SPD-Politiker werden künftig keine Gespräche im Rahmen der "Vorwärts"-Reihe mehr führen. Damit reagiert die Partei auf den Verdacht verdeckter Parteienfinanzierung, der zuletzt aufgekommen war.
Dass Spitzenpolitiker mitunter bezahlte Vorträge halten, ist nichts Neues. Nun aber sieht sich die SPD Vorwürfen ausgesetzt, Treffen mit Mitgliedern ihrer Partei über eine Agentur vermarktet und dadurch illegale Parteienfinanzierung betrieben zu haben. Die Gespräche im Rahmen der "Vorwärts"-Reihe, welche zu den Vorwürfen geführt hatten, will man künftig nun nicht mehr durchführen.
Am Mittwoch erklärte SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan, man werde die Vorwärts-Gespräche mit eigenen Politikern einstellen, "ob mit oder ohne Sponsoring". Es werde zudem eine interne Untersuchung des Sachverhalts geben. Den betreffenden Sozialdemokraten sei über die Vermittlung der Gespräche nichts bekannt gewesen: "Weder wurden sie über Details etwaiger Absprachen zwischen Sponsoren und der Agentur ins Bild gesetzt noch war ihnen die Höhe etwaiger Zahlungen bekannt", so Nietan.
Wie aus einem Bericht des ZDF-Magazins "Frontal 21" hervorgeht, soll eine Kommunikationsagentur der SPD Gespräche mit Führungskräften der Partei gegen Geld angeboten haben. Für Summen von 3.000 bis 7.000 Euro konnten demnach Unternehmen und Lobby-Gruppen Treffen mit SPD-Mitgliedern buchen. Darunter fänden sich unter anderem Justizminister Heiko Maas, Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks, Familienministerin Manuela Schwesig, Fraktionschef Thomas Oppermann, sowie Generalsekretärin Katarina Barley.
Agentur: Keine Gewinne an SPD abgeführt
Organisiert worden seien die Treffen über die Agentur Network Media GmbH. Diese ist eine Tochter des Berliner Vorwärts-Verlages, welcher wiederum Teil der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft ist, die überwiegend der SPD gehört. Die Agentur bestätigte, dass es Auftritte von SPD-Politikern bei der "Vorwärts-Gesprächsreihe" gegeben habe, die von Sponsoren unterstützt würden.
Dagegen bestritt man, die Gespräche mit Politikern verkauft zu haben. Man sei nur bemüht, Partner zu finden, die jene Kosten trügen, die mit einer solchen Veranstaltung verbunden seien.
Der Vorwärts-Gruppe seien aber aus den Treffen keine Gewinne entstanden, die man an die SPD-Gesellschaft hätte abführen können. Auch die Bundestagsverwaltung widersprach Vorwürfen, die SPD könne dadurch verdeckte Parteienfinanzierung betrieben haben. Parteien sei nach dem Parteiengesetz (PartG) die Gründung von Unternehmen ebenso erlaubt wie eine Beteiligung daran. Die Rechenschaftspflicht bezüglich ihrer Finanzen erstrecke sich nicht auf die Zahlen solcher eigenständigen Gesellschaften.
2/2: Umgehung von Spendenvorschriften?
Ganz so einfach ist es aus Sicht von Dr. Sebastian Roßner nicht. Sollte der Bericht des ZDF-Magazins zutreffen, sieht der Parteienrechtler von der Heinrich Heine-Universität Düsseldorf ein Problem in der Umgehung spezieller Vorschriften für Parteispenden: "Sponsoring-Geschäfte sind keine Spenden, sie werden daher anders verbucht und unterliegen geringeren Publizitätsanforderungen".
Nach § 25 Abs. 3 PartG sind Spenden, die im Jahr die Summe von 10.000 Euro übersteigen, unter Angabe des Spenders sowie der Gesamthöhe der Zuwendung im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen. Übersteigen sie im Einzelfall 50.000 Euro, müssen sie zusätzlich dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden. Zudem dürfen Spenden nach Abs. 2 Nr. 7 nicht in Erwartung einer Gegenleistung gewährt werden.
Verbuche man die Zahlungen, wie es die SPD laut dem Bericht tat, aber nicht als Spenden, sondern als Sponsoring, entgehe man diesen Anforderungen, sagt Roßner. Zudem habe man hier mit der Verlagsgesellschaft geschickt eine juristische Person zwischengeschaltet: "Damit handelt es sich nicht mehr um eine Spende direkt an die Partei". Somit bewege man sich "in einer rechtlichen Grauzone": "Es gibt seit vielen Jahren eine Diskussion, wie man mit diesen Sponsoring-Fällen umgehen soll. Eine gefestigte Meinung hat sich aber bisher nicht durchgesetzt".
Hendricks geht von Zahlungen an Agentur aus
Andererseits dürfe sich der Staat auch nicht "für dumm verkaufen lassen", betont Roßner. Nach dem Inhalt des Berichts handele es sich hier um eine Umgehung der Spendenvorschriften. "Funktional ähnelt das Sponsoring dann einer Gefälligkeitsspende." Konsequenzen falsch verbuchter Spenden könnten in der Pflicht zur Rückzahlung oder auch in Strafzahlungen nach § 31b oder §31c PartG bestehen.
Auch die direkt Betroffenen äußerten sich mitunter zu den Vorwürfen. Bundesjustizminister Heiko Maas gab gegenüber "Frontal 21" an, von einem Sponsoring nichts gewusst zu haben. Umweltministerin Hendricks sagte: "Ich habe in der Tat zweimal Vorträge gehalten im Rahmen einer solchen Veranstaltung". Sie gehe davon aus, dass die Agentur das Geld bekommen habe: "In diesem Fall ist es eine Agentur, die in der Tat eine Tochter eines sozialdemokratischen Unternehmens ist, das ist nicht zu bestreiten."
Während Parteichef Sigmar Gabriel angab, von solchen Gesprächen nichts gewusst zu haben, erklärte die Partei in einem Statement: "SPD-Politiker lassen sich weder kaufen noch mieten".
mam/LTO-Redaktion/dpa
Nach Verdacht verdeckter Parteienfinanzierung: SPD stellt gesponserte Gespräche ein . In: Legal Tribune Online, 23.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21242/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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