Die DFL schließt nicht aus, dass Privilegien für die Clubs Bayer 04 Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim bald komplett abgeschafft werden. Das ergibt sich aus einem internen Schreiben der Liga an die Bundesligavereine, das LTO vorliegt.
Nach ihrer Mitgliederversammlung von Mittwoch, auf der die 36 Proficlubs der Bundesliga mit der DFL auch über das strittige Thema 50+1 beraten hatten, hat das Präsidium der DFL nunmehr in einem internen Schreiben an die Vorstände und Geschäftsführungen der Vereine und Kapitalgesellschaften der Bundesliga erläutert, welche Strategie es beim Thema 50+1 weiter verfolgen wird.
Hintergrund ist eine erste rechtliche Bewertung der sog 50+1 Regel seitens des Bundeskartellamts (BKartA) vom Mai. Mit der 50+1-Regel soll verhindert werden, dass Investoren in den Klubs die Stimmenmehrheit erlangen. Die Regel ist Bestandteil der Satzung des "DFL Deutsche Fußball Liga e.V". Sie bestimmt, dass eine Kapitalgesellschaft nur dann eine Lizenz für die Teilnahme an der Bundesliga oder 2. Bundesliga erwerben kann, wenn der jeweilige Mutterverein mehrheitlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, also mindestens 50 Prozent der Stimmanteile plus einen weiteren Stimmanteil in der Versammlung der an der Kapitalgesellschaft beteiligten Anteilseigner hält.
Für den Bereich des DFB verwendet der DFB eine gleichlautende Regelung. Die obersten Wettbewerbshüter hatten in einer vorläufigen Bewertung festgestellt, dass 50+1 zwar im Grundsatz mit dem Kartellrecht vereinbar sei, gleichzeitig aber die derzeit geltenden Ausnahmegenehmigungen für die konzern- oder investorengeführten Bundesligisten Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg und TSG 1899 Hoffenheim kritisiert.
DFL: "Wir wollen 50+1 erhalten"
Nachdem nun auf der DFL-Mitgliederversammlung am Mittwoch hierzu keine konkreten Schlüsse gefasst worden waren, hat das Liga-Präsidium einen Tag später die Clubs darüber informiert, wie es sich gegenüber dem BKartA weiter verhalten werde. In dem Schreiben, das vom Sprecher des DFL-Präsidiums Christian Seifert unterzeichnet ist und den Betreff "Leitlinien des DFL-Präsidiums im weiteren Verfahrensverlauf zur 'Vorläufigen Einschätzung des Bundeskartellamtes zur Anwendung der sogenannten 50+1-Regel'" trägt, bekräftigt die DFL zunächst, alles dafür zu tun, die 50+1-Regel erhalten zu wollen. Den Clubs verspricht der Ligaverband zudem, dass er nicht einseitig und ohne Abstimmung mit den Vereinen vorgehen werde.
Allerdings müssen sich diese auch mit Szenarien auseinandersetzen, die nach Gesprächen der DFL mit dem BKartA drohen könnten. Darunter fällt auch die komplette Streichung der Förderausnahme, von der derzeit die Clubs aus Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim profitieren und die für das BKartA eine Wettbewerbsverzerrung bedeuten. Im Schreiben der DFL heißt es: "Konkret wird es seitens des Präsidiums keinen Antrag geben, der bereits zum jetzigen Zeitpunkt Förderausnahmen generell abschafft und/oder den betroffenen Clubs eine Übergangszeit zur Neusortierung der Stimmrechtsverhältnisse einräumt. Gleichwohl könnte dies zu einem späteren Zeitpunkt und abhängig von den Gesprächen mit dem Bundeskartellamt eine Handlungsoption des DFL e.V. sein, um die '50+1-Regel' zu erhalten."
Auf dem Schirm hat die DFL dabei auch von drei betreffenden Vereinen ausgesprochene Drohung, für den Fall, dass ihre Förderprivilegien gestrichen würden, rechtliche Schritte einzulegen: "Mögliche rechtliche Schritte der betroffenen Clubs" seien zu bedenken und zu beachten, heißt es. "Daher wäre bei Veränderungen, was die Förderausnahmen betrifft, stets ein Einbeziehen der betroffenen Clubs anzustreben mit dem Ziel, ein Einvernehmen über mögliche Veränderungen herzustellen."
Zunächst informeller Austausch zwischen DFL und BKartA geplant
In dem Schreiben kündigt der Ligaverband an, zunächst jedoch noch einmal quasi informell den Austausch mit dem BKartA zu suchen: "Das Präsidium verfolgt im Weiteren zunächst das Ziel, in weiteren Gesprächen mit dem Bundeskartellamt zu Lösungen zu gelangen, welche für alle 36 Clubs akzeptabel sind." Über jede Lösung, die eine entsprechende Satzungsanpassung erforderlich mache, würde dann aber in einer Mitgliederversammlung noch einmal abgestimmt werden. Erst in einem "nächsten Schritt" werde die DFL dann eine schriftliche Stellungnahme gegenüber der Kartellbehörde abgeben.
Interessant werden könnte der Austausch zwischen DFL und den obersten Wettbewerbshütern allemal. Zumal die DFL die kartellrechtlichen Bedenken der Bonner Behörde nicht teilt:
Man werde gegenüber dem Bundeskartellamt nochmals die geltende Satzung und Handhabung darstellen, "auch um die aus unserer Sicht enthaltenen Unschärfen in der Beurteilung des Bundeskartellamtes in seiner vorläufigen Einschätzung darzulegen".
Hasso Suliak, Interne Info der DFL an die Bundesligaclubs zu 50+1: . In: Legal Tribune Online, 16.07.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45499 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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