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SG Berlin zu kinderlosem Ehepaar: Künst­liche Befruch­tung gehört nicht zum Regel­be­darf

22.09.2015

Künstliche Befruchtung (Symbobild)

© MP - Fotolia.com

Ein Paar aus Berlin hat vergeblich das Jobcenter verklagt, weil es ihnen kein Darlehen für eine künstliche Befruchtung gewähren wollte. Ein solcher Eingriff gehöre nicht zum Regelbedarf, urteilte das SG.

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Ein Ehepaar aus Berlin, welches Hartz-IV bezieht und auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen kann, hat keinen Anspruch gegen das Jobcenter auf Gewährung eines Darlehens für eine künstliche Befruchtung. Das Sozialgericht (SG) Berlin wies die Klage der beiden in einem heute veröffentlichten Urteil ab (Urt. v. 14.09.2015, Az. S 127 AS 32141/12).

Zwar hatte sich die Krankenkasse bereit erklärt, die Kosten des insgesamt 4.100 Euro teuren Eingriffs zur Hälfte zu tragen, die andere Hälfte konnte das Paar aus eigenen Mitteln jedoch nicht aufbringen. Das Jobcenter lehnte ihren Antrag auf Gewährung eines Darlehens ab.

Wie das Gericht mitteilte, vertraten die Kläger die Ansicht, dass es dem Grundgesetz widerspreche, wenn sozialleistungsberechtigte Paare keine Kinder bekommen könnten, nur weil sie ihren Anteil an den Kosten einer künstlichen Befruchtung nicht aufbringen könnten. Sie seien auf ein Darlehen des Jobcenters angewiesen, da sie in der freien Wirtschaft keines bekämen. Ihnen stünden die gleichen Rechte zur Teilhabe an der Gesellschaft zu wie Menschen, die keine Sozialleistung beziehen müssten.

Paar hat noch drei Jahre Zeit zum Sparen

Wie das Gericht aber nun entschied, setze ein Darlehen durch das Jobcenter voraus, dass im Einzelfall der Bedarf des Antragstellers, der eigentlich vom Regelbedarf umfasst werde, nicht gedeckt werden könne. Eine künstliche Befruchtung aber gehöre nicht zum Regelbedarf im Sinne des § 20 Abs. 1 S. 1 und 2 Sozialgesetzbuch II (SGB II). Hierzu gehören neben Kleidung, Ernährung oder Hausrat zwar auch Bedürfnisse des täglichen Lebens, also die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. Die Vorschrift bestimmt jedoch auch, dass dies nur "in vertretbarem Umfang" verwirklicht werden muss. Es folge hieraus nicht, so das Gericht, dass Leistungsbeziehern die gleichen Teilhaberechte geschaffen werden müssten, wie Erwerbstätigen.

Dieser "vertretbare Umfang" werde bei einer künstlichen Befruchtung, die über 4.000 Euro koste, überschritten. Zudem sei der Bedarf des Paares nicht unabweisbar, da es sich nicht um eine medizinisch notwendige Behandlung handele, weshalb auch die beschränkte Kostenübernahme der Krankenkasse nicht zu beanstanden sei. Denn aus Art. 6 des Grundgesetzes folge nicht, dass der Gesetzgeber die Entstehung einer Familie durch künstliche Befruchtung mit Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung fördern müsse.  Für das Jobcenter als Träger der Grundsicherungsleistung könne nichts anderes gelten.

Der Bedarf des Paares sei ebenso wenig unaufschiebbar, denn die Krankenkasse übernehme die auf sie anfallenden Kosten bis zum 40. Lebensjahr für weibliche Versicherte. Da die Ehefrau 1978 geboren wurde bliebe dem Paar also noch drei Jahre Zeit, um die begehrten Leistungen anzusparen, so das Gericht.

una/LTO-Redaktion

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SG Berlin zu kinderlosem Ehepaar: . In: Legal Tribune Online, 22.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16970 (abgerufen am: 07.11.2025 )

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