In dem skandalträchtigen Neubrandenburger NS-Prozess hat die Staatsanwaltschaft Anträge auf Erlass von Strafbefehlen gegen die Richter gestellt. Sie hatten einem Anwalt "narzisstisch dominierte Dummheit" vorgeworfen.
Nach dem geplatzten Neubrandenburger NS-Prozess hat die Staatsanwaltschaft Stralsund gegen die Richter des Landgerichts Anträge auf Strafbefehle gestellt, sagte die Sprecherin des Amtsgerichts Neubrandenburg am Dienstag. Die Anträge gingen demnach Ende Mai ein. Zuvor hatte der Nordkurier darüber berichtet.
Im Jahr 2015 hatte der Mordprozess gegen den früheren SS-Sanitäter Hubert Zafke begonnen. Ihm wurde Beihilfe zum Mord in 3.681 Fällen vorgeworfen. Zu vier Verhandlungstagen in zweieinhalb Jahren hatte es das Schwurgericht Neubrandenburg gebracht, ehe der Angeklagte im September 2017 aufgrund seiner Demenz für nicht mehr verhandlungsfähig erklärt und das Verfahren eingestellt wurde. Die Nebenkläger erstatteten nach dem Prozessende bereits Strafanzeige gegen die Richter wegen Rechtsbeugung. Ermittlungen leitete die Staatsanwaltschaft aber nicht ein. In der vergangenen Woche starb der 97-Jährige.
Der Anwalt eines jüdischen Nebenklägers, Prof. Cornelius Nestler, hatte drei Richter der Schwurgerichtskammer zudem wegen Beleidigung angezeigt. Die Richter sollen ihm in einem offiziellen Schreiben "narzisstisch dominierte Dummheit" vorgeworfen haben.
Der für die Bearbeitung der Strafbefehle zuständige Richter am Amtsgericht habe einen Antrag auf Selbstablehnung gestellt, sagte die Gerichtssprecherin. Als Grund habe er angeführt, mit dem Vorsitzenden Richter Klaus Kabisch seit 20 Jahren befreundet zu sein und auch die beiden anderen Richter gut zu kennen. Ob das Gericht die Selbstablehnung annimmt, habe Direktor Matthias Brandt zu entscheiden. "Die Akten liegen auf seinem Tisch", sagte die Sprecherin.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
Anwalt im geplatzten NS-Prozess beleidigt: . In: Legal Tribune Online, 11.07.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29675 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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