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Staatsgerichtshof: Nie­der­sachsen muss besser über Wolfs­ab­schüsse infor­mieren

08.02.2022

Wolf im Wald (Symbolbild)

Die niedersächsische Landesregierung muss etwa über Zahl und Datum erteilter Genehmigungen, nicht aber über Beteiligte informieren. Foto: Nadine Haase - stock.adobe.com

In keinem anderen Bundesland werden so viele Wölfe mit behördlicher Ausnahmegenehmigung getötet wie in Niedersachsen. Hierüber muss die Landesregierung nun detailliertere Auskunft geben, entschied der dortige Staatsgerichtshof.

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Die niedersächsische Landesregierung muss nach einem Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs (StGH) das Parlament umfassender über Abschussgenehmigungen für Wölfe informieren. Die Landesregierung hätte auf Kleine Anfrage der Abgeordneten auch Teil-Antworten geben können. Die Anfragen nicht zu beantworten verletzte jedenfalls die Auskunftspflicht und stelle einen Verstoß gegen die niedersächsische Verfassung dar (Urt. v. 08.02.2022, Az. StGH 1/21).

Die Grünen halten es für verfassungswidrig, dass das niedersächsische Umweltministerium mehrfach erst im Nachgang mitteilte, dass ein Wolf geschossen wurde. Aus diesem Grund sind Grünen-Abgeordnete vor den Staatsgerichtshof in Bückeburg gezogen. Ihnen gehe es um mehr Transparenz und Überprüfbarkeit von Wolfsabschüssen, sagte Vize-Fraktionschef Christian Meyer. "Wir wollen wissen, warum soll dieser Wolf getötet werden." Nur so könnten die Genehmigungen rechtlich überprüft werden, indem Umweltverbände klagten.

Informationen über Genehmigungen, nicht über Betroffene

Nach Angaben des niedersächsischen Umweltministeriums ging es darum, die betroffenen Weidetierhalter:innen sowie beteiligten Jäger:innen zu schützen, weil diese in der Vergangenheit bedroht worden seien. "Hier müssen wir feststellen, dass diese nicht nur beleidigt werden, sondern teilweise auch bedroht werden", sagte Umweltstaatsminister Frank Doods nach der mündlichen Verhandlung in Bückeburg Anfang Dezember. Die Parlamentarier:innen hätten die Auskünfte aber in vertraulicher Sitzung erhalten. Von Geheimniskrämerei könne also keine Rede sein.

Nach dem Staatsgerichtshof hätten Abgeordnete aus dem Auskunftsanspruch gem. Art. 24 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung zum Beispiel das Recht, die Zahl und das Datum erteilter Genehmigungen zu erfahren. Es sei aber richtig, Informationen zurückzuhalten, die betroffene Tierhalter:innen, Jäger:innen sowie andere Beteiligte identifizierbar machten, da diese in der Vergangenheit mehrfach Bedrohungen in den sozialen Netzwerken ausgesetzt waren.

In seiner Urteilsbegründung zitierte der Präsident des Staatsgerichtshofs, Thomas Smollich, aus Internet-Beiträgen mit Bedrohungen von Jäger:innen und sagte: "Die Posts belegen nachdrücklich, dass die Wolfsdebatte sehr aufgeheizt und emotional geführt wird."

Landesregierung und Grüne mit dem Urteil zufrieden

"Ich bin sehr zufrieden mit dem Urteil", sagte Grünen-Politiker Christian Meyer. "Die Geheimniskrämerei der Landesregierung hat nun ein Ende." Ziel sei, mehr Sachlichkeit und Transparenz in der Wolfspolitik zu erreichen. Namen von Jäger:innen oder Tierhalter:innen hätten die Grünen nie erfahren wollen. Diffamierungen im Internet seien zu verurteilen.

Umweltstaatssekretär Frank Doods bewertete die Entscheidung nicht als Niederlage für die Landesregierung. "Wir freuen uns, dass der Staatsgerichtshof unserer Argumentation im Wesentlichen gefolgt ist", sagte er nach der Urteilsverkündung.

Neben dem Verfahren am Staatsgerichtshof gibt es noch eine andere juristische Auseinandersetzung rund um den Wolf. Der Naturschutzbund (Nabu) Niedersachsen hat im Dezember beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg einen Normenkontrollantrag gegen die seit Ende 2020 geltende niedersächsische Wolfsverordnung gestellt. Unterstützt wird er vom Freundeskreis freilebender Wölfe und dem WWF Deutschland.

In ihrer jetzigen Form verstoße die niedersächsische Wolfsverordnung gegen EU-Recht, sagte der Nabu-Landesvorsitzende Holger Buschmann. "Die Verordnung ist im Moment so gestrickt, dass man mit ihr den Wolf wieder ausrotten kann." Die Naturschützer fordern strengere Vorgaben für Abschüsse und größere Investitionen in den Herdenschutz. Laut einer Gerichtssprecherin will das Umweltministerium in diesem Verfahren im Laufe dieses Monats Stellung nehmen.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

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Staatsgerichtshof: . In: Legal Tribune Online, 08.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47461 (abgerufen am: 13.05.2025 )

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