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Verfahren der Staatsanwaltschaft Berlin gegen Ex-Bild-Chef: Betrugs-Ermitt­lungen gegen Julian Rei­chelt ein­ge­s­tellt

30.10.2023

Ein lächelnder Mann im Anzug spricht freundlich am Telefon, während er entspannt auf einem Sofa sitzt.

Täuschte Reichelt seinen ehemaligen Arbeitgeber über Vernichtung von Dokumenten? picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt nicht mehr gegen Ex-Bild-Chef Julian Reichelt. Grundlage war eine Strafanzeige von Axel Springer wegen einer 2-Millionen-Euro-Abfindung. Doch der Konzern selbst agierte widersprüchlich.

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Reichelt musste im Herbst 2021 seinen Posten als Chefredakteur bei Deutschlands größter Boulevardzeitung räumen und den Konzern verlassen. Hintergrund seines Karriere-Endes bei Bild waren Vorwürfe des Machtmissbrauchs in Verbindung mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen. Der Journalist selbst hatte später von einer "Schmutzkampagne" gegen ihn gesprochen und Vorwürfe stets zurückgewiesen.  

Der Medienkonzern hatte Reichelt im vergangenen April im Zusammenhang mit der an ihn gezahlten Abfindung in Höhe von zwei Millionen Euro wegen Betruges angezeigt. Nun hat die Staatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen eingestellt. "Der Anfangsverdacht hat sich durch die Ermittlungen nicht bestätigt", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft

Vorwurf: Abfindung kassiert, obwohl Dokumente nicht wie verabredet vernichtet wurden

Neben der Strafanzeige verlangte Springer in einem arbeitsrechtlichen Streit die Rückzahlung einer Abfindung von dem früheren Chefredakteur zurück. Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht Berlin endete jedoch vor rund zwei Monaten mit einer außergerichtlichen Einigung. Die strafrechtlichen Ermittlungen liefen unabhängig davon zunächst weiter, nachdem die Staatsanwaltschaft im Frühjahr einen Anfangsverdacht bejaht hatte. 

Nun hieß es von Seiten der Staatsanwaltschaft, es sei im Verfahren um die Vernichtung von Dokumenten und Dateien des Verlags gegangen. Springer habe Reichelt vorgeworfen, dass er behauptet habe, die Unterlagen vernichtet zu haben. Er habe so vorgetäuscht, eine wichtige Voraussetzung dafür erfüllt zu haben, dass er die vereinbarte Abfindungssumme beim Ausscheiden aus dem Medienkonzern bekommt.

Widersprüchlich: Springer selbst forderte von Reichelt später Dokumente an

Tatsächlich soll Reichelt aber im Zusammenhang mit einem anderen Rechtsstreit vom Verlag gebeten worden sein, die Unterlagen zur Verfügung zu stellen und nicht zu vernichten, hieß es nun von der Staatsanwaltschaft. 

Auch vor dem Arbeitsgericht hatte Reichelt argumentiert, Springer selbst habe einen sogenannten "Document Hold" zu Kommunikation mit der Mitarbeiterin ausgesprochen, der darauf gerichtet war, diese Nachrichten gerade nicht zu löschen. Denn Nachrichten waren – aus Sicht von Springer – geeignet zu belegen, dass Reichelt gerade keinen "Sex on Demand" von einer Mitarbeiterin verlangte. Und diesen Beleg konnte Springer wegen einer laufenden Klage der Frau gegen den Konzern in den USA dringend gebrauchen. Reichelt Anwalt Pötters zitierte im Prozess eine Nachricht von Springer CEO-Döpfner an Reichelt, nach der Reichelt "alles dokumentieren" und der New York Times zur Verfügung stellen solle.

Staatsanwaltschaft: Keine Kausalität zwischen Täuschung und Vermögensverfügung

Dieser Bitte soll der Ex-Chefredakteur auch nachgekommen sein. Damit sei davon auszugehen, dass dem Medienkonzern bewusst war, dass sich noch Unterlagen bei Reichelt befanden, so die Staatsanwaltschaft. Dennoch habe man ihm die Abfindung gezahlt. Seine Behauptung, alle Unterlagen bereits gelöscht zu haben, könnten daher nicht ursächlich für die Auszahlung gewesen sein, so die Staatsanwaltschaft. "Es fehlt somit an der für einen Betrug erforderlichen Kausalität."

Vor diesem Hintergrund bleibt aus Sicht der Staatsanwaltschaft offen, ob Reichelt überhaupt beabsichtigte, Springer durch die Erklärung zu täuschen, oder ob er vielmehr davon ausging, dass sich die Angaben ohnehin nur auf andere Dokumente und Dateien bezogen.

Reichelts Strafverteidigerin Katharina Dierlamm begrüßte die Einstellungsverfügung. Gegenüber LTO teilte sie mit: "Diese Einstellung entspricht einem Freispruch. Die gegen Julian Reichelt von Seiten Axel Springer erhobenen Vorwürfe waren von Beginn an völlig haltlos".

dpa/fz-LTO-Redaktion

 

Anm. d. Red. Text in der Version vom 31.10.2023, 09.45 Uhr, korrigiert wurde der Name es Anwalts Pötters.

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Verfahren der Staatsanwaltschaft Berlin gegen Ex-Bild-Chef: . In: Legal Tribune Online, 30.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53024 (abgerufen am: 09.11.2025 )

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