In der Kontroverse um die taz-Kolumne "Abschaffung der Polizei: All cops are berufsunfähig" gingen 150 Strafanzeigen bei der Berliner Staatsanwaltschaft ein. Nun wurden die Verfahren ohne Aufnahme von Ermittlungen eingestellt.
Die Veröffentlichung der kontroversen taz-Kolumne der Journalistin Hengameh Yaghoobifarah zieht keine strafrechtlichen Konsequenzen nach sich. Wie die Generalstaatsanwaltschaft (GenStA) Berlin am Freitagnachmittag mitteilte, sind die Verfahren ohne Aufnahme von Ermittlungen eingestellt worden. Der Mitteilung zufolge sind die Ausführungen der Kolumne trotz ihrer "äußerst abschätzigen Bewertung" noch vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt.
In dem umstrittenen Text ging es darum, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft würde, der Kapitalismus aber nicht – etwa auf einer Mülldeponie, schlug die Autorin vor. Aus der Berufsgruppe heraus und von Politikern kam danach viel Kritik. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte nach der Veröffentlichung der Kolumne zunächst angekündigt, Strafanzeige zu stellen, später aber darauf verzichtet. Insgesamt sind nach Angaben der GenStA dennoch 150 Strafanzeigen eingegangen.
Die Kolumne sei als zugespitzter Beitrag im Kontext der aktuellen öffentlichen Diskussion zu Polizeigewalt und Rassismus innerhalb der Polizei zu sehen, hieß es in der Mitteilung der Behörde. Eine strafrechtlich relevante Schmähung läge nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann vor, wenn der Inhalt der Kolumne keinen "irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Personen als solcher geht."
Laut GenStA ist dies jedoch nicht der Fall. Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen und öffentlichen Diskussionen zur Rolle der Polizei habe Yaghoobifarah die Grenze der Strafbarkeit nicht überschritten. Ähnlich hatte es der Presserat gesehen und einen Verstoß gegen den Pressekodex verneint.
acr/LTO-Redaktion
150 Strafanzeigen wegen taz-Kolumne: . In: Legal Tribune Online, 25.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42925 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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