In einem Bürogebäude ließ sich die Fluchttür nur nach innen öffnen. Dass eine Behörde das nicht duldete und einem Arbeitgeber deswegen versagte, bis zum Umbau keine Mitarbeiter dort zu beschäftigen, geht in Ordnung, so das VG Münster.
Das Verwaltungsgericht (VG) Münster hat die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung bestätigt, mit der die Bezirksregierung Münster einer in der Speicherstadt in Münster ansässigen Firma aufgegeben hatte, die Fluchtwegsituation in ihren Büroräumen in einen der Arbeitsstättenverordnung entsprechenden Zustand zu versetzen (Urt. v. 22.06.2016, Az. 9 K 1985/15). Nach der Verordnung müssen Fluchttüren in Fluchtrichtung aufschlagen. Außerdem hatte die Bezirksregierung der Firma mit sofortiger Wirkung untersagt, in den betreffenden Büroräumen ihre Arbeitnehmer zu beschäftigen.
Nach dem Arbeitsschutzgesetz habe die Firma die Arbeit ihrer Beschäftigten so zu gestalten, dass Gefährdungen für Leben und Gesundheit möglichst vermieden würden. Dies beinhalte, dass bei einer eintretenden Gefahrensituation die Beschäftigten die Betriebsstätte sicher und ohne Hindernisse verlassen könnten, begründete die Bezirksregierung ihre Entscheidung.
Nach der Arbeitsstättenverordnung müssten sich Türen von Notausgängen nach außen öffnen lassen. Im Falle einer Gefahrensituation werde eine nach innen aufschlagende Fluchttür die Stresssituation der betroffenen Personen deutlich erhöhen und eine Flucht extrem erschweren. Im schlimmsten Fall werde es vor der Tür zu einer Menschenansammlung kommen, die aufgrund des irrationalen Fluchtverhaltens des Menschen es nicht ermögliche, die Tür nach innen zu öffnen.
Wortlaut eindeutig: Keine Abwägung im Einzelfall
Das sah das Unternehmen aus Münster anders: Durch die nach innen öffnende Fluchttür werde die Sicherheit oder Gesundheit der Beschäftigten nicht gefährdet. Vielmehr handele es sich hier um einen Bürobetrieb in einem aufwändig modernisierten Gebäude, der keine besonderen Brandgefahren hervorrufe. Es sei zu berücksichtigen, dass lediglich fünf bis sieben Personen die Notausgangstür benutzten, so dass im Evakuierungsfall eine Stau- oder Traubenbildung vor der Tür nicht zu erwarten sei.
Dieser Argumentation folgte das Gericht jedoch nicht und wies die Klage ab. Die Klägerin erfülle eine sie als Arbeitgeberin treffende Pflicht nicht. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Arbeitsstättenverordnung müssten sich Türen von Notausgängen zwingend immer nach außen öffnen lassen. Dies gelte unabhängig davon, wie viele Personen sich regelmäßig unter gewöhnlichen Umständen in der Arbeitsstätte aufhielten. Dementsprechend sei hier keine Abwägung im jeweiligen Einzelfall beziehungsweise keine Feststellung einer konkreten Gefahr mehr erforderlich.
Türen von Notausgängen, die sich nicht nach außen öffnen ließen, stellten nach der in der Arbeitsstättenverordnung getroffenen Wertung immer eine Gefahr dar. Dementsprechend sei auch das sofortige Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern in den betreffenden Räumlichkeiten rechtmäßig. Es habe keine Pflicht der Behörde bestanden, zur Ausführung der Ordnungsverfügung eine angemessene Frist zu setzen. Vielmehr habe hier Gefahr im Verzug vorgelegen.
acr/LTO-Redaktion
VG Münster legt Arbeitsstättenverordnung eng aus: . In: Legal Tribune Online, 12.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19974 (abgerufen am: 12.12.2024 )
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