neigt sich das seit vier Jahren laufende Verfahren dem Ende zu. Das Urteil wird für den September erwartet.
LG Hanau – Neuer Auschwitzprozess: Wie die SZ (Susanne Höll) und spiegel.de berichten, hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main Anklage gegen einen 92-Jährigen wegen Beihilfe zum Mord erhoben. Da er als 19-Jähriger als Wachmann in Auschwitz eingesetzt war, soll das Verfahren vor der Jugendstrafkammer stattfinden. Es gebe außerdem einen weiteren Verdächtigen, gegen den ermittelt wird.
EuGH zu Aufenthaltsrecht nach Scheidung: Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs können Drittstaatsangehörige ihr Aufenthaltsrecht im Aufnahmemitgliedsstaat verlieren, wenn der Ehepartner mit EU-Staatsangehörigkeit diesen Staat verlässt und in seinem Herkunftsland die Scheidung einreicht. Wie lto.de meldet, hat der EuGH den Mitgliedsstaaten anheimgestellt, für diesen speziellen Fall erweiterten Schutz zu bieten.
EuGH zu Patenten bei technischen Standards: Der Europäische Gerichtshof hat Inhabern von Patenten, die für einen technischen Standard essenziell sind, weitergehende Pflichten auferlegt, stellt die FAZ (Joachim Jahn) dar. Danach müssen Patentinhaber den Nutzern ein konkretes Angebot für einen Lizenzvertrag unterbreiten, bevor sie ein Verkaufsverbot geltend machen. Konkret ging es in dem Fall um einen Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf zwischen dem Konzern Huawai und der ZTE-Gruppe, die Basisstationen für Handys vertreibt und ein Patent von Huawai nutzte.
BAG zu Raubkopierer: Das Bundesarbeitsgericht hat die Kündigung eines Justizfachangestellten eines Oberlandesgerichts bestätigt, der über einen Zeitraum von drei Jahren mehrere Tausend Raubkopien auf dem landeseigenen Rechner gespeichert und auf Rohlingen des Gerichts gebrannt hatte. Weil nicht geklärt wurde, ob nicht auch andere Personen Raubkopien an dem Rechner anfertigten, hatten die Vorinstanzen die Kündigung für unwirksam erklärt. Für das BAG habe aber ausgereicht, dass der Mitarbeiter die Raubkopien lediglich ermöglicht habe, erläutert Rechtsanwältin Kara Preedy auf lto.de.
EuGH zu Landversteigerung: Ackerland aus deutschem Staatsbesitz muss nicht zum Höchstpreis verkauft werden, hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Wie die SZ (Steffen Uhlmann) darstellt, hat ein Landkreis in Sachsen-Anhalt den Verkauf eines Landstücks untersagt, weil der gebotene Preis den Verkehrswert um mehr als die Hälfte überstieg. Nun muss der Bundesgerichtshof über den Fall entscheiden.
LG Duisburg – Loveparade: Bei der Anklage gegen die Verantwortlichen des Loveparade-Unglücks bemängelte das Landesgericht Duisburg das Sachverständigengutachten des Panikforschers Keith Still
und stellte dem Gutachter 70 Nachfragen. Die Antworten des Experten präsentiert nun focus.de (Axel Spilcker). Dieser bleibe bei seiner Kritik an den Verantwortlichen: "Das System enthielt grundlegende Fehler. Das hätte während der Planung und während des Genehmigungsverfahrens festgestellt werden müssen."
VG Köln zu Knabberfischen: Das Verwaltungsgericht Köln hat den Einsatz von Kangalfischen in Kosmetikstudios zur Entfernung von Hornhaut erlaubt. Die Stadt Köln wollte einem Kosmetikstudio den Einsatz wegen Tierschutzbedenken untersagen. Das VG Köln war nun der Ansicht, dass die Behörde die Berufsfreiheit nicht genügend berücksichtigt hat, beschreiben die SZ (Jannis Brühl) und die FAZ (Helene Bubrowski), sie muss nun Auflagen zum Einsatz der Fische erlassen.
Recht in der Welt
EGMR – Russisches Verfassungsgericht: Die SZ (Wolfgang Janisch) erläutert die Argumentation des Russischen Verfassungsgerichts in St. Petersburg, mit der es die Nichtanwendung der Yukos-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestätigt hat. Das Gericht stütze sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht im Fall Görgülü, die den Souveränitätsvorbehalt der Verfassung festlegte.
Griechenland - Rettungspaket: Rechtswissenschaftler Michael Ioannidis kritisiert auf verfassungsblog.de in einem englischsprachigen Beitrag die Thesen von Robert Howse, der ebenfalls bei verfassungsblog.de erklärt hatte, warum das neue Rettungspaket der Euro-Gruppe ein Erfolg für die griechische Regierung sei.
Internationaler Strafgerichtshof: Zum heutigen Tag der internationalen Strafjustiz veröffentlicht die FAZ einen Kommentar von 13 Außenministern, die die Rolle des Internationalen Strafgerichtshofs herausstellen und zur Unterstützung seiner Strukturen aufrufen.
USA – Mordprozess gegen Stefan Arzberger: Der deutsche Star-Geiger Stefan Arzberger steht vor einem New Yorker Gericht wegen versuchten Mordes vor Gericht, weil er eine Prosituierte im Hotel stranguliert haben soll. Er kann sich allerdings nicht erinnern und vermutet, dass er unter Drogen gesetzt wurde. Die SZ (Kathrin Werner) bringt einen ausführlichen Vorbericht zum Fall.
Das Letzte zum Schluss
Räuber in Mauskostüm: Im kanadischen Ontario ist ein Räuber in einem Mäusekostüm zur Fahndung ausgeschrieben. Der Mann spazierte in einer Riesenmäusemaske in ein Geschäft und forderte mit gezücktem Messer das Geld heraus. Die Polizei bittet die Bevölkerung, besonders auf die Kleidung des Verdächtigen zu achten, berichtet spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ms
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 17. Juli 2015: Interview mit IS-Rückkehrer – Raubkopierer am Gericht – Neuer Auschwitzprozess . In: Legal Tribune Online, 17.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16267/ (abgerufen am: 17.05.2024 )
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