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Gericht weist Klage eines Polizeibeamten ab: Kein Dien­st­un­fall nach mona­te­langer Sich­tung von Kin­derpor­no­grafie

11.08.2023

Eine Polizeibeamtin am Computer

Weder Gericht noch Therapeut noch Gutachter konnten einen bestimmten Diensttag ausmachen, an dem zu einem konkreten Zeitpunkt - und damit "plötzlich" - die Störung entstanden wäre. Foto: stock.adobe.com/KarlHeinzH

Das VG Braunschweig hat die Klage eines Polizisten auf Anerkennung eines Dienstunfalls abgewiesen, der bei der Arbeit monatelang kinderpornografisches Material gesichtet hatte. Es fehle am für Dienstunfälle nötigen Merkmal "plötzlich".

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Das Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig hat die Klage auf Anerkennung eines Dienstunfallseines früheren Polizeibeamten abgewiesen, der bei der Arbeit mehrere Monate kinderpornografisches Material gesichtet hatte. Das teilte das Gericht am Donnerstag mit (Urt. v. 10.08.2023, Az 7 A 140/22). 

Der heute 46 Jahre alte Mann ist seit Ende 2021 aufgrund von Dienstunfähigkeit im Ruhestand. 2017 wurde er nach einer längeren Krankheitszeit zur Sichtung kinderpornografischen Bild- und Videomaterials eingesetzt. In einem psychiatrischen Gutachten wurde dem Mann eine von dieser Tätigkeit ausgelöste, sogenannte stress-assoziierte Störung attestiert. Die beklagte Polizeidirektion Braunschweig bestritt im Prozess nicht, dass diese Erkrankung durch die Sichtung der Bilder und Videos von Kindesmisshandlungen im Dienst ausgelöst wurde. Die Anerkennung der psychisch belastenden Tätigkeit als Dienstunfall wurde aber abgelehnt. Dieser Auffassung schloss sich das VG nun an. 
 
Nach dem Niedersächsischen Beamtenversorgungsgesetz sei ein Dienstunfall als ein "auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, zeitlich und örtlich bestimmbares Ereignis" definiert, das einen Körperschaden verursacht. Nach der ständigen Rechtsprechung fielen schädliche Dauereinwirkungen über mehrere Monate nicht unter das Merkmal eines plötzlichen Ereignisses, so die Kammer. In den vergangenen fünf Jahren des Verfahrens habe weder von dem Mann selbst noch von den behandelnden Therapeuten und insbesondere nicht durch den psychiatrischen Fachgutachter eine konkrete einzelne Sichtung oder ein Diensttag als allein krankheitsauslösend und damit als ein plötzliches Ereignis identifiziert werden können.

Die Erkrankung des ehemaligen Polizeibeamten, so die Kammer, sei nach der geltenden Rechtslage auch nicht als Berufskrankheit einem Dienstunfall gleichgestellt. Das Niedersächsische Beamtenversorgungsgesetz verweist hierzu auf die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) des Bundes. In diese Verordnung sind bislang keine psychischen Erkrankungen aufgenommen worden. 

pab/dpa/LTO-Redaktion

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Gericht weist Klage eines Polizeibeamten ab: . In: Legal Tribune Online, 11.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52465 (abgerufen am: 18.06.2025 )

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