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Vorwurf der Terrorprogaganda: Pro­zess gegen deut­sche Jour­na­listin in der Türkei beginnt

11.10.2017

Haft in der Türkei

© VRD - stock.adobe.com

Am Mittwoch hat in der Türkei der Prozess gegen die deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu begonnen. Der Vorwurf lautet Terrorismusunterstützung, ihr droht eine lange Haftstrafe.

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Mehr als fünf Monate nach ihrer Festnahme in der Türkei hat am Mittwoch der Prozess gegen die inhaftierte deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu begonnen. Die 33-Jährige muss sich vor einem Gericht auf dem Gelände der Haftanstalt Silivri westlich von Istanbul verantworten. Sie gehört zu einer Gruppe von 18 Angeklagten, denen Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in der linksextremen MLKP vorgeworfen wird. Nach Angaben von Tolus Anwältin Kader Tonc drohen ihrer Mandantin bis zu 20 Jahre Haft.

Die Bundesregierung fordert die Freilassung Tolus und von zehn weiteren Deutschen, die derzeit in der Türkei aus politischen Gründen inhaftiert sind. Dazu gehören neben Tolu der Welt-Korrespondent Deniz Yücel und der Menschenrechtler Peter Steudtner.

Tolus Vater Ali Riza Tolu sagte vor Prozessbeginn, er sei "enttäuscht" von der Bundesregierung. Im Wahlkampf sei viel geredet worden, aber nun befinde sich diese im "Todesschlaf". Die Vorwürfe gegen seine Tochter bezeichnete er als unwahr. Er hoffe dennoch, dass seine Tochter aus der Untersuchungshaft entlassen werde.

DRB: "Klima der Angst" in der türkischen Justiz

Die Linken-Fraktionsvize Heike Hänsel, die nach eigenen Angaben die Verhandlung als einzige Bundestagsabgeordnete vor Ort beobachtete, nannte das Verfahren gegen Tolu einen "Schauprozess". Die Vorwürfe seien nicht haltbar. "Wir hoffen, dass wir Mesale Tolu nach zwei Tagen frei sehen, aber wie groß die Chancen sind, ist völlig offen", sagte Hänsel vor Prozessbeginn. Sie forderte die Bundesregierung auf, den Druck auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan zu erhöhen.

Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, erklärte: "Es ist zu befürchten, dass Mesale Tolu und andere inhaftierte Deutsche in der Türkei kein faires, rechtsstaatliches Strafverfahren erwartet." In weiten Teilen der türkischen Justiz herrsche ein "Klima der Angst". Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, hält eine drastische Haftstrafe ebenso für möglich wie eine Freilassung. "Es ist alles drin. Das ist ja genau das, was Willkürjustiz ausmacht", sagte Mihr dem SWR.

Tolu arbeitete als Journalistin und Übersetzerin für die Nachrichtenagentur Etha. Deren Internetseite ist in der Türkei zwar gesperrt. Etha ist bislang aber - anders als zahlreiche andere regierungskritische Medien in der Türkei - nicht verboten worden.

Tolu war am 30. April festgenommen worden, als Polizisten einer Anti-Terror-Einheit ihre Wohnung stürmten. Ihr Ehemann Suat Corlu war bereits zuvor ebenfalls unter Terrorverdacht inhaftiert worden. Er gehört nicht zu den 18 Angeklagten dieses Prozesses. Mesale Tolu hat einen zweijährigen Sohn, den sie zuletzt im Frauengefängnis im Istanbuler Stadtteil Bakirköy bei sich hatte.

dpa/mam/LTO-Redaktion

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Vorwurf der Terrorprogaganda: Prozess gegen deutsche Journalistin in der Türkei beginnt . In: Legal Tribune Online, 11.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24959/ (abgerufen am: 08.08.2022 )

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