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BGH zu Beratungspflichten bei Darlehensverträgen: Banken müssen Zins­ri­siken dar­legen

19.12.2017

Zinsanstieg

© Andrey Popov - stock.adobe.com

Die Koppelung von Krediten an Wechselkurse ist nicht sittenwidrig, entschied auch der BGH. Doch die Bank muss bei derartigen Geschäften deutlich auf die Risiken hinweisen, sonst macht sie sich schadensersatzpflichtig.

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Die Zinsen schossen in astronomische Höhen, die Schulden wuchsen und wuchsen: Kredite, deren Zinsen an den Wechselkurs einer Währung gebunden sind, wurden im Fall einer nordrhein-westfälischen Gemeinde zur Kostenfalle. Auf solche Risiken müssen Banken ihre Kunden ausdrücklich hinweisen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag (Urt. v. 19.12.2017, Az. XI ZR 152/17).

Die Gemeinde wandte sich gegen die aus ihrer Sicht zu hohen Zinsen aus ihrem Darlehensvertrag bei der beklagten Bank. Im Juni 2007 hatte sie bei dem Kreditinstitut zur Ablösung eines noch laufenden Darlehens einen neuen Kredit über etwas mehr als 3 Millionen Euro bei einer Laufzeit von 38 Jahren abgeschlossen. Die Zinsen des Kredits sollten nach der Vereinbarung an den Wechselkurs des Euro zum Schweizer Franken gebunden sein.

In den ersten 20 Jahren sollte der Zinssatz demnach 3,99 Prozent p.a. betragen, wenn der Wechselkurs zum Franken größer oder gleich 1,43 war. Unter dieser Schwelle stieg der Zinssatz an. Die Bank hatte dies der Gemeinde mit einer Präsentation inklusive Tabelle, die für Wechselkurse von 1,39 bis 1,65 den jeweiligen Zinssatz auswies, veranschaulicht. Ab einem Kurs von 1,42 bis zu 1,39 stieg der Zinssatz demnach schrittweise von 4,34 auf 5,43 Prozent.

Fast 20 Prozent Zinsen pro Jahr

In mehreren Beratungsgesprächen vor dem Abschluss des neuen Vertrags hatte die Bank auch weitere Möglichkeiten einer Umschuldung zu etwas höheren, aber dafür festen Zinsen vorgestellt. Gleichwohl bewarb man die Variante des wechselkursbasierten Zinses damit, dass die Schweizerische Nationalbank bei einer Aufwertung des Schweizer Franken eine Nullzinspolitik verfolge und die Schwelle von 1 Euro zu 1,45 Franken deren Interventionspunkt sei. In der Tabelle war zwischen den Kursen von 1,43 und 1,42 ein fettgedruckter Trennstrich mit dem Hinweis "Barriere" eingezeichnet, zum Wechselkurs von 1,44 erfolgte der Hinweis "Niedrigstes historisches Niveau", zum Wechselkurs von 1,45 "Untere Schwelle des Zielkorridors der SNB". Der Wechselkurs von 1,64 war als "Aktuelles Niveau" ausgewiesen.

Die Gemeinde entschloss sich auf der Grundlage dieser Informationen schließlich zum Abschluss eines Kredites mit wechelkursbasierten Zinsen - mit bösen Folgen: Der Schweizer Franken wertete in der nächsten Zeit so stark auf, dass die Zinsen auf zuletzt 18,99 Prozent im Jahr anwuchsen.

Die Gemeindevertreter meinten, der Darlehensvertrag sei aufgrund der außerordentlich hohen Zinsen sittenwidrig. Außerdem sei man über das Wechselkursrisiko nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Mit dieser Argumentation unterlag man zunächst vor dem Landgericht Berlin (Urt. v. 19.02.2015, Az. 37 O 24/14) und dem in der Berufung zuständigen Kammergericht Berlin (Urt. v. 08.02.2017, Az. 26 U 32/15). Der BGH hob die Klageabweisung nun auf und verwies die Sache zurück.

Bank wies nur auf Vorteile hin

Für sittenwidrig hielten zwar auch die Karlsruher Richter den Kreditvertrag nicht. Der Zins habe bei Abschluss des Vertrages sogar unterhalb des marktüblichen gelegen, die Gemeinde habe sich daher zunächst sogar besser gestanden als ohne Umschuldung.

Allerdings sei die Bank ihren Aufklärungspflichten im Hinblick auf das Risiko eines derartigen Zinsanstiegs nicht ausreichend nachgekommen, urteilte der Senat. Ein Kreditinstitut müsse den Kunden "über die spezifischen Nachteile und Risiken und die vertragsspezifischen Besonderheiten der empfohlenen Finanzierungsform" aufklären.

Dies habe die Bank aber in dem Fall nicht getan, so der BGH. Zwar sei die Abhängigkeit von Wechselkurs und Zinshöhe aus dem Vertrag ersehbar gewesen. Das Fehlen einer Obergrenze für die Zinsen sei allerdings in den Beratungsgesprächen nicht ausdrücklich erwähnt worden. Vielmehr habe man die Risiken sogar verharmlost, weil man nur günstige Umstände wie die Politik der Schweizerischen Nationalbank und das Wechselkursniveau der vergangenen Jahre hervorgehoben habe, obwohl der Vertrag eine so lange Laufzeit habe.

Vom Vertrag lösen kann sich die Gemeinde damit aber nicht. Der BGH betonte, dass kein Rücktritt, sondern nur ein Schadenersatz für die entstandenen Mehrkosten in Betracht komme. Zu denen müssen nun vom Berufungsgericht weitere Feststellungen getroffen werden.

mam/LTO-Redaktion

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BGH zu Beratungspflichten bei Darlehensverträgen: . In: Legal Tribune Online, 19.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26095 (abgerufen am: 25.05.2025 )

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