Anwälte dürfen die Gebührensätze nach dem RVG für gewöhnlich nicht unterschreiten. Eine kostenlose Erstberatung dürfen sie ihren Mandanten aber anbieten, entschied nun der BGH.
Ein Rechtsanwalt, der seinen Mandanten eine kostenlose Erstberatung anbietet, verstößt damit nicht gegen die Grundsätze anwaltlichen Gebührenrechts. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (v. 20.07.2017, Az. AnwZ (Brfg) 42/16).
Ihren Mandanten günstige Angebote zu machen, ist für Anwälte gar nicht so einfach. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) gibt Gebühren vor, die grundsätzlich nicht unterschritten werden dürfen.
Eine Sozietät schaltete eine Zeitungsanzeige, in der mit einer kostenlosen Erstberatung nach Verkehrsunfällen geworben wurde. Die Rechtsanwaltskammer erteilte den Anwälten daraufhin eine belehrende Ermahnung wegen der Verletzung der Grundsätze anwaltlichen Gebührenrechts.
BGH: Keine Gebühr, die unterschritten werden könnte
Die Rechtsanwaltskammer stützte ihre Ermahnung auf § 4 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 RVG. Danach kann in außergerichtlichen Angelegenheiten zwar eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden. Die Vergütung muss aber in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen. Ein vollständiger Verzicht auf Gebühren für anwaltliche Leistungen sei daher niemals angemessen und deshalb unzulässig.
Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 RVG sei aber auf Gebührenvereinbarungen nach § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG überhaupt nicht anwendbar, entschied der BGH dagegen. Zwar sollten Rechtsanwälte bei der Beratung in außergerichtlichen Angelegenheiten auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken, wenn keine Gebühren bestimmt sind, befanden auch die Richter.
Wenn aber keine Vereinbarung getroffen wird, erhielten Rechtsanwälte Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, also in der Regel nach § 612 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch. Da das RVG keine bestimmte Gebühr für die Erstberatung vorsehe, gebe es somit auch keine Mindestgebühr, die unter Verstoß des anwaltlichen Gebührenrechts unterschritten werden könne. Eine kostenlose Erstberatung sei daher zulässig, so der Gerichtshof.
acr/LTO-Redaktion
BGH zu Anwaltsvergütung: . In: Legal Tribune Online, 03.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23765 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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